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Grüne Erde sucht Anleger

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Der Öko-Betrieb aus Oberösterreich macht den Hauptumsatz mit Möbeln und hat kräftig in eine eigene Modelinie investiert.
© Grüne Erde

Mittelbetriebe beklagen, dass Banken die Realwirtschaft zu wenig unterstützen.


Wien. "Wir wollen Herr im eigenen Haus bleiben. Wir wollen die in 30 Jahren mühsam aufgebaute Marke ‚Grüne Erde‘ nicht verpfänden", schreibt das oberösterreichische Öko-Unternehmen in einer 16-seitigen Broschüre, die kürzlich an Kunden verschickt wurde. Darin sucht Grüne Erde Geldgeber, die in ein Darlehen mit fünf Prozent Verzinsung investieren. "Die Banken schränken Kreditlinien an österreichische Mittelständler ein. Wir wollen unsere Basisfinanzierung unabhängig von Bankkrediten aufstellen", sagt Reinhard Kepplinger, seit 1993 Eigentümer und Geschäftsführer von Grüne Erde.

Ähnlich wie Schuhrebell Heini Staudinger setzt der Betrieb mit Sitz in Scharnstein auf Crowdfunding. Vor einigen Jahren wurde kräftig in eine eigene Öko-Modekollektion investiert, die mittlerweile für 16 Prozent des Umsatzes von zuletzt rund 35 Millionen Euro sorgt. Allerdings schrieb der Betrieb deshalb zwei Mal einen Jahresverlust nach Steuern - 350.000 Euro 2010/11 und 290.000 Euro 2011/12. Anfangsverluste waren laut Kepplinger geplant, aber "die Banken haben vor zwei Jahren ihre Finanzierungszusagen widerrufen".

Real vorhandene Werte, vor allem Rohstoffe, Halb- und Fertigwaren, werden von den meisten Banken als Besicherung für Kredite nicht akzeptiert, schreibt Grüne Erde: "Man legt uns sogar die Verpfändung der wertvollen Marke ‚Grüne Erde‘ nahe, will Verfügungsgewalt über die Adressen unserer Kunden oder empfiehlt den Verkauf von Unternehmensanteilen an internationale Investmentfonds."

Grüne Erde will keinen Streit mit Finanzmarktaufsicht

Bis Ende Juli 2014 können Kunden mindestens 2000, höchstens 50.000 Euro, in ein qualifiziert nachrangiges Darlehen für die Dachorganisation Grüne Erde Beteiligungs GmbH investieren. In den ersten zwei Tranchen 2013, bei denen Darlehensgeber gesucht wurden, investierten 500 Kunden. Die Bankverbindlichkeiten sind seit 2010/11 von 11,4 auf rund 6 Millionen Euro gesunken.

Mit der Variante der nachrangigen Darlehen will Grüne Erde einen Streit mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) wie im Fall von GEA-"Waldviertler" Schuh- und Möbelhersteller Heini Staudinger vermeiden. "Nachrangige Darlehen sind kein Bankgeschäft", bestätigt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Das Darlehen läuft mindestens fünf Jahre und wird unter anderem in Einkauf, Warenvorräte, Maschinen und Internetauftritt investiert. Im Falle einer Insolvenz werden nachrangige Darlehen erst nach Bankkrediten und kurzfristigen Verbindlichkeiten, etwa gegenüber Lieferanten, zurückgezahlt. Eine Insolvenz schließt Kepplinger "praktisch aus". In 30 Jahren hat das Unternehmen drei Mal Verlust geschrieben.

Einen Investmentfonds hereinzuholen, kam für Kepplinger und Mit-Eigentümer und -Geschäftsführer Kuno Haas nicht in Frage: "Für Investmentfonds zählt nur der Profit, da steckt kein langfristiges Denken dahinter. So etwas machen wir nicht mit", sagt Kepplinger, dessen Betrieb mit 370 Mitarbeitern den Großteil des Umsatzes mit Möbeln macht. Die Produkte werden über den eigenen Katalog und Internetshop sowie über 14 Grüne-Erde-Geschäfte in Österreich und Deutschland verkauft, im Möbelhandel ist die Marke nicht präsent.

Team-7-Chef: Möbelhersteller durch Rabatte unter Druck

Ebenfalls als nachhaltige Möbelmarke aus Oberösterreich bekannt ist Team 7, der Hersteller aus Ried im Innkreis mit 650 Mitarbeitern fertigt maßgeschneiderte Naturholzmöbel. Finanzierungsprobleme hat Alleineigentümer und Geschäftsführer Georg Emprechtinger hingegen keine: "Team 7 ist zur Gänze eigenkapitalfinanziert und kann die Investitionen von drei bis vier Millionen Euro jährlich aus dem Cashflow abdecken." Er sieht die aktuelle Finanzierungssituation für Betriebe kritisch: "Unternehmen, die ein ehrliches, realwirtschaftliches Geschäft machen, bekommen kein Geld - oder die Banken ziehen ihnen die Daumenschrauben an." Team 7 hingegen würden Banken Kredite von sich aus anbieten, obwohl kein Bedarf bestehe.

Unter Druck setzt die Hersteller, dass die Produktion in der österreichischen Möbelindustrie im Vorjahr stagnierte. "Wir bräuchten Wachstum, um Arbeitsplätze erhalten und die Inflation abgelten zu können", sagt Emprechtinger, der gleichzeitig Vorsitzender der österreichischen Möbelindustrie ist. Heimische Möbelhersteller stünden in Konkurrenz mit Erzeugern aus Billiglohnländern, dazu komme die Marktmacht der großen Händler wie XXXLutz und Kika/Leiner. "Produkte werden verramscht und verlieren an Wert. Qualität kommt unter die Räder, wenn nur mehr der Preis zählt", kritisiert Emprechtinger. Deshalb investiert Team 7 weiterhin in neue eigene Geschäfte: Zusätzlich zu den acht bestehenden Standorten in Österreich und Deutschland sind heuer Neueröffnungen in der Hamburger Innenstadt und in Berlin geplant.