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Fernbusse nehmen Fahrt auf

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Fernbus-Anbieter starten neue Verbindungen innerhalb Österreichs - in Deutschland fordert der Preiskampf erste Opfer.


Wien. Busreisen haben offenbar ihr verstaubtes Image abgelegt: Vor allem jüngere Menschen, die wenig Geld, aber Zeit zur Verfügung haben, reisen in Fernbussen - eine Fahrt von Wien nach Berlin gibt es bereits ab 22 Euro. "Busse sind oft Alternativen zu Mitfahrzentralen. Die Busfahrt dauert manchmal etwas länger, ist aber deutlich günstiger als mit dem eigenen Auto oder der Bahn", sagt Bettina Engert, Leiterin der Kommunikation von FlixBus. Ludwig Richard, Geschäftsführer der Dr. Richard Firmengruppe, sieht in Fernbussen einen "absoluten Zukunftsmarkt in Österreich": "Wir wollen vor allem Kunden ansprechen, die bisher mit dem Auto unterwegs waren."

Die deutschen Anbieter MeinFernbus und FlixBus stocken hierzulande derzeit ihre Verbindungen kräftig auf: So baut FlixBus seine Kooperation mit Westbus aus und fährt ab Freitag erstmals Linien innerhalb Österreichs, und zwar von Linz nach Graz sowie von Wien nach Klagenfurt. Dazu kommt eine Strecke von Linz nach Prag. Westbus gehört zu 51 Prozent dem österreichischen Busunternehmen Blaguss, 49 Prozent hält die Rail Holding AG, die Muttergesellschaft der Westbahn. Gestartet ist die deutsche Nummer zwei FlixBus hierzulande im November 2013 mit der Linie Salzburg-München. Seit Juli arbeitet der deutsche Anbieter mit Blaguss zusammen und fährt mit Bussen auf Strecken wie von Wien nach München ab 19 Euro. Neue Verbindungen werden "zeitnah" folgen, kündigt Engert an.

Die grünen Doppelstockbusse des deutschen Marktführers MeinFernbus fahren ab 26. November - in Kooperation mit Dr. Richard - sechsmal täglich ab neun Euro von Wien nach Graz. Potenzial für weitere Verbindungen gebe es genug: "Wir starten mit der interessantesten Strecke. Vor allem auf der Nord-Süd-Achse gibt es aber weitere vielversprechende Strecken", sagt Richard, dessen Unternehmen mit etwas mehr als fünf Prozent an MeinFernbus beteiligt ist.

Auf der Schiene erweitert die Westbahn indes ihren Fernverkehr und bietet ab 14. Dezember jede Stunde in Salzburg eine Umsteigemöglichkeit auf die Bayrische Oberlandbahn Meridian nach München, sagt Westbahn-Sprecherin Angelika Veith. Das Ticket muss extra gekauft werden.

Billigere Tickets für Frühbucher

Die Fernbusfahrkarten werden vor allem über das Internet vertrieben. Ist der Bus nicht ausgebucht, können auch beim Chauffeur Tickets gekauft werden. Westbus-Tickets sind außerdem in Trafiken erhältlich, und auch mit Reisebüros und Agenturen arbeiten die Anbieter zusammen.

Analog zur Flugbuchung hängt der Busticket-Preis von Auslastung und Buchungszeitpunkt ab: Günstiger wird es, wenn Fahrgäste lange vorher einen Sitzplatz reservieren oder eine wenig nachgefragte Verbindung wählen, erklärt Richard. Bei Flixbus sind die Ticketpreise gestaffelt: Ist ein Kontingent ausgeschöpft, gibt es Karten zum nächsthöheren Preis.

"Die deutschen Nachbarn haben gezeigt, dass der Fernbusmarkt hochinteressant ist", sagt Richard. Doch während der Fernbusmarkt in Deutschland 2013 liberalisiert wurde, ist der Busbetrieb in Österreich zum Schutz der Schiene eingeschränkt. Private Busunternehmen müssen also um eine Konzession des Verkehrsministeriums ansuchen, bevor sie den Linienbetrieb auf einer Verbindung aufnehmen können. Von der Politik gebe es keine Signale, dass der Fernbusmarkt auch in Österreich liberalisiert werde, so Richard. Zum Ansuchen für einen Betrieb auf der Strecke von Salzburg nach Graz habe man noch keine Konzession erhalten.

Die Konzession für die Verbindung Wien-Graz besitzt die Dr. Richard Firmengruppe hingegen schon seit etwa 20 Jahren. Bisher habe allerdings der richtige Partner gefehlt. Mit MeinFernbus erwarte man sich nun Gewinn. Mit einer durchschnittlichen Auslastung von 50 Prozent in den ersten zwölf Monaten wäre Richard "sehr zufrieden". Auf der Strecke Zürich-München war das Unternehmen bereits nach fünf Monaten profitabel. In Österreich werde es länger dauern, bis der Betrieb kostendeckend sei, weil bisher wenige Österreicher mit Fernbussen reisen, sagt Richard. Er verweist darauf, dass die Busse neben dem Preis auch mit Bequemlichkeit und Haltestellen in der Innenstadt punkten.

Fernbus-Pionier insolvent

Ausschlaggebend für den Profit ist, zu welchem Preis die Tickets verkauft werden. Momentan sei der Preiskampf in Österreich noch nicht so hart, so Bettina Engert. Das liegt auch daran, dass einige Strecken derzeit nur von einem Busanbieter bedient werden. Der größte Mitbewerber im öffentlichen Verkehr ist dann die ÖBB, die mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember die Preise um durchschnittlich 1,1 Prozent erhöhen.

"Nur mit einem attraktiven Liniennetz und dem passenden Angebot kann man ausreichend viele Kunden begeistern und auch bei sehr günstigen Preisen wirtschaftlich erfolgreich sein. Der Fernbusmarkt ist definitiv rentabel, aber nur mit dem richtigen Konzept", sagt Jochen Engert, Geschäftsführer und Gründer von FlixBus. MeinFernbus schreibt heuer Gewinn, sagte MeinFernbus-Gründer Torben Greve bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Auch FlixBus peilt in diesem Jahr Profite an.

Wie ruinös der Preiskampf sein kann, zeigt Deutschland: Dort witterten nach der Liberalisierung zahlreiche Anbieter ein Geschäft, mittlerweile hat der Wettbewerb der rund 40 Anbieter seine Spuren hinterlassen. Auch der Ansturm von Fahrgästen während der Bahnstreiks in Deutschland konnte das nicht verhindern.

Der Fernbus-Pionier DeinBus.de, der 2011 mit einem Sieg vor Gericht gegen die Deutsche Bahn den Weg für Fernbusangebote in Deutschland ebnete, meldete in diesem Monat Insolvenz an. Der Betrieb des von Studenten gegründeten Unternehmens läuft vorerst weiter. Der Frankfurter Anbieter City2City stellte im Oktober seinen Betrieb ein.