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Neuer Kollektivvertrag im Anflug

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Es gibt kaum eine Alternative zu einer Einigung zwischen AUA-Chefetage und Betriebsrat. Lufthansa pocht auf Einsparungen.


Wien/Frankfurt. Die langwierigen Verhandlungen rund um einen neuen Kollektivvertrag (KV) der Austrian Airlines (AUA) sind längst Chefsache. Anders als in den vergangenen zwei Jahren ist aber bei den laufenden Verhandlungen rund um einen neuen KV für das AUA-Bordpersonal tatsächlich eine Einigung in Sicht. Ein Ergebnis soll sogar schon heute Vormittag nach einem letzten Termin mit den Sozialpartnern präsentiert werden, meint Konzernsprecher Peter Thier zur "Wiener Zeitung". Das Branchenmagazin "Austrian Wings" berichtet zudem, dass schon ein Grundsatzpapier vom Betriebsrat und der Tyrolian-Geschäftsführung unterzeichnet worden sei. Details dazu wollte man von Unternehmensseite auf Anfrage der "Wiener Zeitung" nicht nennen. Eine Alternative zur lang erwarteten Einigung zwischen dem AUA-Management und dem Betriebsrat gibt es aber ohnehin nicht mehr, denn die Lufthansa, diese hatte 2009 die AUA übernommen, wartet ungeduldig auf Ergebnisse.

Gestern Nachmittag ist der AUA-Aufsichtsrat zu einer Sondersitzung beim Mutterkonzern in Frankfurt zusammengekommen. Der Vorstand sollte vorlegen, wie es mit der AUA weitergehen soll und vor allem wo und wie viel gespart werden kann. Konkret erwartet die deutsche Mutter einen Sparplan B, falls die Kollektivvertragsverhandlungen wieder scheitern sollten. Denn frisches Geld ist von der - selbst krisengebeutelten - Lufthansa nicht zu erwarten. Diese hat seit der Übernahme 1,16 Milliarden Euro zugeschossen. Zwar konnte die AUA 2013 ein leichtes Plus verzeichnen - das Betriebsergebnis lag, aufgrund von Einsparungen, bei 25 Millionen Euro -, doch der Lufthansa ist das zu wenig. Sie will ganz konkrete Einsparungsmaßnahmen sehen.

Zum Hintergrund: Vor zwei Jahren hatte die damals insolvente AUA das fliegende Personal zwangsweise in den viel günstigeren KV ihrer Tochter Tyrolian Air überführt, ohne Zustimmung der Gewerkschaft. Das Bodenpersonal hat im Vorjahr einem neuen KV zugestimmt. Die Verhandlungen mit dem Bordpersonal könnten jetzt nach zwei Jahren und langwierigen Streitereien ein Ende nehmen. Der Europäische Gerichtshof hat im September geurteilt, dass die einseitige Aufkündigung nicht rechtens sei und der alte KV nachwirke. Jetzt drohen der AUA Nachzahlungen für die vergangenen zwei Jahre für die 3000 Piloten und Flugbegleiter.

KV-Einigung alseinzige Alternative

Vor zwei Jahren hat AUA-Vorstand Jaan Albrecht ein 260 Millionen Euro schweres Sparpaket vorgelegt. Ein neuer KV für das Bordpersonal ist der letzte Punkt, den es im Sparplan noch umzusetzen gilt. Alle anderen Punkte - also neue und günstigere Verträge mit Lieferanten, ein neuer Bodenpersonal-KV, günstigere Verträge mit dem Flughafen Wien, eine Umflottung, Zusammenlegung des Flugbetriebs von AUA und Tyrolian und die Schließung der Stelle in Innsbruck - seien bereits umgesetzt. Die Personalkosten machen einen beträchtlichen Teil der AUA-Ausgaben aus, deshalb pocht das Management auf eine Einigung. Für die 3000 Piloten und Flugbegleiter bedeutet das aber zwangsläufig eine Schlechterstellung. Sie müssen Gehaltseinbußen und Änderungen rund um Arbeitszeit und Pension hinnehmen.

