Wien. Der Panzerbauer Steyr schließt nach knapp hundert Jahren seine Produktion in Wien-Simmering. Damit verlieren von derzeit 310 Mitarbeitern in den nächsten Monaten 160 bis 210 ihren Job. Die Wartung der Panzer mit rund 100 Mitarbeitern soll bleiben. Laut Betriebsrat sind "im ersten Schritt" bereits 120 Mitarbeiter beim Frühwarnsystem des Arbeitsmarktservice (AMS) zur Kündigung angemeldet worden.

Bereits im Jahr 1916 wurden auf dem Wiener Werksgelände Busse und Militär-Lkw gebaut. Bekanntheit erreichte das Unternehmen durch die Entwicklung des Austro-Daimlers - des ersten Radpanzers der Welt - und der aktuellen Panzerfahrzeuge Ulan und Pandur. Im Oktober 2003 kaufte der US-Waffenkonzern General Dynamics die Steyr-Daimler-Puch Spezialfahrzeug GmbH. Die General Dynamic-Sparte European Land Systems fertigt neben Wien auch in Deutschland, Spanien und der Schweiz und beschäftigt insgesamt mehr als 2400 Mitarbeiter.

Zweite Kündigungswelle im Laufe des Jahres

Die zweite Kündigungswelle am Standort Wien-Simmering soll laut Belegschaftsvertretern im Laufe des Jahres 2014 erfolgen. Ein Sozialplan wurde zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat in den vergangenen Monaten ausverhandelt, vorgesehen sind unter anderem Frühpensionierungen und die Nicht-Verlängerung von befristeten Jobs. In in den letzten Wochen seien bereits der Großteil der rund 80 Leiharbeiter abgebaut worden, sagte Betriebsrat Manfred Bauer zur APA. Er gehe davon aus, dass die Kündigungen im April erfolgen werden.

Der Betriebsrat macht sich weiterhin Sorgen um den Standort Wien. Laut Unternehmensangaben soll zwar die Wartung der Panzer am Standort in Simmering bleiben. Die Belegschaftsvertreter weisen allerdings daraufhin, dass für die rund 100 Mitarbeiter, die ihren Job behalten sollen, noch kein Konzept vorliegt. Bauer: "Aus meiner Sicht ist der Standort nicht gesichert, auch wenn betont wird, dass die Systemfähigkeit erhalten bleibt." Die Mitarbeiter wurden am Dienstagnachmittag über den Stellenabbau informiert.

Nach Abschluss des Restrukturierungsprozesses soll laut Unternehmensangaben der Standort Wien anstatt der Panzerproduktion nur mehr Wartung, Reparatur und Serviceleistungen für SK-105, Ulan-und Pandur-Fahrzeuge anbieten. Außerdem sollen in Wien weiter Prototypen entwickelt und gebaut werden.

In der Aussendung betont das Unternehmen, "die hohe strategische Bedeutung und Rolle des Standorts Wien innerhalb der europäischen Konzerngruppe sowie gegenüber dem österreichischen Bundesheer und anderer Kunden in Zentral- und Osteuropa".

Betriebsrat: Standort heruntergewirtschaftet

Der Rüstungskonzern begründet die Kündigungen mit dem Ausbruch der Finanzkrise - die Staaten hätten die Militärausgaben gekürzt. Für den Betriebsrat ist das aber nur die halbe Wahrheit: Wien hätte seine Panzer Pandur und Ulan in den letzten Jahren de facto nicht mehr anbieten dürfen. Die GD-Sparte European Land Systems habe andere Fahrzeuge forciert, so der Vorwurf. Bei der Steyr-Schwestergesellschaft Mowag baut General Dynamics den Piranha, einen dem Pandur ähnlichen Radpanzer.

"Steyr schreibt seit 2006 rote Zahlen und es ist nichts unternommen worden", kritisiert Bauer. Der Standort sei heruntergewirtschaftet worden, die Chefetage alle zwei Jahre ausgetauscht. Für den Betriebsrat ist es kein Wunder, dass man jetzt vor dieser Situation stehe.

Der Stellenabbau hat sich bereits 2013 abgezeichnet. Ein Sozialplan wurde im Dezember unterschrieben. Demnächst läuft für das Werk in Wien-Simmering ein großer Serienauftrag aus Kuwait für den Radpanzer Pandur aus. Danach fehlt es an größeren Folgeaufträgen.