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Teilzeit am laufenden Band

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Ungleiche Entlohnung: Eine Supermarkt-Kassierin in Salzburg und Vorarlberg verdient mehr als ihre Kollegen in anderen Bundesländern. Ab März verhandeln die Sozialpartner über ein neues Gehaltsschema für mehr als 500.000 Handelsangestellte.
© Noel Hendrickson/Blend Images/Corbis

Im Einzelhandel werden fast nur noch Teilzeitarbeitsplätze geschaffen.


Wien. Der Handel hat weiterhin am Image einer Niedriglohnbranche zu knabbern. Zwar gilt ab 2015 ein Brutto-Mindestgehalt von 1500 Euro für Vollzeit-Angestellte, durch den hohen Teilzeit-Anteil kommen viele Mitarbeiter aber nicht an diese Summe heran. 34 Prozent der Arbeitnehmer im Handel (inklusive Groß- und Kfz-Handel) sind in Teilzeit beschäftigt, im Einzelhandel sogar 47 Prozent, heißt es in einer Studie von Wifo und Ifes im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) Wien. Neun von zehn Teilzeitbeschäftigten sind weiblich. "Der Handel ist eine Frauen- und Teilzeitbranche, aber die Situation für diese Gruppen ist besonders schwierig", sagte AK-Präsident Rudolf Kaske am Mittwoch vor Journalisten. Die Arbeitszeiten, die oft bis in die Abendstunden hineinreichen, zeichneten sich nicht gerade durch Familienfreundlichkeit aus.

Seit 2008 hat die Zahl der Beschäftigten im Handel um 14.000 auf 525.000 Arbeitnehmer im Jahr 2012 zugelegt. Der Anstieg sei laut Studie fast ausschließlich auf den Einzelhandel und hier auf Teilzeitbeschäftigte zurückzuführen, deren Zahl in diesem Zeitraum um 12.000 Personen gestiegen ist.

Unfreiwillig in Teilzeit

"Frauen und ausländische Arbeitskräfte im Handel arbeiten öfter unfreiwillig Teilzeit", heißt es von den Studienautoren. 13 Prozent aller unselbständig Beschäftigten im Handel wünschen sich eine Vollzeitbeschäftigung, unter Migranten in Teilzeit sind es sogar 21 Prozent.

Es brauche mehr Vollzeitarbeitsplätze in der Branche, so Kaske: "Vollzeitstellen gibt es fast nur mehr für Filial- und Rayonleiter." Dem entgegnet René Tritscher, Geschäftsführer der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer: "Der Wunsch nach einer Teilzeitstelle kommt oft von den Arbeitnehmern selbst. Mehr Mitarbeiter bedeutet für den Arbeitgeber auch mehr Aufwand." Dass nur Führungskräfte in Vollzeit arbeiten würden, kann Tritscher nicht bestätigen.

Zuschläge noch zeitgemäß?

Im Einzelhandel arbeiten 30 Prozent der Beschäftigten laut Studie bei großen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern. Neben Diskonter Hofer zahlt Lidl seinen Mitarbeitern freiwillig mehr. Damit soll das Image des Handels als Arbeitgeber aufgewertet werden, wie Lidl mitteilte. Seit Jahresbeginn erhalten Mitarbeiter in Österreich mindestens zehn Euro brutto pro Stunde. Das Brutto-Mindestgehalt beträgt 1670 Euro, da Salzburg und Vorarlberg in ein anderes Gehaltsgebiet fallen, zahlt das Handelsunternehmen dort mindestens 1837 Euro. Wer mehr verdient, bekommt fünf Prozent mehr als im Kollektivvertrag vorgesehen.

Einig sind sich Gewerkschaft und Wirtschaftskammer, dass das Gehaltsschema und die Einstufung für Handelsangestellte überarbeitet werden müssen. Die Verhandlungen beginnen Anfang März. Derzeit hängt das Gehalt vom Bundesland ab, für unterschiedliche Branchen gibt es eigene Gehaltstafeln. Eine Angestellte in einem Supermarkt verdient also derzeit mit den gleichen Voraussetzungen in Salzburg mehr als beispielsweise in Kärnten. Außerdem sollen die Beschäftigungsgruppen klarer abgegrenzt werden, lautet der Wunsch der Sozialpartner.

Künftig soll eine einheitliche Gehaltstafel für alle Bundesländer gelten, sagt AK-Vizepräsidentin Dwora Stein, Bundesgeschäftsführerin der Gewerkschaft GPA-djp. Außerdem setzt sich die Gewerkschaft unter anderem für höhere Einstiegsgehälter und die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche ein.

"Die unterschiedliche Gehaltstabellen der Bundesländer sind zu hinterfragen", sagt Tritscher. Die Arbeitgeber wollen außerdem über die Zuschlagsregelung verhandeln, weil "Arbeit am Abend derzeit höher bewertet werde als am Vormittag". Im Moment erhalten Handelsangestellte abends ab 18.30 Uhr und samstags ab 13 Uhr Zuschläge. Die Gewerkschaft hat sich bisher allerdings gegen eine Änderung ausgesprochen: "An den bestehenden Zuschlägen für besondere Arbeitszeiten darf nicht gerüttelt werden", sagt der Vorsitzende des Bereichs Handel in der GPA-djp, Franz Georg Brantner.