Wien. Der Arbeitsplatz ist weg, die Fixkosten für Miete, Strom und Handy bleiben aber gleich. Wer mehr ausgibt, als er verdient, gerät schnell in die Schuldenfalle. Die Umwälzungen am Arbeitsmarkt machen sich bei Schuldnerberatungen bemerkbar: "Der erste Jobverlust ist der Hauptgrund für Überschuldung", sagt Hans W. Grohs, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen, der Dachorganisation der zehn staatlich anerkannten Schuldnerberatungen. Ein geringeres Einkommen ist eine zunehmende Ursache für Überschuldung: Rund 44 Prozent der Klienten von Schuldnerberatungen geben Arbeitsplatzverlust oder Kurzarbeit als Grund an, vor fünf Jahren waren es 33 Prozent. 31 Prozent der Berufstätigen, die von Schuldnerberatungen unterstützt werden, gelten als "Working Poor".

70.600 Euro Schulden im Durchschnitt


56.400 Personen suchten im Vorjahr Rat bei Schuldnerberatungen, so viele wie noch nie. Sie sind schlechter ausgebildet und haben ein wesentlich geringeres Einkommen zur Verfügung als die Gesamtbevölkerung, wie der Schuldenreport zeigt. 30 Prozent der Klienten müssen mit dem Existenzminimum (837 Euro monatlich) oder weniger auskommen, vor drei Jahren lag dieser Anteil bei 20 Prozent. "Ein geringeres Einkommen erschwert den Entschuldungsprozess", so Grohs.

27 Prozent der im Vorjahr beratenen Klienten waren 30 Jahre oder jünger, durchschnittlich haben sie 27.900 Euro Schulden angehäuft. Über alle Altersgruppen haben Klienten im Durchschnitt 70.600 Euro Schulden, der Großteil bei Banken. Besonders die ehemaligen Selbständigen haben hohe Schulden. Das Scheitern als Unternehmer ist der zweithäufigste Grund für Schulden, vor dem falschen Umgang mit Geld. "Immer mehr Schuldner scheitern bereits im ersten Jahr der Selbständigkeit", sagt Grohs.

Nachbesserungen wünscht sich Grohs beim Privatkonkurs: Die Mindestquote von zehn Prozent stelle bei geringem Einkommen oder bei hohen Schulden eine unüberwindliche Hürde dar. Mit einer Verfahrensdauer von sieben Jahren sei Österreich Schusslicht in Europa. Seit der Einführung 1995 sind 120.000 Personen in Privatkonkurs gegangen. Rund zwei Drittel haben ihn positiv abgeschlossen.

Damit es erst gar nicht zur Überschuldung kommt, soll die Budgetberatung der Schuldnerberatungen die Haushaltsfinanzen optimieren. "Dabei wird das Budget bei einem geringen Einkommen oder einer Einkommensverschlechterung kalkuliert", sagt Grohs. Besonders Personen vor einer Scheidung oder vor dem Pensionsantritt müssen mit weniger verfügbarem Geld rechnen - und ihre Ausgaben durchforsten. Bei der Beratung könne man auch überprüfen, ob sich der Traum vom Eigenheim finanzieren lässt. "Wir bieten ein kostenfreies Angebot ohne Verkaufsabsichten", sagt Herndler.