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Kleingedrucktes verteuert Kredite

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Große Anschaffungen wie ein Auto werden häufig über Verbraucherkredite finanziert.
© fotolia/spectrumblue

Nach Verbot von Bearbeitungsgebühren für Konsumdarlehen in Deutschland plant der VKI für Herbst eine Verbandsklage.


Wien. Während deutsche Kreditnehmer Bearbeitungsgebühren nach einem Gerichtsurteil zurückfordern können, kassieren Banken in Österreich das Zusatzentgelt weiterhin. Das Bearbeitungsentgelt beträgt ein bis drei Prozent - also 200 bis 618,56 Euro bei einem Konsumkredit mit 20.000 Euro Auszahlungsbetrag und fünf Jahren Laufzeit, wie der Bankenrechner der Arbeiterkammer (AK) zeigt. Nur beim Online-Kredit der Bawag PSK und bei der Ing-Diba Direktbank fällt kein Bearbeitungsentgelt an. Ein Kredit mit einem günstigen Sollzinssatz kann sich durch einmalige Nebenspesen und Gebühren als erheblich teurer herausstellen, warnt die AK.

In Deutschland machen seit einem Urteil des Bundesgerichtshofes tausende Kreditnehmer ihren Anspruch auf Rückerstattung der Gebühr geltend - die Finanzinstitute haben Schätzungen zufolge in den Jahren 2005 bis 2013 etwa 13 Milliarden Euro an unzulässigen Bearbeitungsgebühren verrechnet. Es sei eine unangemessene Benachteiligung der Kunden, wenn Kosten für die Bearbeitung des Antrags, die Bonitätsprüfung oder die Führung der Vertragsgespräche auf sie abgewälzt werden, entschied der Bundesgerichtshof und erklärte Bearbeitungsentgelte bei Verbraucherkrediten für unzulässig.

Banken haben demnach Tätigkeiten wie diese im eigenen Interesse oder auf Grund bestehender eigener Rechtspflichten zu erbringen, heißt es im Urteil vom 13. Mai. In diesem erklärte der BGH Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Postbank und der Essener National-Bank für ungültig - ein Urteil mit Signalwirkung.

In Österreich gibt es noch kein Urteil zu den Bearbeitungsgebühren, weil offenbar noch kein Kunde geklagt hat. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) will voraussichtlich im Herbst eine Verbandsklage gegen die Bearbeitungsgebühren bei Konsumkrediten einbringen, kündigt Peter Kolba, Leiter des Bereiches Recht beim VKI, an: "Das muss ausjudiziert werden." Derzeit wird noch geklärt, wer die Ausfallshaftung für die Prozesskosten übernimmt - das kann beispielsweise das Konsumentenschutzministerium oder die AK sein.

Auch hierzulande gibt es im § 879 (3) ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) eine mit Deutschland vergleichbare Bestimmung über "gröbliche Benachteiligung". Allerdings geht man in Österreich davon aus, dass Tätigkeiten wie die Bonitätsprüfung, die durch das Verbraucherkreditgesetz vorgeschrieben ist, im Interesse beider Seiten ist, geben sowohl VKI als auch Bankenvertreter zu bedenken. Es wäre daher fraglich, ob der Oberste Gerichtshof wie sein deutsches Pendant entscheiden würde.

Bald keine Bearbeitungsgebühr, aber höherer Zinssatz?

Maßgeblich für das Urteil in Deutschland war auch, dass die Bearbeitungsgebühr einmalig zu Beginn des Vertrages bezahlt werden muss. Wenn ein Kunde seinen Verbraucherkredit vorzeitig zurückzahlt, muss er dennoch die volle Bearbeitungsgebühr zahlen. Wären die Bearbeitungskosten im Zinssatz eingerechnet, würde der Kunde besser aussteigen.

"Finanzinstitute haben anfallende Kosten für die Kreditbearbeitung und -auszahlung durch den laufzeitabhängig bemessenen Zins zu decken und können daneben kein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt verlangen", heißt es in der BGH-Entscheidung. Das bedeutet im Umkehrschluss: Banken können den Zinssatz höher ansetzen und alle Kosten einrechnen. Vom deutschen Verbraucherzentrale Bundesverband heißt es dazu: "Diese Reaktion der Kreditinstitute ist denkbar, aber von uns noch nicht registriert worden."

Die Banken rechtfertigen die Extragebühren für Konsumdarlehen mit dem Aufwand für Beratung, Prüfung und Ausfertigung des Vertrages. "Die Gebühren decken die tatsächlichen administrativen Aufwände ab wie Bonitätsprüfung und Kreditvertrag erstellen", heißt es von der Erste Bank. "Es geht oft darum, gemeinsam mit dem Berater die finanziellen Möglichkeiten auszuloten", sagt ein Vertreter der Oberbank. Außerdem könne die Bearbeitungsgebühr individuell verhandelt werden, besonders wenn der Antragsteller gut vorbereitet und mit allen erforderlichen Unterlagen in die Bank kommt.

Bei der Bawag PSK werden zwei Prozent der Auszahlungssumme als Bearbeitungsgebühr verrechnet, beim Online-Kredit fällt dieses Entgelt weg, weil der interne Aufwand der Bank für Bearbeitung des Kreditantrags wesentlich geringer sei: "Der Kunde informiert sich in der Regel selbst im Internet über die diversen Angebote am Markt und übermittelt den Kreditantrag online."

Zinsen auf Konsumkredite sind seit 2013 gestiegen

Die Zinssätze auf Konsumkredite kletterten zwischen Jänner 2013 und April 2014 von 4,5 auf 5,0 Prozent - obwohl der Leitzins der Europäischen Zentralbank gesenkt wurde. Dieser Anstieg dürfte auf eine geänderte Einschätzung des Kreditrisikos von Seiten der Banken in diesem Kreditsegment zurückzuführen sein, heißt es im aktuellen Kreditbericht der Oesterreichischen Nationalbank.

Zwischen November 2013 und April 2014 wurden in Österreich neue Kredite im Ausmaß von rund zehn Milliarden Euro an private Haushalte vergeben, in etwa gleich viel wie ein Jahr zuvor. Rund 1,6 Milliarden davon wurden als Konsumkredite aufgenommen. Diese werden häufig für die Anschaffung eines Autos oder Motorrads verwendet. Auch für eine neue Küche, Wohnzimmermöbel oder eine Heimkinoanlage reicht das Geld am Konto oft nicht aus, sodass sie - als Alternative zum Ratenkauf - über einen Kredit abgestottert werden. Aufgrund der hohen Zinsen für die Kontoüberziehung werden Darlehen auch aufgenommen, um das Minus am Konto zu tilgen. Manche Kreditnehmer bezahlen auch Urlaube mit dem Geld - hier heißt es allerdings aufpassen, warnen Schuldnerberater: Denn ehe die letzte Reise abbezahlt ist, steht oft schon der nächste Urlaub an.