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ÖIAG-Reform startet nächste Woche

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft
OMV-Chef Gerhard Roiss soll abgelöst werden.

Vizekanzler Mitterlehner und Finanzminister Schelling lasen ÖIAG wegen OMV die Leviten - Regierungsverhandler fixiert.


Wien. Wenn am kommenden Dienstag der Aufsichtsratsvorsitzende der OMV Rudolf Kemler über die Ablöse von Vorstandsvorsitzendem Gerhard Roiss referiert, weiß er schon, dass er selbst nicht mehr lange im Amt sein wird. Ob der Kahlschlag im OMV-Vorstand tatsächlich stattfinden wird, war Freitag noch nicht bestätigt. Neben Roiss soll auch Hans-Peter Floren gehen, der fürs Gas-Geschäft zuständig ist. Im September hatte Jaap Huijskes angekündigt, 2016 vorzeitig aus dem Vorstand auszuscheiden. Es wird also dünn im Führungsgremium. Hintergrund des Disputs im - neben dem Verbund - wichtigsten Energieunternehmen Österreichs sind Unklarheiten über die künftige Strategie der OMV, vor allem im schwierigen Gasgeschäft.

Aufsichtsrat und Vorstand werden ausgetauscht

Und hier kommt die staatliche ÖIAG ins Spiel, mit 31,5 Prozent der größte Aktionär der OMV. Zwar tauchen jetzt schon Gerüchte auf, Post-Chef Georg Pölzl zum OMV-Chef zu machen, die Politik allerdings schaut dem Treiben fassungslos zu. Dem Vernehmen nach haben Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner sowie Finanzminister Hans Jörg Schelling der ÖIAG-Spitze ihren Unmut deutlich ausgedrückt. Recht viel mehr ist im Moment aber (noch) nicht möglich. Denn das geltende - unter Schüssel-Kanzlerschaft verabschiedete - ÖIAG-Gesetz macht es der Regierung unmöglich, in das staatliche Unternehmen einzugreifen. Der Aufsichtsrat unter Siegfried Wolf bestellt sich selbst, und damit auch den Vorstand - das ist Rudolf Kemler.

Auch Experten im Verhandler-Team

Der unkontrollierte Kontrollverlust an der Telekom Austria, die nun von der mexikanischen America Movil gelenkt wird und nun die OMV-Zores beschleunigen allerdings die Regierungspläne, die ÖIAG zu reformieren. Das Verhandlungsteam der Regierung steht und wird kommende Woche bekanntgegeben. Es sind jeweils vier Vertreter, darunter auch Experten. Für die SPÖ wird AK-Direktor Werner Muhm mitverhandeln, im ÖVP-Team sitzt natürlich Finanzminister Schelling. Auch die "Chefs" dürften reingehen, Mitterlehner und für den Kanzler Josef Ostermayer. Vielleicht befindet sich auf ÖVP-Seite auch Stephan Koren im Team, ein unbestätigtes Gerücht.

Das neue ÖIAG-Gesetz soll möglichst früh im ersten Quartal 2015 durchs Parlament gehen. Unmittelbar danach wird der Aufsichtsrat neu besetzt, in dem wohl nur die Belegschaftsvertreter unverändert bleiben.

Noch im Oktober könnte der Abgang Kemlers fixiert werden. Sein Vertrag läuft zwar bis 2017, aber nur, wenn er bis Ende Oktober nicht gekündigt wird. Wäre dies der Fall, hätte Kemler noch ein Jahr. Dazu allerdings müsste sich der jetzige Aufsichtsrat durchringen.

