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Herbstlicher Baumschnitt bei ÖIAG

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Staatsholding könnte rasch GmbH werden, um im Frühjahr 2015 neu auszutreiben - Börsegang mit neuem Namen angestrebt.


Wien. "Fantasie im positiven Sinn", nannte es Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, als er bei der "Gewinn-Messe" einen Börsegang der ÖIAG grob skizzierte. Das ist recht gut beschrieben, denn die ÖIAG ist derzeit davon sehr weit entfernt. Noch stehen der Ärger über die Vorgänge um den OMV-Vorstand sowie der Kontrollverlust bei der Telekom Austria im Vordergrund. Eines ist der Regierung mittlerweile klar: Es muss rasch etwas geschehen. So ist es denkbar, dass die Regierung in Kürze eine Novelle zum ÖIAG-Gesetz einbringt, allerdings nur mit einem Schwerpunkt: Umwandlung der AG in eine ÖIAG GmbH.

Vereinfacht gesagt, ist in einer GmbH der Eigentümer dem Geschäftsführer gegenüber weisungsberechtigt. Der Aufsichtsrat könnte weiter bestehen, allerdings ohne die Bedeutung, die er heute hat. Finanzminister Schelling könnte Rudolf Kemler Aufträge erteilen, die dieser umzusetzen hat.

"Man könnte es mit einem Baumschnitt vergleichen", ist aus Regierungskreisen zu hören. "Zuerst wird zurückgestutzt und die Unternehmenskultur verbessert. Im Frühjahr kann die ÖIAG dann neu austreiben, mit neuen Aufgaben und Beteiligungen, die aber auch nicht sofort eingebracht werden müssen. Es wäre ein normaler Wachstumsprozess." Und wenn der Baum wieder Früchte trägt, um in diesem Bild zu bleiben, könnte die ÖIAG zu maximal 49 Prozent an die Börse gehen.

Finanzexperten können dem Plan einiges abgewinnen. "Wenn es gelingt, Beteiligungen zu bündeln, die im österreichischen Interesse liegen, könnten diese Aktien breit gestreut werden. Ein gutes Dividendenpapier mit dem Gefühl, etwas Gutes für den Wohlstand Österreichs zu tun, wäre für viele attraktiv, die derzeit zuschauen, wie ihr Geld am Sparbuch immer weniger wird."

Dem Vernehmen nach gab es dazu schon informelle Gespräche innerhalb des Verhandlerteams der Regierung.

Länder beteiligen,RAG übernehmen

Das neue ÖIAG-Gesetz soll möglichst breit aufgesetzt werden, um den Aktionärskreis öffnen zu können. Ein Beispiel: Wenn ein Bundesland seinen Landesenergieversorger in die ÖIAG einbringen möchte, könnte das Land dafür Anteile an der ÖIAG erhalten.

Derzeit sind Anteile an OMV, Post AG und Telekom Austria in der ÖIAG. Dazu könnte im kommenden Jahr die Verbundgesellschaft kommen. Aber auch andere Unternehmen, die im volkswirtschaftlichen Interesse liegen. So hält etwa die EVN derzeit die Mehrheit an der RAG, einem der größten Gasspeicherunternehmen in Europa. Die RAG würde gut zur ÖIAG neu passen.

Ein Börsegang der ÖIAG hätte - ist aus der ÖVP zu hören - den Charme, dass es eine Kontrolle des Kapitalmarktes gibt. Wenn die Regierung die ÖIAG wieder direkt in ihren Einflussbereich zieht, besteht die Gefahr, dass es politische Einflüsse gibt, die Unternehmen eher behindern. Die Vergangenheit hat dies eindrucksvoll gezeigt.

Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die ÖIAG auch ihren Namen ändern. "Die jüngsten Vorgänge haben den Namen ÖIAG stark angepatzt, da gibt es wohl kein Vertrauen mehr", ist aus Verhandlerkreisen schon jetzt zu hören. Vorschläge dazu gibt es noch nicht, dazu ist der Beschluss zu frisch, die ÖIAG vollständig umzubauen.

