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Warum wählen sich Mitarbeiter nicht ihren Chef?

Von Walter Hämmerle

Wirtschaft

Unternehmen verschlafen den Wandel - neue, radikale Ideen sind notwendig.


Wien. Europa sorgt sich schon länger um seine Zukunft, das gilt auch für vermeintliche Vorbilder wie Deutschland und Österreich. Zwar ist der Wohlstand hoch, doch es mangelt an Innovationskraft - die Ära von Globalisierung und Digitalisierung bringt das schmerzhaft zum Bewusstsein, die technologische Führungsrolle der USA ist unbestrittener denn je. Vor diesem Hintergrund diskutierten am Montagabend auf Einladung des Europäischen Forum Alpbach und der "Wiener Zeitung" über "Einfalt statt Vielfalt - Wie Unternehmen den Wandel verschlafen" der deutsche Wirtschaftsquerdenker und Buchautor Thomas Sattelberger sowie Matthias Reisinger, Co-Gründer und Managing Director des Impact Hub Vienna.

Für Sattelberger liegt der Schlüssel für die Lösung der Innovationsblockade in den Unternehmen. Der ehemalige Personalvorstand der Deutschen Telekom plädiert deshalb für einen grundlegenden Wandel in der Unternehmens- und Managementkultur: "Die Menschen brauchen mehr Souveränität im Hinblick darauf, wann sie wie und wo arbeiten", so Sattelberger - und diese Flexibilität müsse sich auch in der Karrierelogik widerspiegeln. Es gehe darum, die Vielfalt an Zugängen und Lösungsmöglichkeiten zuzulassen, auch in der Persönlichkeit der Mitarbeiter. Und Sattelberger, der gefragte Personalmanager, liebäugelt auch mit radikalen Ideen: "Warum sollte man nicht auf Zeit Führungskräfte von den Mitarbeitern wählen lassen?"

Umgang mit Älteren und Migration wird entscheiden

Matthias Reisinger hat mit dem Impact Hub Vienna eine Plattform initiiert, die zum Ziel hat, Menschen mit kreativen Ideen mit Infrastruktur, Finanziers und anderen Gleichgesinnten zusammenzubringen, auf dass sich aus der Anfangsidee eine tragfähige Geschäftsidee entwickeln kann. Seine Diagnose: In Europa ist kein Mangel an kreativem Potenzial, woran es fehlt, sind die geeigneten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, dass dieses kreative Potenzial auch umgesetzt werden kann - und zwar ungeachtet von Geschlecht, Alter sowie sozialer und ethnischer Herkunft, erläutert Reisinger.

Der Umgang mit Älteren und mit Migration wird daher, so Sattelberger und Reisinger unisono, das Schlüsselthema für den Erfolg unserer Gesellschaften im Allgemeinen und den wirtschaftlichen Erfolg Europas im Besonderen. Für Unternehmen, klein wie groß, bedeutet dies ein Umdenken der eigenen Hierarchie- und Organisationsstrukturen - und zwar von ganz unten bis ganz nach oben. Und dann könnte es sogar sein, dass eine Führungskraft bei einem Bewerber vorstellt, und nicht immer nur umgekehrt.