"Aktive Wirtschaftspolitik", was immer das ist

In den kommenden Wochen wird festgelegt, was die Aufgabe der neuen ÖIAG sein soll. "Aktive Standort- und Wirtschaftspolitik" soll sie machen, das steht sowohl bei ÖVP als auch bei SPÖ außer Streit. Das bedeutet Infrastruktur. Bereits erwähnt wurde, dass die Verbund-Gesellschaft in die ÖIAG wandern soll, wo sie mit der OMV im Gasgeschäft auf Gemeinsamkeiten stoßen wird. Ebenfalls überlegt wird, die Asfinag in die Staatsholding einzubringen. Da deren Schulden nicht - im Gegensatz zur ÖBB - der Staatsschuld anzurechnen sind, fällt dies erstens leichter und zweitens soll die Asfinag stärker als Investitions-Instrument eingesetzt werden - Stichwort "aktive Wirtschaftspolitik". Auch die Bundesforste dürften ziemlich sicher in die künftige ÖIAG wandern.

Daneben wird die ÖIAG noch eine zweite Aufgabe erhalten, den Erwerb strategischer Beteiligungen an Leitbetrieben, wenn denen eine unfreundliche Übernahme droht. Ein Beispiel, das Regierungsvertreter im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" brachten: Sollte der weltgrößte und aus Indien stammende Stahlkonzern Arcelor Mittal versuchen, die Voestalpine zu übernehmen, soll diese "ÖIAG neu" in der Lage sein, größere Aktienpakete am Linzer Konzern zu erwerben. Allerdings, darauf legen sowohl befragte SPÖ- und vor allem ÖVP-Politiker Wert, nur temporär. Eine dauerhafte Beteiligung an Industrieunternehmen soll ausgeschlossen werden.

All dies muss nun in einen Gesetzesentwurf gegossen werden, der im Februar in den Nationalrat eingebracht werden soll. Derzeit kann die ÖIAG nur unter schwierigsten Umständen Beteiligungen erwerben, de facto arbeitet sie als Privatisierungsagentur.

Keine Länderbeteiligungenin die neue ÖIAG

Dieser Passus soll sich nach SPÖ-Meinung nicht mehr im Gesetz finden, die ÖVP ist davon noch nicht überzeugt.

Ebenfalls draußen bleiben im ÖIAG-Gesetz allfällige Übernahmen von Länder-Beteiligungen, da damit eine Umsetzung im ersten Quartal 2015 unmöglich wäre.

Auch die Idee, aus der ÖIAG eine Art Mittelstands-Beteiligungsgesellschaft zu machen, wird derzeit von Verhandlern als nicht sehr wahrscheinlich angesehen. Dafür gibt es die "aws" (Austria Wirtschaftsservice), die mittlerweile als Förderbank agiert. Auch die ÖBB werden nicht in die ÖIAG integriert.

Ebenfalls offen ist die Frage, wo diese neue ÖIAG angesiedelt wird. Ein Plan sieht vor, die ÖIAG aus dem Finanz- ins Wirtschaftsministerium zu transferieren. Dorthin ressortiert derzeit schon die Verbundgesellschaft. Ob der recht resolute Finanzminister Schelling diese Macht-Einbuße hinnimmt, ist offen, selbst wenn sich der Tausch innerhalb ÖVP-geführter Ministerien abspielt.

Immer mehr Experten stellen mittlerweile fest, wie unprofessionell die ÖIAG vorgeht. Der Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger bezeichnete die Vorgänge in der OMV als "Tragödie". Die Aktie verlor am Freitag erneut 2,6 Prozent und notiert nun bei 24,34 Euro. In einem Jahr hat die OMV 3,4 Milliarden Euro an Wert eingebüßt.

"Es ist ja auch die ÖIAG gewesen, die die bisherige Gasstrategie der OMV befürwortet hat, und der Vertrag von Gerhard Roiss wurde erst im Vorjahr verlängert", ist aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören. "Da hat irgendwer nicht aufgepasst."

Die Überlegungen, die ÖIAG einfach aufzulösen, sind damit nun endgültig passe. "Sie darf nicht wieder zum Spielball der Politik werden", warnen die oppositionellen Neos vorsorglich.