Düsseldorf/Wien. (kle/reuters) Eines ist sicher: Die Sanierung von Karstadt wird René Benko, dem neuen Eigentümer des deutschen Warenhauskonzerns, einen finanziellen Kraftakt abverlangen. Alles in allem dürfte der Umbau zu einem profitablen Unternehmen zumindest eine Milliarde Euro kosten. Diese Einschätzung wird von Medien in Deutschland übereinstimmend kolportiert.
Wie Benko die schwer marode Kaufhauskette retten will, ist indes nach wie vor unklar. Für eine Stellungnahme war der Tiroler Investor auch am Dienstag nicht erreichbar. Eine Anfrage der "Wiener Zeitung" bei seiner Signa-Holding blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
Dass Benko bereits Ausschau nach einem oder mehreren Partnern hält, gilt in der Handelsbranche als sehr wahrscheinlich. Wie es heißt, werde er die Sanierung wohl nicht alleine stemmen können. Denkbar wäre, dass Benko unter anderem auch beim französischen Einzelhandelsriesen Carrefour anklopfen könnte.
Aufsichtsratstreffen abgesagt
Die rund 17.000 Karstadt-Beschäftigten müssen vorerst weiterhin bangen, wie es mit "ihrem" Unternehmen weitergeht. Eine für Donnerstag in Sachen Sanierung anberaumte Aufsichtsratssitzung ist am Dienstag kurzfristig abgesagt worden. Der Grund: Benko will zunächst den Beschluss des Kartellamts zu seiner Akquisition abwarten, wie er von Karstadt in einer Aussendung mitteilen ließ.Die Übernahme der Anteile des bisherigen Karstadt-Eigentümers Nicolas Berggruen hatte der Österreicher am vergangenen Freitag beim Bundeskartellamt angemeldet. Doch bisher hat die Wettbewerbsbehörde noch keine Prüfungsfrist festgelegt. Im schnellsten Fall könnte die Genehmigung der Transaktion Mitte September erfolgen. Dringende Entscheidungen über die Sanierung waren im Übrigen schon nach dem abrupten Abgang von Firmenchefin Eva-Lotta Sjöstedt Mitte Juli verschoben worden. Ursprünglich hätte sich der Aufsichtsrat bereits Ende Juli mit der Zukunft des Essener Traditionskonzerns beschäftigen sollen. Jetzt verschiebt sich dieses wichtige Meeting nochmals nach hinten. Bisher gibt es nur Spekulationen, wie die Sanierung aussehen könnte. Medien sprechen von 15 bis 20 Filialen, die - weil unrentabel - zugesperrt werden könnten. Das wäre fast ein Viertel der von Benko übernommenen 83 Warenhäuser. Die Gewerkschaft Verdi hat vorab bereits deponiert, allfälligen Schließungsplänen nicht tatenlos zusehen zu wollen.
Unterdessen wird auch gerätselt, warum der 37-jährige Immobilien-Tycoon, dem wenig Erfahrung im operativen Handelsgeschäft bescheinigt wird, bei Karstadt überhaupt einsteigt. Benkos Motive liegen im Dunklen.
Kaufhof winkt für Fusion ab
In Branchenkreisen wird vermutet, Benko könnte nach der Sanierung von Karstadt einen neuen Anlauf unternehmen, eine "Warenhaus AG" mit dem Konkurrenten Kaufhof zu schmieden. Planspiele zur Umsetzung einer Warenhausfusion gibt es jedenfalls: Kaufhof könnte Karstadt schlucken oder umgekehrt - oder ein dritter Investor könnte auf den Plan treten und beide Warenhausriesen übernehmen und zusammenführen. Nach einem Umbau könnte die "Warenhaus AG" dann an die Börse gebracht werden.Bei der Metro-Tochter Kaufhof wiegelt man indes ab. "Wir diskutieren diese Option nicht", betont ein Kaufhof-Sprecher laut "Tagesspiegel". Daran habe sich auch nach dem Eigentümerwechsel bei Karstadt nichts geändert. "Die Kollegen bei Karstadt tun gut daran, sich auf sich selber zu konzentrieren", so der Sprecher. Und: "Wir sind seit ewigen Zeiten profitabel." Derzeit betreibt der Kaufhof deutschlandweit 105 Warenhäuser, Karstadt wie erwähnt 83. Experten bezweifeln die Überlebensfähigkeit aller Häuser, da sie zumeist auch in unmittelbarer Nähe zueinander stehen. Bei einer Fusion würden daher sicher Standorte geschlossen, tausende Beschäftigten müssten um ihren Job zittern.
Interimschef tritt ab
Dass Benko bei Karstadt offenbar bereits umrührt, zeigen erste Veränderungen in der Führungsetage. Kai-Uwe Weitz - langjähriger Personalvorstand und seit Anfang Juli Interimschef - geht. Ihn soll Signa-Retail-Boss Wolfram Keil beerben, berichtet das "Manager Magazin". Keil, ein Deutscher, habe Sanierungserfahrung gesammelt (u. a. beim amerikanischen Bawag-Eigentümer Cerberus). Signa Retail ist in Benkos Signa-Gruppe jene Sparte, die künftig hundert Prozent an Karstadt hält.