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Schaden größer als Nutzen?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Schlechtere Ratings infolge des Hypo-Schuldenschnitts verteuern Banken die Refinanzierung, Gesetz kommt dennoch.


Wien. Die Finanzwelt ist in Aufruhr, und große Ratingagenturen wie Standard & Poor’s (S&P) und Moody’s haben mit Herabstufungen österreichischer Banken und Bundesländer bereits zum Rundumschlag ausgeholt - was unterm Strich teure Konsequenzen haben dürfte. Stein des Anstoßes ist der bei der Hypo Alpe Adria geplante Schuldenschnitt, mit dem die Regierung die Inhaber nachrangiger Anleihen trotz einer Haftungszusage Kärntens per Gesetz an den Abwicklungskosten der staatlichen Krisenbank beteiligen will.

Die Hypo soll so von einem Teil ihrer Schulden befreit werden - zur Entlastung des Steuerzahlers. Es geht um 890 Millionen Euro, wobei die betroffenen Anleger, darunter hauptsächlich deutsche Institute, aber auch die Lebensversicherungskunden großer österreichischer Assekuranzen wie Uniqa und Vienna Insurance Group, um ihr gesamtes Investment umfallen würden.

Für die Ratingagenturen ist das zu viel des Guten. Dieser Schritt sei beispiellos in Europa. Sie argumentieren, Haftungen der Bundesländer hätten mit dem geplanten Hypo-Gesetz de facto keinen Wert mehr. Moody’s hat deshalb die Bonitätsnoten für elf österreichische Banken, die landesgarantierte Schuldverschreibungen begeben haben, jüngst gesenkt und diese noch dazu mit einem negativen Ausblick versehen. Betroffen sind die Erste Bank, alle acht von Moody’s bewerteten Institute des Raiffeisen-Sektors (darunter auch die Raiffeisen Bank International) sowie die Hypo Tirol und die Hypo Vorarlberg.

S&P wiederum hat kurz davor schon den Kreditausblick für sieben heimische Banken pauschal auf "negativ" gesetzt - darunter Raiffeisen Zentralbank, Raiffeisen Bank International, Erste Bank, Hypo Niederösterreich und Bank Austria. Daneben drohte die US-Agentur auch den vier Bundesländern Wien, Niederösterreich, Burgenland und Steiermark eine Herabstufung ihres Ratings an, falls das Hypo-Gesetz in der geplanten Form beschlossen werde.

Dass die Bonitätswächter buchstäblich aus dem Häuschen sind, lässt die Regierung indes kalt. Finanzminister Michael Spindelegger denkt nicht daran, die Gesetzesvorlage noch abzuändern, obwohl der Passus mit dem Schuldenschnitt für viele Rechtsexperten verfassungswidrig ist. Sie soll am 8. Juli vom Parlament verabschiedet werden. Klagen betroffener Hypo-Gläubiger, die dann wohl so gut wie sicher sind, nimmt die Regierung in Kauf. Ihr geht es darum, bei der Abwicklung der Bank nicht nur den Steuerzahler allein zur Kasse zu bitten.

Raiffeisen-Boss: FinanzplatzÖsterreich in Gefahr

Gebetsmühlenartig betont Spindelegger daher, dass der Schuldenschnitt bei der Hypo ein "Sonderfall" sei. S&P-Analyst Alois Hochstrasser sagt dazu allerdings: "Es ist international schwer vermittelbar, dass es sich um einen Ausnahmefall handelt - insofern, als es um einen relativ niedrigen Betrag geht." Die geplante Vorgangsweise bleibe in den Hinterköpfen, und Investoren würden sich künftig überlegen, ob sie eine österreichische Anleihe zeichnen sollen. "Investoren, die Verluste erlitten haben, merken sich das", so der Analyst laut Austria Presse Agentur. Damit sei eine Unsicherheit geschaffen, und dies werde zu einer gewissen Zurückhaltung der Marktteilnehmer führen.

Weiter auf Ablehnung stößt der geplante "Haircut" auch bei Walter Rothensteiner, dem obersten Raiffeisen-Chef. Er sieht darin weniger einen "Sonderfall" als eine Gefahr für den Finanzplatz Österreich. Das Hypo-Sondergesetz sei ein "Vertrauensbruch", das würden auch die Ratingagenturen so sehen, gibt Rothensteiner zu bedenken. Es sei ein Verstoß gegen Grundrechte. Auf seinen jüngsten Beschwerdebrief habe die Regierung zwar bereits geantwortet, jedoch gemeint, dass sie das Gesetz für richtig halte, so der Raiffeisenbanker im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Für Rothensteiner ist jedenfalls klar: Durch die Herabstufung österreichischer Banken wird deren Refinanzierung teurer. Bank-Austria-Chef Willibald Cernko, der einem Hypo-Schuldenschnitt ebenso nichts abgewinnen kann ("Tabubruch"), hatte zuletzt von Zusatzkosten von bis zu 1,5 Milliarden Euro gesprochen. Ein Teil dieser Zusatzbelastung droht damit bei den privaten Bankkunden zu landen - etwa in Form höherer Gebühren und Kreditzinsen.

Auch Chef derHypo Vorarlberg in Rage

Michael Grahammer, Chef der Hypo Vorarlberg, sieht durch die Herabstufung durch Moody’s "erheblichen Schaden" für die Bank. Dafür macht er die Bundesregierung verantwortlich. Die Herabstufung habe nichts mit dem Geschäftsgebaren der Hypo Vorarlberg zu tun, man habe alles richtig gemacht, betont Grahammer. "Würden wir solche Entscheidungen (wie die Bundesregierung, Anm.) treffen, müssten wir uns wegen Untreue verantworten", wird der Bankchef von den "Vorarlberger Nachrichten" zitiert.

Für Mittwoch ist im Parlament eine Sondersitzung zum Hypo-Gesetz anberaumt. Den Neos und den Grünen gehen die Pläne der Regierung zu wenig weit, sie plädieren weiterhin für eine Insolvenz, bei der alle Gläubiger zur Kassa gebeten würden. Bereits heute, Dienstag, hat der Finanzausschuss das Gesetz auf seiner Agends. Sowohl Neos als auch Grüne sind dafür, die Sitzung öffentlich zu machen. Für die Regierung selbst sei es die "letzte Gelegenheit", ihren Entwurf noch zu kippen, heißt es in einer Aussendung der Neos.