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Angst vor der Preisspirale nach unten

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Niedrige Zimmerpreise im Sommer verursachen der neuen Tourismus-Obfrau Nocker-Schwarzenbacher "Bauchweh".


Wien. Mit dem Ferienbeginn für 465.000 Schüler in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland startet für heimische Hoteliers die Sommer-Hochsaison. Der neuen Tourismus-Spartenobfrau Petra Nocker-Schwarzenbacher bereitet aber "Bauchweh", dass manche Betriebe ihre Zimmer im Sommer sehr günstig anbieten: "Dann stimmen zwar die Nächtigungszahlen, aber die Betriebe sollten so kalkulieren, dass sie nicht draufzahlen." Zimmerpreise sind für Urlauber online leicht vergleichbar, sagt die Salzburger Hotelbesitzerin: "Die günstigen Zimmerpreise bringen auch den Nachbarbetrieb unter Zugzwang." Andererseits müssten selbst Unterkünfte, die investiert haben, bei Erhöhungen extrem aufpassen: "Der Gast ist preissensibel."

Ein zweischneidiges Schwert sind für Hoteliers Internet-Buchungsportale wie HRS und booking.com. Diese bringen zusätzliche Urlauber, verlangen dafür aber bis zu 25 Prozent Provision. Will eine Herberge auf der ersten Seite der Suchergebnisse erscheinen, kostet das extra. "Hotels müssen die Hosen runterlassen, damit sie vorne gereiht sind", sagt Nocker-Schwarzenbacher, die mit Juni Johann Schenner nach 14 Jahren an der Spitze der Bundessparte abgelöst hat.

Schlechter Sommerbeginn

Weil Reisende immer kürzer in Österreich bleiben, müssen heimische Hoteliers mehr Urlauber anlocken. Im Mai ist das nicht gelungen: Die diesjährige Sommersaison ist mit 7,5 Prozent weniger Übernachtungen und 3,6 Prozent weniger Gästen im Vergleich zum Vorjahresmonat schlecht gestartet. Das führt Nocker-Schwarzenbacher vor allem darauf zurück, dass Pfingsten und Fronleichnam im Vorjahr in den Mai, heuer aber in den Juni fielen.

Angesichts des starken Rückgangs bei Nächtigungen von Deutschen (minus 27 Prozent) sei es notwendig, dass die Österreich Werbung (ÖW) und die Landestourismusorganisationen noch mehr in Deutschland werben. "Viel Potenzial" sieht Nocker-Schwarzenbacher beim Inlandsurlaub - und verweist darauf, dass Wandern bei jungen Menschen im Trend liege.

Auch bei chinesischen Gästen gebe es ein Riesenpotenzial zu heben. Dass die zuletzt starken Rückgänge bei russischen Urlaubern aufgrund der Ukraine-Krise und der Abwertung des Rubels von Dauer sind, glaubt sie nicht. Das Minus bekommt vor allem die Wiener Luxushotellerie zu spüren - einige Hotels haben die Zimmerpreise gesenkt, damit die Betten nicht leer bleiben.

Bei arabischen Gästen ist vor allem das Salzkammergut als Ferienregion beliebt. Ungewollte Publizität erlangte in den vergangenen Wochen Zell am See: Eine Benimmfibel klärte arabische Urlauber darüber auf, dass man in Österreich den Müll nicht auf die Straße wirft und im Hotel nicht auf dem Boden isst. Der Spott ausländischer Medien ließ nicht lange auf sich warten. "Die Aktion war gut gemeint", sagt Nocker-Schwarzenbacher. Die Umsetzung sei aber schiefgelaufen. Der Knigge wird nun überarbeitet.

Image aufpolieren

Ein weitaus dringenderes Anliegen ist den Touristikern eine Verlängerung der Saison. Die Betriebe haben kräftig in Infrastruktur und wetterunabhängige Angebote investiert, sagt Nocker-Schwarzenbacher, die mehr als 90.000 Mitgliedsbetriebe mit 300.000 Mitarbeitern vertritt: "Die Sommersaison beginnt mittlerweile mit den Maifeiertagen und geht bis Allerheiligen." Die Österreich Werbung startet heuer eine Herbstkampagne in Österreich, Bayern und Baden-Württemberg. Angebote wie der Bauernherbst in Salzburg sollen außerhalb der Monate Juli und August, die für die Hälfte der Nächtigungen im Sommer sorgen, Gäste anlocken.

Als Ziel hat sich die Obfrau gesetzt, das Image des Tourismus als Arbeitgeber zu verbessern: "Dann bekommen wir wieder mehr Fachkräfte in Österreich." Aufgrund der guten Tourismus-Ausbildung in Österreich hätten Arbeitskräfte auch in Ausland ausgezeichnete Jobchancen. Gleichzeitig räumt sie ein, dass in Österreich die Aufstiegsmöglichkeiten für Tourismusbeschäftigte beschränkt seien: "80 Prozent sind Familienbetriebe, da gibt es meistens keinen Manager wie bei internationalen Hotelketten." Nocker-Schwarzenbacher selbst hat 1992 den Brückenwirt/Tennerhof in St. Johann/Pongau übernommen und in ein 4-Stern-Hotel mit 110 Betten und rund 25 Mitarbeitern ausgebaut.

Zu Reformen in der Lehrlingsausbildung, die immer wieder als veraltet kritisiert wird, zeigt sie sich aufgeschlossen: So kann sie sich vorstellen, den Beruf des Stubenmädchens durch eine Housekeeping-Lehre aufzuwerten. Hier sieht sie die Fachgruppen am Zug. Als Schwerpunkte hat sich die Obfrau Betriebsnachfolgen sowie Entbürokratisierung vorgenommen, etwa längere Abstände zwischen Prüfungen von Lebensmittelinspektoren. So bliebe mehr Zeit für die Gästebetreuung.

Zur Person

Petra

Nocker-Schwarzen-bacher

ist seit Juni neue Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer Österreich. Die Salzburgerin besuchte die Hotelfachschule Bad Hofgastein und absolvierte Praktika in Australien und den USA. 1992 übernahm sie mit 28 Jahren den Betrieb der Eltern in St. Johann im Pongau. Nocker-Schwarzenbacher ist verheiratet und Mutter von zwei Töchtern.