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Countdown für Slims Telekom-Coup

Von Karl Leban

Wirtschaft

Übernahmeangebot des mexikanischen Tycoons läuft - Offert an Streubesitzaktionäre bis zu 1,4 Milliarden Euro schwer.


Wien. Der Countdown zur Übernahme der Telekom Austria läuft: Seit Donnerstag greift der Milliardär Carlos Slim über seinen mexikanischen Mobilfunkriesen América Móvil nach der Mehrheit an dem börsenotierten Konzern. Die Übernahmekommission hat sein Angebot an die Telekom-Streubesitzaktionäre, die insgesamt 44,8 Prozent der Anteile halten, freigegeben. Geboten werden 7,15 Euro je Aktie. Rein rechnerisch taxiert dieser Preis somit alle Aktien des Streubesitzes (fast 198 Millionen Stück) auf mehr als 1,4 Milliarden Euro. Die Frist für die Annahme des Angebots läuft bis 10. Juli, im Anschluss gibt es dann noch eine dreimonatige Nachfrist.

Derzeit ist América Móvil mit 26,8 Prozent zweitgrößter Aktionär der Telekom, nach der staatlichen Industrieholding ÖIAG (28,4 Prozent), mit der die Mexikaner ihre Stimmrechte erst vor kurzem durch einen Syndikatsvertrag gebündelt haben. Das Übernahmeoffert, so viel ist sicher, wird sie nun in die Pole-Position befördern.

"In die Nähe von 50 Prozentoder sogar darüber"

Anlegerschützer Wilhelm Rasinger geht davon aus, dass die Lateinamerikaner ihre Anteile deutlich aufstocken werden - "in die Nähe von 50 Prozent oder sogar darüber", wie er zur "Wiener Zeitung" sagt. Aus seiner Sicht werden vor allem internationale institutionelle Anleger wie Fonds oder Pensionskassen "die Möglichkeit des Ausstiegs nutzen, weil die Geschäftszahlen der Telekom Austria zuletzt alles andere als berauschend waren".

Was ihren allfälligen Rückzug zudem versüßen könnte: Immerhin liegt der von den Mexikanern gebotene Preis um 10,5 Prozent über dem durchschnittlichen Börsenkurs der letzten sechs Monate und gut 18 Prozent über dem der vergangenen zwölf Monate.

Jedenfalls strebt América Móvil den "Erwerb alleiniger Kontrolle" an. Warum der Konzern die geplante Telekom-Übernahme kürzlich unter diesem Titel bei der Bundeswettbewerbsbehörde angemeldet hat, wird nun etwas klarer. Wie aus den Details zu dem auf der Homepage der Übernahmekommission nun veröffentlichten Angebot hervorgeht, schaffen die Mexikaner künftig nicht nur im Vorstand und Aufsichtsrat, sondern auch in der Syndikatsversammlung an. Die Telekom-Belegschaftsvertreter sind alarmiert, sie sehen die ÖIAG in Zukunft lediglich als Junior-Partner der Lateinamerikaner, der nicht viel zu sagen hat. Die Staatsholding weist das zurück: Man habe Veto-Rechte, solange man bei der Telekom die Sperrminorität von 25 Prozent und einer Aktie halte. Zu dieser Mindestanteilshöhe sei man durch den Syndikatsvertrag verpflichtet.

Halten der Sperrminorität istfür ÖIAG teure Sache

Dass die ÖIAG künftig nicht unter die Sperrminorität fällt, kostet sie freilich viel Geld. 250 bis 280 Millionen Euro muss die Holding in die Hand nehmen, damit ihr aktueller Anteil im Zuge einer bereits fixierten Kapitalerhöhung, die eine Milliarde Euro schwer sein soll und entweder im Herbst oder im ersten Halbjahr 2015 erfolgt, nicht zu stark verwässert wird.

Durchgeführt wird die Geldzufuhr für die Telekom frühestens im Oktober, nach Ablauf der Annahmefristen für das Übernahmeoffert. América Móvil hat bereits angekündigt, bei der Kapitalerhöhung entsprechend der dann gehaltenen Anteile voll mitzuziehen. Zusätzlich, so heißt es, könnten die Mexikaner jene neuen Aktien aufgreifen, für die das Bezugsrecht der übrigen Telekom-Aktionäre nicht ausgeübt wird.

Derzeit ist die Telekom mit Kapital nicht gerade üppig ausgestattet. Mit dem frischen Geld sollen nicht nur Wachstumsprojekte (etwa Zukäufe in Osteuropa) finanziert, sondern auch ihr Schuldenberg verkleinert werden.

Weitere mögliche Kapitalerhöhungen kann die ÖIAG laut den Vereinbarungen mit ihrem mexikanischen Syndikatspartner blockieren. Dieses Veto-Recht hat jedoch einen Haken, wie aus den Unterlagen zum Übernahmeangebot hervorgeht. Zwar haben sich ÖIAG und América Móvil darauf verständigt, dass die Expansion in Osteuropa exklusiv über die Telekom abgewickelt werden soll. Diese Vereinbarung gilt aber nur, "solange die ÖIAG kein Veto gegen Kapitalerhöhungen ausübt". Die ÖIAG betont indes, dass sie sich bei wirtschaftlich sinnvollen Projekten nicht gegen Kapitalerhöhungen stemmen werde.