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Österreich: Ein Paradies für Selbständige?

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Absichern ist nicht nur bei gefährlichen Sportarten überlebensnotwendig.
© fotolia/Greg Epperson

Kritik an Studie zu sozialer Absicherung Selbständiger.


Wien. Österreich ist im internationalen Vergleich ein Paradies für Selbständige, was die Absicherung von Risiken wie Krankheit, Invalidität, Arbeitslosigkeit oder Einkommensverlust betrifft. Das hat eine Studie des Zentrums für Sozialpolitik der Universität Bremen im Auftrag von Wirtschaftskammer und Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) ergeben.

"Selbständige sind nirgends so gut sozial abgesichert wie in Österreich." Zu diesem Schluss kommt Studienautor Stefan Traub, der Österreich mit 17 anderen OECD-Staaten verglichen hat. 88 von 100 möglichen Punkten lautet das Resultat in Zahlen ausgedrückt. In der Spitzengruppe befinden sich auch noch Spanien, Finnland, Schweden und Estland, am schlechtesten ist es mit der sozialen Absicherung Selbständiger im Vereinigten Königreich und in den Niederlanden bestellt.

Krankengeld, Wochengeld, Überbrückungshilfe

Vor allem mit der Möglichkeit, Arbeitslosenansprüche aus vorheriger unselbständiger Tätigkeit mitzunehmen, konnte Österreich punkten. "Das ist einzigartig", betont Traub. Aber noch längst nicht alles: Selbständige bekommen hierzulande Krankengeld und Wochengeld. Wer als Selbständige(r) wenig verdient und unverschuldet in eine wirtschaftliche Notlage gerät, kann seit heuer eine Überbrückungshilfe in Form eines Zuschusses zu den Kranken- und Pensionsversicherungsbeiträgen beantragen. Ebenfalls seit heuer neu ist die Möglichkeit eines zinsfreien Aufschubs der Versicherungsnachzahlung für die ersten drei Jahre, der vor allem Selbständigen nach den ersten Gründerjahren zu Gute kommt.

Auf diese und weitere Errungenschaften der vergangenen Jahre sind SVA und Wirtschaftskammer sehr stolz, wurde damit doch das Sicherheitsnetz für Selbständige immer dichter geknüpft, heißt es. Die Facebook-Initiative "Amici delle SVA", die der Selbständigenversicherung bekanntlich alles andere als freundlich gesinnt ist, relativiert: So betrage etwa das Krankengeld 28,40 Euro pro Tag. Der Anspruch darauf entstehe erst ab dem 43. Tag der Krankheit, und das Geld gebe es höchstens 20 Wochen lang.

"Einen Selbständigen ohne finanzielle Rücklagen treibt eine lange Krankheit in den Ruin", beklagen die "Amici", die sich als überparteiliche Bürgerinitiative verstehen, in einer Aussendung.

"Schönfärberei und Beruhigungspille"

Sie monieren weiters, dass die Überbrückungshilfe in Notlagen höchstens 882 Euro ausmache. Auch die freiwillige Arbeitslosenversicherung habe so ihre Tücken. Denn wer sich einmal für eine Beitragsstufe - monatlich zwischen 80 und 238 Euro - entschieden habe, dürfe sie nicht mehr wechseln, auch wenn sich die Einkommenssituation ändert. Lob gibt es lediglich für das Wochengeld für selbständige Mütter: Es beträgt 51 Euro pro Tag für 16 Wochen rund um die Geburt.

Zu den wichtigsten Forderungen der Initiative, die mittlerweile 7400 Facebook-Freunde hat, zählen eine "tatsächlich einkommensorientierte Beitragsentrichtung", da viele Selbständige durch hohe Sozialversicherungsabgaben regelmäßig unter die Armutsgrenze rutschten, und eine transparente Abrechnung der Beiträge.

Kritik an der Studie kommt von der Grünen Wirtschaft. Für deren Bundessprecher Volker Plass ist das Ergebnis "Schönfärberei und Beruhigungspille", die finanziellen Probleme vieler Kleinstunternehmer würden dabei außer Acht bleiben. Die Arbeitslosenversicherung etwa könnten sich nur einige hundert Selbständige leisten.