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"Sammlung darf nicht zerschlagen werden"

Von Christoph Irrgeher

Wirtschaft

Wien/Klosterneuburg. Wie viel ist die Sammlung Essl wert? Kolportiert wird ein Buchwert von 86 Millionen Euro; auf dem Markt könnten die Werke heute aber 260 Millionen einbringen, heißt es. Otto Hans Ressler, vormals Geschäftsführer der Kunstauktionen im Kinsky, hat sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Zahlen will er aber nicht nennen. Er hat die Werke im Auftrag des Ehepaars Essl geschätzt und verschiedene Szenarien analysiert. Sein Fazit: Sollte der Staat kaufen, wäre dies dem Wert der Sammlung am angemessensten.

Die Alternative - der Gang in die Auktionshäuser - hätte verheerende Folgen: Ressler schätzt, dass Dorotheum und Kinsky jährlich 800 bis 900 zeitgenössische Werke feilbieten. Bekämen die Häuser auf einen Schlag 7000 Werke, wäre ein Preissturz die Folge. "Es wäre der massivste Angriff auf den österreichischen Kunstmarkt der Geschichte." Auch aus einem anderen Grund rät Ressler ab: "Die wichtigste Sammlung österreichischer Gegenwartskunst darf nicht zerschlagen werden." Sollte der Staat kaufen, könne er dabei nur gewinnen - denn die Kunstpreise steigen stetig. Beispiel: 1994 hatte die Republik die Sammlung von Rudolf Leopold erworben, damals für 2,2 Milliarden Schilling. "So viel ist heute allein ein Bild der Sammlung wert: Gustav Klimts ‚Leben und Tod‘." Im aktuellen Fall müsste der Staat auch nicht erst ein Heim für die Bilder bauen: Das Essl Museum (das Karlheinz Essl im Familienbesitz behalten will) gibt es seit 1999. Wobei: Lehrt der Fall Leopold nicht auch, dass Kauf- und Schätzpreis (damals mehr als sechs Milliarden Schilling) zwei Paar Schuhe sind? Ressler zur aktuellen Causa: "Dass der Kaufpreis um einiges tiefer liegen wird, davon ist auszugehen." Kulturminister Josef Ostermayer lädt nun zu einem runden Tisch, um Bilder und Arbeitsplätze zu retten.