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"Ich werde die Strafe nicht bezahlen"

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Unbeugsamer Finanzrebell Staudinger bei Diskussion über Crowdfunding.


Wien. Man nehme: Jungunternehmer mit einer guten Idee, aber ohne Geld, 100 interessierte Kleinanleger, die zwischen 100 Euro und 3000 Euro lockermachen, und eine Internet-Plattform: Fertig ist das Crowdfunding-Projekt. 70.000 Euro haben Theresia Steininger und Christian Prantal für den Prototypen eines "Wohnwagons", eine Art mobiler Zweitwohnsitz, über die Crowdfunding-Plattform Conda eingesammelt. Wobei es sich in ihrem Fall streng genommen um "Crowdinvesting" handelt, betonte Steininger bei einer Veranstaltung, zu der das Wirtschaftsministerium am Donnerstagabend in die EU-Vertretung in Wien lud.

Die "Wohnwagon"-Investoren zeichnen Substanzgenussscheine und sind damit am Erfolg und Unternehmenswert beteiligt. Im schlimmsten Fall können sie ihr Geld auch verlieren - dessen seien sie sich aber bewusst. Steininger: "Man darf die Eigenverantwortung der Investoren nicht unterschätzen." Investitionen bedeuten Risiko, unterstrich Oliver Gajda, Mitbegründer des European Crowdfunding Network (ECN). Geld könne man schließlich auch beim Lottospielen verlieren.

"Bei mir hat keiner einen Groschen verloren", warf sich der Waldviertler Unternehmer Heini Staudinger, der auf seine eigene Art Crowdfunding betreibt, in die Brust. Dass der "Finanzrebell" und Behördenschreck viele Fans hat, ist an den Reaktionen im Publikum spürbar, als Binnenmarktkommissar Michel Barnier, prominenter Ehrengast des Abends, offenbarte: "Herr Staudinger, die ganze EU kennt Sie."

"Heit’ is’ a großer Tag", freute sich der gebürtige Oberösterreicher über Barniers Ankündigung, Anfang März einen Aktionsplan zum Thema Crowdfunding vorzustellen. Tags zuvor hatte Staudinger bekanntgegeben, sich dem Gesetz zu beugen. Er wird seine privaten Geldgeber ersuchen, eine Nachrangerklärung zu unterfertigen, womit sie im Fall einer Insolvenz der Heinrich Staudinger GmbH als Letzte ihr Geld bekommen oder sogar komplett leer ausgehen.

Seine Darlehensgeber hätten zwar bereits vorher unterschrieben, dass sie keinen Anspruch auf staatliche Einlagensicherung hätten und als freie Bürger entscheiden, wem sie ihr Geld borgen, aber er wolle sich nicht länger mit "Wortklaubereien" abgeben. Staudinger: "Damit werden wir die echten Probleme unserer Gesellschaft nicht lösen."

Nach wie vor sieht er nicht ein, dass er mit seinem Finanzierungsmodell "Sparverein", den er mittlerweile auf "Apfelbäumchen" umgetauft hat, etwas Unrechtes getan hat. Deshalb werde er auch die Strafe - die Finanzmarktaufsicht hat ihm 2000 Euro Pönale aufgebrummt - nicht bezahlen. Dazu bemerkte FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller: "Gesetze gelten für jeden Bürger." Grundsätzlich sei die FMA alternativen Finanzierungsmodellen gegenüber positiv eingestellt. 2013 habe die FMA 80 Anfragen diesbezüglich erhalten, für 60 von ihnen wurden problemlos rechtskonforme Lösungen gefunden.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner bekannte, hinter der Philosophie von Crowdfunding zu stehen. Er sprach sich für einfachere Regulierungen aus, verwies aber gleichzeitig auf den Schutz der Anleger. "Unser Ziel ist es, Crowdfunding als sinnvolle Ergänzung zur Kreditfinanzierung zu etablieren", so der Minister.

"Crowdfundig klingt hip, braucht aber Regeln", meint Gabriele Zgubic von der Abteilung Konsumentenschutz in der Arbeiterkammer (AK) Wien. Sie forderte in einer Aussendung unter anderem, dass der im Bankwesengesetz festgehaltene Begriff des Einlagengeschäfts nicht verwässert werden soll. Hier fordert die Junge Wirtschaft schon seit längerem eine Änderung.