Wien. (kle) Seit gut sieben Jahren ermittelt die Justiz in der Finanzaffäre um die frühere Immobiliengesellschaft Meinl European Land (MEL). Kurz vor Weihnachten hat die Staatsanwaltschaft Wien zum ersten Mal Anklage erhoben - wegen Untreue und versuchter fahrlässiger Krida. Fünf Repräsentanten der Meinl Bank wird die illegale Ausschüttung einer Sonderdividende von 225 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2008 vorgeworfen. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft hätte die Ausschüttung in dieser Höhe nicht erfolgen dürfen, denn aus der MEL-Affäre hätten Schadenersatzansprüche in dreistelliger Millionenhöhe gedroht. Und die Bank hätte damals entsprechende Rückstellungen dafür bilden müssen.
Die Anklage richtet sich gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden Julius Meinl, die beiden Vorstände Peter Weinzierl und Günter Weiss sowie zwei weitere Manager. Sie ist noch nicht rechtskräftig. Denn alle fünf Beschuldigten haben die Anklage nun beeinsprucht.
Rückstellungen für
Prozess-Risiken zu niedrig?
Weinzierl und Georg Schima, einer der Rechtsanwälte der Meinl Bank, übten am Montag scharfe Kritik am Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Wie sie vor Journalisten betonten, hätten sich alle Beschuldigten rechtmäßig verhalten. Die Ausschüttung der Dividende sei bilanz- und gesellschaftsrechtlich korrekt erfolgt. Die zu Jahresbeginn zugestellte Anklage sei daher "unhaltbar".
Weinzierl und Schima verteidigten die Rückstellungen des Instituts im Jahresabschluss 2008 für das Risiko von Anlegerklagen. Mit 10 Millionen Euro seien diese Rückstellungen hoch genug gewesen, sagte Schima. Die Summe habe fast die Hälfte der damals vorliegenden Anlegerklagen umfasst. Zudem habe die Meinl Bank für allgemeine Bankrisiken Rückstellungen in Höhe von 12 Millionen Euro vorgenommen - in Summe also rund 22 Millionen Euro, wie Weinzierl unterstrich.
Die Staatsanwaltschaft beziffert die damaligen Haftungsrisiken der Bank mit 250 Millionen Euro. Für Schima ist diese Höhe nicht nachvollziehbar. Hätte die Meinl Bank mehr Rückstellungen als notwendig gebildet, hätten sich die Organe Vorwürfe machen lassen müssen. Nicht nur der damals anwesende Staatskommissär habe keinen Einwand gegen die Sonderdividende gehabt, auch die Finanzmarktaufsicht und die Oesterreichische Nationalbank hätten keinen Handlungsbedarf gesehen, so sagte Weinzierl.
MEL-Affäre: Noch fast
1000 Anlegerklagen offen
Dass in der Anklageschrift von einem "Tatplan" die Rede ist, weil die Wortmeldungen der Hauptversammlung schon vorher entworfen waren, ist für Schima kein Beweis für unrechtmäßiges Vorgehen. Bei nahezu allen Hauptversammlungen nicht-börsenotierter Firmen werde so verfahren.
Weinzierl und Schima erklärten am Montag, die Anklage habe überhaupt keine rechtliche Basis. Über die nun erhobenen fünf Einsprüche wird nach Einschätzung des Anwalts nicht vor dem Sommer entschieden werden. Schima gab sich zuversichtlich, dass sie erfolgreich sein würden.
Zuletzt hatte die Bank von der Zivilrechtsfront rund um die Causa MEL vermeldet, dass zum Jahresende 2014 noch 967 Anlegerklagen offen gewesen seien. Insgesamt habe man bisher 2000 Zivilverfahren erledigt, den größeren Teil durch Vergleiche. Bis dato hätten 6364 Anleger (ein Teil davon hatte sich für Sammelklagen zusammengetan) Vergleichsangebote der Bank angenommen, was diese knapp 34 Millionen Euro kostete. Die Vergleiche sollen auch heuer fortgeführt werden. Zusätzlich musste die Bank in der MEL-Affäre geschätzt fast 30 Millionen Euro an Anwalts- und Verfahrenskosten aufwenden.