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"Mexiko ist attraktiver Standort"

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Gaspreise werden in Amerika noch weiter fallen.


Wien. Die Voestalpine bleibt beim Ziel, den Umsatz bis 2020 auf 20 Milliarden Euro annähernd zu verdoppeln. So weit die gute Nachricht. Das Wachstum des Linzer Konzerns wird sich aber nicht mehr in Europa abspielen, sondern in Asien und Nordamerika. "In Asien wollen wir den Umsatz auf zwei Milliarden Euro erhöhen, in Nordamerika auf drei Milliarden. Das ist jeweils eine Verdreifachung des jetzigen Volumens", sagte Voest-Chef Wolfgang Eder bei einem Hintergrundgespräch. In Asien, vor allem China, will die Voest 15 neue Werke bauen. In Nordamerika sind "wenigstens zehn neue Werke, vor allem im automotiven Bereich, geplant."

Damit soll - so Eder - das Ziel, Technologie- und Ergebnisführerschaft am Markt zu erhalten, geschafft werden. "Wir verhandeln derzeit ein großes Joint-Venture in China, dabei geht es um Weichenproduktion." Vor allem für den Schienen-Güterverkehr, also bei besonders schweren Zügen, benötigt China dringend eine Modernisierung.

Voest verdient gut - im Gegensatz zur Branche

"Wir sind längst kein Stahlkonzern mehr, wir sind ein Technologie- und Industriegüterkonzern", sagte Eder. So verarbeitet die Voest mittlerweile in rauen Mengen auch Aluminium und Titan. "Und wir arbeiten an Hybrid-Werkstoffen, das ist die Kombination mehrerer Werkstoffe. Das dauert aber noch etwa fünf Jahre."

In Europa ist die Voestalpine mittlerweile Nummer drei am Markt, nach Arcelor-Mittal und Thyssen. Im Gegensatz zu diesen schreibt die Voest aber solide schwarze Zahlen, das Betriebsergebnis liegt bei etwa 1,5 Milliarden Euro. Als möglicher Käufer von weniger erfolgreichen Konkurrenten sieht sich Eder nicht. "Es gibt mittlerweile Schätzungen der OECD, wonach die Stahl-Überproduktion in Europa bis zu 70 Millionen Tonnen ausmachen könnte. Wir werden da kein Geld investieren."

"Mexiko dagegen sehe ich als sehr attraktiven Standort." Eder glaubt, dass die politischen Turbulenzen dort geklärt werden, weil die USA ein enormes Interesse haben, das Land stabil zu halten.

In diesem Zusammenhang ist auch die 550-Millionen-Euro-Investition im Süden der USA, in Texas, zu sehen. Die Anlage soll wie geplant im Dezember 2015 in Betrieb gehen und wird hochwertiges Eisen herstellen.

Im Herbst des Vorjahres hatte Eder diesen Investitionsschritt als "wirtschaftspolitischen Aufschrei" bezeichnet, nun will er sich zur Politik in Österreich nicht mehr äußern.

Jedenfalls liegt der Erdgaspreis in den USA bereits deutlich unter dem europäischen Niveau. Und Eder rechnet mit einer weiteren Verbilligung. "Der Gaspreis kommt unter Druck, weil die USA stark bei erneuerbaren Energien aufholen, und die sind noch billiger als Schiefergas." Eine erstaunliche Entwicklung, denn in Europa sorgen erneuerbare Energien für steigende Preise.

"Die Emissionsvorschriften in den USA sind strenger, nur nicht bei CO2, da gibt es einen deutlichen Unterschied zu Europa", sagte Eder.

Einen kleinen Seitenhieb in Richtung Politik konnte er sich nicht verkneifen. "Wir haben in Österreich Umwelterhaltungskosten in Höhe von 240 Millionen Euro, die andere nicht haben." Auch den Emissionshandel mit Zertifikaten sieht der Voest-Chef skeptisch. "Wir zahlen derzeit jährlich zwischen acht und 15 Millionen Euro für Zertifikate, die wir nicht bekommen haben."

In den USA, aber auch Mexiko, werden europäische Unternehmen derzeit stark hofiert, um die Re-Industrialisierung der Region voranzubringen. Auch die EU plant Derartiges, allerdings laufen die Bemühungen ziemlich unkoordiniert. Die Voestalpine setzt also in den Stammwerken auf ihre Stärken, "das sind unsere Mitarbeiter". Im Stahlbereich etwa haben Forschungsbemühungen dazu geführt, dass die Voest besonders gehärteten Stahl für den Pipelinebau (in der Tiefsee) entwickelte. Erst jüngst kam es zu einem Großauftrag für die russische Gas-Pipeline South Stream.

Und mit einem großen deutschen Automobil-Konzern wird derzeit an einem Projekt gearbeitet, den gesamten Vorderwagen fix und fertig anzuliefern.

Es sind derartige Entwicklungen, die aus der Voestalpine das bestverdienende Stahlunternehmen Europas machen. Branchenprimus Thyssen-Krupp ringt nach einer 12-Milliarden-Euro-Pleite in den USA und Brasilien ums Überleben, Arcelor-Mittal plant Werksschließungen.

Mitarbeiterstiftung

bald größter Aktionär

Die Voest verfügt mittlerweile über 500 Konzerngesellschaften in 50 Ländern. Größter Einzelaktionär ist immer noch die Gruppe um die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich mit 14,9 Prozent. die Mitarbeiterstiftung ist ihr mit 14,5 Prozent allerdings bereits dicht auf den Fersen. Die Oberbank hält acht Prozent, der norwegische Staatsfonds etwa vier Prozent. Da sich Raiffeisen tendziell zurückzieht, wird die Mitarbeiterstiftung wohl in Kürze der größte Einzelaktionär des börsenotierten Konzerns werden.