"Eine Verhandlungslösung ist die priorisierte Lösung. Das wird auch im Aufsichtsrat diskutiert", sagt Thier. Vorrangig soll es bei der Sondersitzung um den neuen KV und damit um neue Arbeitszeit- und Gehaltsregelungen gehen. Sollte es aber nicht zur gewünschten Einigung kommen, will die Lufthansa Alternativvorschläge sehen. Angeblich würden bereits Alternativkonzepte mit weitreichenden Sparmaßnahmen vorliegen.

Dass sich die AUA von Flugzeugen trennen könnte oder Langstreckenflüge aufgeben würde, sei allerdings ein Gerücht. "Auf den Langstrecken verdienen wir noch Geld. Warum sollten wir diese aufgeben?", so ein Sprecher. Die Botschaft, dass gespart werden muss, ist auch bei den Betriebsräten angekommen und der Druck wird immer größer. Die Alternativen sind nämlich weitere Einsparungen beim Personal und eine stark dezimierte AUA.

Streikwellen beider Lufthansa

Auch die AUA-Mutter Lufthansa ist immer wieder von internen Krisen gebeutelt. Auf die Fluggesellschaft kommt am Mittwoch und am Donnerstag die sechste Streikwelle seit April zu. Die Pilotenvereinigung Cockpit hat für beide Tage bei der Frachtfluggesellschaft Lufthansa Cargo Streiks angekündigt. Von Mittwoch 3 Uhr bis Donnerstag 22.30 Uhr sollen keine Frachtflugzeuge von deutschen Flughäfen abheben.

Grund dafür ist ein Streit zwischen der Lufthansa und dem Flugpersonal um eine Neuregelung der Flugrente. Geht es nach der Lufthansa, sollen Piloten und Co-Piloten künftig erst mit frühestens 60 Jahren in den bezahlten Vorruhestand gehen, anstatt wie bisher mit 55. Der Konzern hat die geltenden Tarifregeln mit Jahresende 2013 gekündigt. Von den Änderungen sind etwa 5400 Piloten betroffen. Die Gewerkschaft weigert sich, die neuen Übergangsregelungen des Managements mitzutragen und droht abermals mit Streik. Seit April sind im Rahmen von sechs Streikwellen 4300 Flüge abgesagt worden. Fast eine halbe Million Fluggäste waren davon betroffen.

Flugbranche inder Krise

Ehemals staatliche, traditionelle Fluglinien kämpfen derzeit mit sinkenden Umsätzen, harten Sparmaßnahmen und Konkurrenz durch Billigfluglinien und arabische Fluggesellschaften. "Im unregulierten Markt zählt nur das billige Ticket", sagt Thier im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Ehemals staatliche Fluglinien wie die AUA, aber auch deren Mutterkonzern Lufthansa und die Air France - dort haben die Piloten zwei Wochen lang gestreikt - verfügen über andere Kostenstrukturen und höhere Personalkosten als Billigfluglinien wie Ryanair und Fly Niki. Letztere haben aufgrund von Leiharbeitern und günstigeren Kollektivverträgen für Bord- und Bodenpersonal geringere Personalausgaben. Deshalb können sie auch günstigere Tickets anbieten.

Traditionelle Fluglinien haben auch durch staatlich subventionierte Fluggesellschaften aus der Türkei und dem Nahen Osten Konkurrenz bekommen, die auf den Langstreckenflügen mitmischen und ebenfalls günstigere Tickets anbieten können. All das hat natürlich Auswirkungen auf die großen europäischen Fluglinien, die mit Personaleinsparungen auf den Konkurrenzdruck reagieren. Die Umsätze sinken und einige Fluglinien, wie etwa Spainair oder die deutsche OLT, mussten Insolvenz anmelden.

Auch die AUA steckte sieben Jahre lang in den roten Zahlen. Voriges Jahr gelang zwar erstmals wieder ein Plus von 25 Millionen Euro. Dieses ist aber auf harte Sparmaßnahmen zurückzuführen, denn der Umsatz ist im Vorjahr auf 2,069 Milliarden Euro weiter gesunken. Die Gewinnmargen liegen mittlerweile bei weniger als ein Prozent.

Ein Gewinnbringer seien die Langstrecken. Der Konzern verzeichnet dort ein Wachstum von zehn Prozent. Wenn die weitreichenden Sparmaßnahmen abgeschlossen sind, will die AUA in Zukunft in diesem Bereich stärker investieren. Zusätzlich sollen neue Mittelstreckenflugzeuge angeschafft werden.