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Sonderzahlungen gibt es auch bei Entlassung

Von Judith Morgenstern

Wirtschaft

Ein aliquoter Anspruch auf Sonderzahlungen besteht auch bei berechtigter Entlassung oder vorzeitigem Austritt, entschied der Oberste Gerichtshof.


Die Gewährung von Sonderzahlungen (das 13. und 14. Monatsgehalt) ist in Österreich so verbreitet, dass viele Dienstnehmer von einem gesetzlichen Anspruch auf Sonderzahlungen ausgehen. Tatsächlich ergibt sich (mit einzelnen Ausnahmen wie beispielsweise im Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz) der Sonderzahlungsanspruch ausschließlich aus dem jeweils anwendbaren Kollektivvertrag (KV) oder aus dem Dienstvertrag.

Wenn aber ein Angestellten-Kollektivvertrag einen Sonderzahlungsanspruch vorsieht, so muss dieser, wie der OGH jüngst entschieden hat (26.11.2013 zu 9 ObA 82/13v), aliquot auch dann gewährt werden, wenn das Dienstverhältnis durch berechtigte Entlassung oder unberechtigten vorzeitigen Austritt endet. Dies selbst dann, wenn der Kollektivvertrag für diese Beendigungsarten den Entfall der Sonderzahlungen vorsieht.

Grund dafür ist § 16 Abs 1 AngG, der im Angestelltenrecht eine zwingende gesetzliche Aliquotierungspflicht für sämtliche periodischen Remunerationen des Dienstgebers vorsieht. Diese Aliquotierungspflicht besteht besonders auch bei Prämien- und Bonifikationsansprüchen, wenn der Dienstnehmer zum vereinbarten Stichtag oder Fälligkeitstermin nicht mehr beim Dienstgeber beschäftigt ist. Der OGH begründet seine Entscheidung damit, dass auch kollektivvertragliche Sonderzahlungsansprüche zum laufenden Entgelt gehören und daher Tag für Tag die geleistete Arbeit aliquot abgelten. Eine KV-Bestimmung, die diesen bereits erworbenen Sonderzahlungsanspruch im Falle einer bestimmten Auflösungsart wieder "wegnimmt", widerspricht nach Ansicht des OGH der im Stufenbau übergeordneten zwingenden Bestimmung des § 16 Abs 1 AngG.

Unklar sind die Ausführungen des OGH, dass der hier anwendbare Kollektivvertrag den Anspruch auf Sonderzahlungen "zunächst ohne Einschränkungen und ohne Bedingungen" vorsehe. Ob daher Kollektivvertragsregelungen zulässig wären, die den Sonderzahlungsanspruch unter der ausdrücklichen Bedingung gewähren, dass der Dienstnehmer nicht berechtigt entlassen wird oder unberechtigt austritt, ist offen. Die gegenständliche Entscheidung hat auch für die vertragliche Gestaltung von Prämien- oder Bonifikationsansprüchen eine große praktische Relevanz. Im Anwendungsbereich des Angestelltengesetzes, somit auch bei GmbH-Geschäftsführerverträgen, sind Dienstvertragsklauseln, die für den Fall der berechtigten Entlassung oder des unberechtigten Austritts den Wegfall des bereits erworbenen Prämien- oder Bonifikationsanspruches vorsehen, ebenfalls unwirksam. Werden diese allerdings unter der ausdrücklich normierten Voraussetzung gewährt, dass das Dienstverhältnis im Prämienjahr nicht durch berechtigte Entlassung oder unberechtigten Austritt endet, sind derartige Klauseln meines Erachtens weiterhin zulässig. Es bleibt dazu allerdings die weitere Rechtsprechung abzuwarten.

Judith Morgenstern ist

Expertin für Arbeitsrecht in der Kanzlei MOSATI Rechtsanwälte,
www.mosati.at.