In Industriekreisen wird es auch für möglich gehalten, dass die Regierungs-Ankündigung, die ÖIAG zu einer GmbH zu machen, ausreicht, um den Aufsichtsrat unter Siegfried Wolf zum Einlenken zu bewegen. So ist es auch möglich, den Vertrag von ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler jetzt im Oktober zu kündigen, dann würde eine einjährige Frist zu laufen beginnen. Gleichzeitig könnte Wolf seinen Rücktritt erklären und der Aufsichtsrat eine Person wählen, die das Vertrauen der Regierung genießt. Auch so würde sichergestellt, dass in den kommenden Monaten keine unliebsamen Entscheidungen getroffen werden.

Jedenfalls will die Regierung - so ist aus Verhandlerkreisen zu hören - möglichst rasch die Opposition einbinden. Auch dort regt sich Unmut über die ÖIAG. "Dilettantisch", nannte es der Finanzsprecher der FPÖ, Hubert Fuchs. "Die ÖIAG neu ist längst überfällig", kommentierte die grüne Abgeordnete Gabriela Moser. "Die Kapitalerhöhung bei der Telekom war ein Wahnsinn", stellte die Klubobfrau des Team Stronach, Kathrin Nachbaur, fest.

Vernichtende Kritik an den ÖIAG-Verantwortlichen

Industrie-Manager sind da weniger vornehm. "Wer die Kontrolle über ein Unternehmen, also die Telekom, aufgibt, kassiert im Normalfall eine Prämie. Die ÖIAG zahlt eine", stellte Claus Raidl vor längerem fest.

Die Neos fürchten die Rückkehr des politischen Einflusses, räumen aber Fehler der ÖIAG ein.

Immerhin informierte Finanzminister Schelling schon gestern den Finanzausschuss im Nationalrat. Die Reformgruppe solle bis Ende November Ergebnisse liefern, so Schelling. In dieser sitzen Werner Faymann und Reinhold Mitterlehner, Schelling, Wolfgang Brandstetter, der Industrielle Norbert Zimmermann, Werner Muhm (AK) Erich Foglar (ÖGB), Brigitte Ederer (Ex-Siemens-Vorstand).

Da vieles bereits am Tisch liegt, wird es rasch gehen - so deren Einschätzung.

Die diesjährige Entwicklung der drei börsenotierten Gesellschaften der ÖIAG ist jedenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Der ÖIAG-Anteil an deren Börsewert sank - wegen der OMV - um 2,7 Milliarden Euro und steht nun auf dem Niveau von Ende 2012.

Während die Post eine recht stabile Entwicklung ankündigte und die Dividende halten kann, erwarten Analysten eine etwas geringere Dividendenausschüttung der OMV. Die Telekom Austria hat eine unveränderte Dividende in Aussicht gestellt, allerdings war das bereits im Mai.

Für 2013 hat die ÖIAG 154 Millionen Euro Dividende an die Republik ausgeschüttet, 2012 waren es 152 Millionen Euro. Das wird recht stabil bleiben, da die ÖIAG Gewinne vor sich herschiebt, die ein schlechteres Jahr ausgleichen.

SPÖ steht Börseplänenoffen gegenüber

Dem Vernehmen nach steht auch die SPÖ einem späteren Börsegang der ÖIAG (oder wie immer sie dann heißen wird), nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. Sie bevorzugt aber eine Obergrenze von 25 Prozent. Das daraus gewonnene Kapital kann für Beteiligungskäufe eingesetzt werden. Für OMV und Verbundgesellschaft bedeuten diese Pläne, dass sie am Ende doch unter ein gemeinsames Dach schlüpfen. 2007 war eine geplante Fusion noch mit Pomp gescheitert.