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Schokolade im Abgang

Von Bettina Figl

Wirtschaft
Bierbrauer Johannes Kugler und sein Kollege Thomas Mauer im Gastro-Pub Lane & Merriman‘s.
© Janine Schranz

Holler, Malz und viel Hopfen: Das Wiener Start-up Brew Age braut interessantes Bier abseits des Mainstreams.


Wien. Johannes Kugler steckt die Nase ins Glas, schwenkt es und nach dem ersten Schluck Bier sagt er: "Schmeckt im Abgang leicht nach dunkler Schokolade." Der frisch gebackene Braumeister sitzt im Gastro-Pub Lane & Merriman’s in Wien-Alsergrund und trinkt ein Porter, ein Bier aus London, das durch seine starken Röstaromen auffällt. "Porter ist ein klassischer englischer Bierstil aus dem 18. Jahrhundert. Früher haben es die Hafenarbeiter gerne nach der Arbeit getrunken, daher kommt der Name Porter."

Kugler hat im bayerischen Weihenstephan Brauwesen und Getränketechnologie studiert, doch bereits seit zehn Jahren braut der 26-Jährige sein eigenes Bier. Anfangs experimentierte er noch bei den Eltern im Einkochtopf, heute betreibt er mit drei Freunden die Wiener Start-up Brauerei "Brew Age". Inzwischen haben die vier jungen Männer drei Biere im Sortiment: ein klassisches Wiener Lager, ein Pale Ale und ein sommerliches Holunderblütenbier. In diesem steckt helles Malz, Aromahopfen und echte Holunderblüten, Zucker ist keiner beigesetzt.

Gebraut und abgefüllt wird es in der Bio-Brauerei Gusswerk in Hof bei Salzburg - einem Vorreiter in der noch kleinen, aber sehr aktiven österreichischen Craft-Bier-Szene. Sie wollen interessante, individuelle Biere lokal produzieren und, unter anderem bei Bierverkostungen, nah am Konsumenten sein. Der Trend kommt aus den USA, dort machen die Biere abseits des Mainstreams inzwischen fast zehn Prozent des Marktes aus. In Österreich kratzen die Kleinen wie Bierol, Bevog Brewery, Brauschneider oder eben Brew Age noch an der Ein-Prozent-Marke.

"Ottakringer will mitmischen"

"Die handwerklich hergestellten Biere mit Charakter kommen bei immer mehr Menschen gut an. Das merken auch die Großbrauereien und wollen mitmischen", sagt Kugler. Ottakringer bringt in den nächsten Wochen sein erstes Bier aus einer eigens dafür gebauten Kleinbrauerei heraus. Für Kugler ist es wichtig, Biere zu brauen, die sich von der Masse abheben. "In Blindverkostungen sind die hellen Biere vieler Großbrauereien kaum zu unterscheiden, selbst für geschulte Verkoster. In den letzten Jahrzehnten sind sich die Biere immer ähnlicher geworden, es ist sozusagen ein Einheitsbier entstanden."

Schaut man sich in der Craft-Bier-Szene um, könnte man meinen, Bier sei der neue Wein: Getrunken wird aus langstieligen Gläsern, es wird gefachsimpelt und Bier wird nicht mehr getrunken, um das Gulasch hinunterzuspülen. Weißbier ist ein guter Begleiter zu leichten Salaten mit Putenstreifen, das tiefschwarze Stout passt gut zu Desserts wie Vanilleeis oder zu Blauschimmelkäse. "Manche sagen, Guinness sei gar kein Stout mehr", meint David Gannon in Anspielung auf den im Vergleich zu anderen Stouts langweiligen Geschmack. Der Besitzer des Lane & Merriman’s steht hinter der Bar und zapft ein O’Hara’s, ein irisches Bier. Die Kaffeearomen des vollmundigen Bieres sind sehr intensiv - fehlt nur noch das Vanilleeis. Auch das kann man im Lane & Merriman’s, einem ehemaligen Wirtshaus, haben: hin und wieder gibt es hier mehrgängige Menüs mit passender Bierbegleitung.

Gannon hat das Lokal Anfang des Jahres neu eröffnet, es ist einem traditionellen irischen Pub aus den 1960er-Jahren nachempfunden. Es sei ein "Gastro-Pub", betont er, das neben 40 Craft Bieren auch Fish’n’Chips, Burger und einen kleinen Deli-Bereich hat. Hier kann Brot oder Müsli gekauft werden - ganz so, wie es in Irland vor der Verbreitung der Supermärkte üblich war. Die Biere von Brew Age bezeichnet Gannon als "ehrlich", da sie von Hand gemacht sind und aus der Region kommen, das würden seine Gäste schätzen. So sehr, dass es schon einmal vorkommen kann, dass das Holunderblütenbier und der Hopfenauflauf ausverkauft sind. In wenigen Wochen füllen die Jungs von Brew Age ein viertes Bier mit dem Namen "Dunkle Materie" ab. Dieses dunkle Bier kam beim Craft Bier Fest im Mai so gut an, dass die Jungbrauer beschlossen, es fix ins Sortiment zu nehmen. Das Black IPA verbindet Röstaromen eines Stouts mit dem fruchtig-blumigen Hopfen eines India Pale Ales.

Das Hopfenaroma bleibt

Ganz anders das helle Bier Hopfenauflauf: es erinnert im Geruch stark an exotische Früchte wie Maracuja. Doch wie kommt dieses Aroma ins Bier? Anders als bei der gewöhnlichen Bierherstellung wird erst das fertig vergorene Bier mit Aromahopfen versetzt, sodass alle flüchtigen Hopfenaromen bis in die Flasche gelangen. Dieses Prozedere nennt man "Hopfenstopfen". Die aromatischen Hopfensorten, wie dazu verwendet werden, stammen aus dem Nordwesten der USA. Inzwischen haben aber auch deutsche Hopfenbauern begonnen, die aromatischen Sorten anzubauen.

Handwerkliche Herstellung in Kleinchargen, hohe Qualität bei den Rohstoffen und längere Reifezeit ergeben einen höheren Preis als der des Supermarktbiers. So kostet eine 0,33-Liter-Flasche bis zu 2,50 Euro.

Die Vier haben noch Großes vor: Sie wollen im Großraum Wien eine eigene Brauerei mit angeschlossenem Pub aufbauen, wo die Besucher in einer Art "gläsernen Fabrik" der Einblick in die Bierproduktion ermöglicht werden soll. Man fühlt sich an die Führungen in der Zotter-Fabrik erinnert - doch Schokolade gibt‘s hier nur im Abgang.

brewage.at
mybier.at
Lane and Merriman's
Spitalgasse 3, 1090 Wien
www.laneandmerrimans.com