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Bausparkassen leiden unter Niedrigzins

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Altverträge mit hohen Fixzinsen kosten die Bausparkassen in Zeiten von Rekord-Niedrigzinsen Gewinn. Die Kündigung von Altverträgen sei - anders als in Deutschland - hierzulande laut den Bausparkassen kein Thema.


Wien. Tausenden Deutschen wurde in den vergangenen Wochen ihr hochverzinster Bausparvertrag gekündigt - und auch in Österreich bestehen noch Altverträge, bei denen die Bausparkassen deutlich höhere Fixzinsen zahlen, als aktuell bei Neuverträgen angeboten wird. Die Rekord-Niedrigzinsen knabbern derzeit am Gewinn der Geldinstitute. Es werde zunehmend schwieriger, langfristige Kreditzinsen mit täglich fälligen Einlagen zu finanzieren, sagt Josef Schmidinger, Chef der s Bausparkasse.

Zwar wäre das Kündigen von hochverzinsten Verträgen auch für die s Bausparkasse angesichts der Minizinsen praktisch notwendig. "Die rechtliche Durchführung wäre aber nicht sehr erfolgsversprechend", so Schmidinger: "2015 müssen wir durch, 2016 reift eine größere Anzahl an fix verzinsten Bausparverträgen ab." Derzeit seien Verträge bei der s Bausparkasse durchschnittlich mit mehr als 1,7 Prozent verzinst. Für Neukunden beträgt die fixe Verzinsung ein Prozent für die gesamte sechsjährige Laufzeit.

Wüstenrot kündige keine Altverträge, so Sprecherin Andrea Krametter. Für die Raiffeisen Bausparkasse sei die Kündigung von Alt-Verträgen grundsätzlich kein Thema, heißt es auf Anfrage.

Anders als in Deutschland bleibe in Österreich der Fixzins nach Ablauf von sechs Jahren nicht bestehen, sondern werde in eine variable Verzinsung umgewandelt, so Schmidinger.

Bausparen zweckentfremdet

In Deutschland haben zahlreiche Kunden die weiterlaufenden, relativ hohen Zinsen als Alternative zum Sparbuch genutzt. Die Landesbausparkasse (LBS) Hessen-Thüringen, die zum 31. Mai 2015 rund 4500 Altverträge kündigt, begründet dies damit: Es sei nicht Vertragszweck, Anlegern zeitlich unbegrenzt eine festverzinsliche Kapitalanlage zu ermöglichen. Die betroffenen Verträge waren seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif, Kunden beantragten allerdings kein Darlehen. Die LBS Bayern hatte vor wenigen Wochen 26.000 gut verzinste Altverträge gekündigt - was rund 1100 Kundenbeschwerden zur Folge hatte.

Übersparen zahle sich in Österreich nicht aus, sagt Wüstenrot-Sprecherin Krametter: Die Zinsen für Beträge, die die Vertragssumme übersteigen, wurden mit 1. November 2013 auch für Altverträge zu einem marktüblichen Zinssatz verzinst. Als Übersparen wird bezeichnet, dass ein höherer Betrag angespart wird, als bei Vertragsabschluss als Darlehenssumme festgelegt wurde.

"Eine Kündigung würde das Vertrauen in das Produkt Bausparen erschüttern", sagt Schmidinger. Auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble fürchtete, dass eine Änderung im Bausparkassengesetz dem Vertrauen in den Bausparvertrag schaden könnte. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin wirbt im Finanzministerium für eine Gesetzesänderung, mit der Altsparer leichter gekündigt werden könnten, wie die "Wirtschaftswoche" berichtet.

Wohneigentum knapp

Angesichts der aktuell niedrigen Kreditzinsen sei die Anschaffung einer Eigentumswohnung als Vorsorge für das Alter interessant, so Schmidinger, der auch Chef der s Wohnbaubank ist. Beim Neubau von Eigentumswohnungen liege Österreich allerdings europaweit zurück. Schmidinger fordert daher, dass Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand - etwa Flächen der ÖBB in Wien - für den Wohnbau genutzt werden. Schmidinger: "80.000 bis 120.000 Wohneinheiten könnten gebaut werden, wenn man öffentliche Flächen verfügbar macht."

Bausparen bleibt beliebt

Auch wenn sich Sparen angesichts der Zinsen immer weniger lohnt - Sparbuch und Bausparer bleiben beliebt. Zwar sank die Anzahl der bestehenden Bausparkunden in den ersten neun Monaten 2014 um 1,05 Prozent auf 5,04 Millionen. Die Neuabschlüsse sanken um 3,7 Prozent. Die Einlagen erhöhten sich um 1,34 Prozent auf 20,68 Milliarden Euro. Die Ausleihungen bei den vier Bausparkassen start:bausparkasse, s Bausparkasse, Raiffeisen Bausparkasse und Wüstenrot gingen geringfügig um 0,15 Prozent auf 19,05 Milliarden Euro zurück. Die Auszahlungen (Finanzierungsleistung) stiegen um sechs Prozent auf 1,78 Milliarden.