
Wien. (apa/sf) Seit Jahren dümpelt der Frauenanteil in österreichischen Aufsichtsräten auf niedrigem Niveau vor sich hin. Nur jedes zehnte Aufsichtsratsmitglied in 30 von der WU untersuchten börsenotierten nichtfinanziellen Unternehmen ist eine Frau. Fast die Hälfte hat überhaupt keine weiblichen Aufsichtsräte. Für den Unternehmenserfolg ist Diversität - also neben Frauenanteil die Unterschiede in Nationalität, Alter, Berufserfahrung und Dauer der Amtszeit - jedoch nicht wesentlich, wie eine Studie des Instituts für Strategisches Management an der Wirtschaftsuniversität Wien ergeben hat. "Andere Aspekte als Diversität sind für den Unternehmenserfolg wohl wichtiger, was aber nicht heißt, dass mehr Diversität in den Aufsichtsräten gesellschaftspolitisch nicht wünschenswert wäre", so WU-Professor Werner Hoffmann.
"Am Ende ist kognitive Diversität entscheidend"
"Der Einfluss der Diversität, der sich in der öffentlichen Diskussion noch dazu auf die Geschlechterfrage reduziert, wird überbewertet", so Hoffmann. Von größerer Bedeutung für die Zusammensetzung eines Aufsichtsrates seien internationaler Background, Ausbildungs- und Sozialisationshintergrund oder Altersstruktur: "Ideal wäre eine junge Frau aus dem asiatischen Wirtschaftsraum mit technischer Ausbildung. Die ist aber schwer zu finden." Laut Studienautor Thomas Maidorfer ist der geringe Frauenanteil ein Defizit, bei anderen Kriterien wie beruflicher Hintergrund stehen die untersuchten Aufsichtsräte aber gut da. "Am Ende ist die kognitive Diversität entscheidend", so Maidorfer.
In der Studie haben sich zwei Arten von Aufsichtsgremien erfolgreicher Unternehmen herauskristallisiert: Aufsichtsräte mit hohem strategischen Einfluss und jene mit hoher Vergütung.
Zwei Typen erfolgreicher Aufsichtsräte
"Erfolgreiche Unternehmen sind nicht die mit dem aktivsten Aufsichtsrat", so Maidorfer. Vielmehr sei hohe Aktivität oft ein Zeichen der Krise und schlechten Unternehmenserfolg. Im Durchschnitt fanden 5,3 Sitzungen pro Jahr statt, die durchschnittlich rund vier Stunden dauerten.
Keine hohe Sitzungsaktivität ist beiden Aufsichtsratskonstellationen in erfolgreichen Unternehmen gemeinsam - wobei Erfolg über Gesamtkapitalrendite (Return on Assets) der vergangenen fünf Jahre definiert wurde. Beim ersten Typ mischt sich der Aufsichtsrat sehr stark in die strategische Ausrichtung ein. Dazu zählen Unternehmen, die einen dominanten Eigentümer haben, der seine Eigentümerinteressen auch über den Aufsichtsrat artikuliert. Beispiele dafür sind laut Hoffmann Unternehmen der B&C-Holding, etwa der Faserhersteller Lenzing, der Aluminiumproduzent Amag und Gummihandschuh-Hersteller Semperit, oder der Ölfeldausrüster Schoeller-Bleckmann Oilfield (SBO) mit seinem Hauptaktionär Norbert Zimmermann.
Beim zweiten Governance-Typ erfolgreicher Unternehmen erhalten Aufsichtsratsmitglieder eine relativ hohe Vergütung. Diese Konstellation sei typisch für Publikumsgesellschaften, wo der Aufsichtsrat die Interessen einer breiten Aktionärsstruktur wahrzunehmen habe. Die strategische Ausrichtung liege hier eher beim Vorstand, der Aufsichtsrat sei eher Kontrolleur und Sparringpartner des Vorstandes. Die relativ hohe Vergütung stehe für Qualität, Erfahrung, Wissen und Netzwerk der Aufsichtsräte. Für diese Aufsichtsräte gebe es einen preisgesteuerten Markt. Ein typisches Beispiel dafür sei Wienerberger.
Geringe Vergütung im internationalen Vergleich
Im Durchschnitt erhielt ein Aufsichtsratsvorsitzender gut 23.000 Euro jährlich an Vergütung, ein normales Mitglied 12.600 Euro. Ein Vorsitzender erhielt zwischen 9000 und 60.000 Euro, ein Mitglied zwischen 4000 und 30.000 Euro. Dazu kamen noch Sitzungsgelder von durchschnittlich 707 Euro und Ausschussgelder von durchschnittlich 964 Euro. Zum Vergleich: Die Aufsichtsratsvorsitzenden der 30 DAX-Unternehmen erhielten laut der Unternehmensberatung Towers Watson 2014 im Durchschnitt 365.500 Euro.
Diversität - und damit verbunden eine Frauenquote - ist immer wieder Auslöser von Diskussionen. Die Arbeiterkammer fordert seit längerem eine Frauenquote von 40 Prozent bei der Besetzung von Aufsichtsratsmandaten.
Unter den deutschen Top-200-Unternehmen liegt der Frauenanteil bei 18 Prozent. Ab 2016 müssen 30 Prozent aller Aufsichtsratsposten in 108 börsenotierte Unternehmen in Deutschland mit Frauen besetzt werden, sonst bleibt der Stuhl leer. 3500 mittelgroße Unternehmen, die mitbestimmungspflichtig oder börsenotiert sind, müssen sich selbst auf eine Frauenquote festlegen.