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Die Länder werden kämpfen

Von wh

Wirtschaft

Für die Bundesländer steht sehr viel auf dem Spiel.


Wien. Landes-Sanierungs- und Abwicklungsgesetz - kurz LaSAG genannt: Das ist der jüngste Alptraum der neun Bundesländer. Experten, wie der Föderalismusforscher Peter Bußjäger oder der Insolvenzrechtsspezialist Hans-Georg Kantner sagen, Österreich brauche dringend ein solches. Und noch viel wichtiger: Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ist der gleichen Ansicht.

Experten und Mittelehner:Ja zu Landes-Insolvenzrecht

Nur von den neun Bundesländern ist dazu seit Tagen kein Sterbenswörtchen zu erfahren. Kein Wunder: Die gesetzliche Festschreibung eines Insolvenzrechts für die öffentliche Hand, von dem neben den Ländern im optimalen auch Bund und Gemeinden erfasst sein sollten, würde die politische Stellung der Landesfürsten von Grund auf erschüttern. Ins Wanken gebracht hat diese bereits der Satz von Finanzminister Hans Jörg Schelling, wonach der Bund nicht für die Länder hafte. Ein Konkursrecht würde das Machtverhältnis nun endgültig wieder vom Kopf auf die Füße stellen. Derzeit steht es in vielen Fällen auf demKopf, weil die Länder in Verfassungsfragen wegen ihrer politischen Verhandlungsmacht am längeren Hebel sitzen.

Doch ein Insolvenzrecht für die öffentliche Hand ist nun aus dem Sack - und wird so schnell nicht wieder aus der politischen Debatte verschwinden. Dafür sorgen nicht nur die Erfahrungen mit der Hypo Alpe Adria und die damit verbundenen Haftungsmilliarden des maroden Kärnten, sondern auch die ansonsten üppigen Schulden und Haftungen der restlichen Bundesländer. Die Geschichte kann sich also wiederholen - und dafür wollen Mitterlehner und Schelling jetzt Vorsorge treffen. Ob sie es auch politisch umsetzen können, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Dass die Länder nicht gewillt sind, so einfach klein beizugeben, zeigte sich am Mittwoch, als sich die Landesfinanzreferenten in Wien zu einem Krisentreffen im Palais Niederösterreich - das Land führt derzeit den Vorsitz in der Landehauptleutekonferenz - trafen. Nach einer mehrstündigen Sitzung erklärte der niederösterreichische Vertreter, Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka, dass die Länder zwar zu ihren Haftungen stehen, die sich aus den Verpflichtungen der Pfandleitstelle der Landeshypothekenbanken ergeben. Er fügte jedoch an, dass sie sehr wohl auch ihre Belastungen gegenüber dem Bund geltend machen wollen.

Länder werden nichtfreiwillig klein beigeben

Übersetzt aus der Formelsprache heißt das: Die Länder werden sich nicht ohne Widerstand in ihr finanzielles Schicksal fügen, sondern versuchen, das Risiko an den Bund weiterzureichen. Damit ist ein politisches Konfliktfeld
definiert, dass jenem um die Finanzierung der Steuerreform um nichts zurücksteht. Nur stehen einander hier nicht SPÖ und ÖVP gegenüber, sondern der Bund und die Länder.

Warum aber läuten überhaupt die Alarmglocken?

Die Heta schuldet den Hypos über die gemeinsame Pfandbriefstelle (siehe Wissenskasten) stolze 1,2 Milliarden Euro. Da sie nun als Zahlerin ausfällt (eine erste große Tranche in Höhe von 580 Millionen Euro wäre Mitte Juni zu tilgen), droht der Pfandbriefstelle die Pleite, sofern die Hypos, die für Schulden innerhalb ihres Sektors solidarisch haften, die absehbare Liquiditätslücke nicht schließen. Von der Gesamtsumme werden bis zum Ablauf des Zahlungsmoratoriums fast 800 Millionen Euro fällig. Auf jede der acht Hypobanken würden somit Kosten von jeweils rund 100 Millionen Euro entfallen - und damit indirekt auch auf die Länder, die für ihre Hypos haften.

Falls die Hypos die nötigen Mittel nicht aufbringen könnten, müssten demnach die Länder einspringen - und zahlen. Bezogen auf die Gesamtsumme von 1,2 Milliarden Euro wären es für jedes Finanzinstitut des Hypo-Sektors rund 150 Millionen Euro. Diese Zahl haben zuletzt auch Günther Platter und Josef Pühringer, die Landeschefs von Tirol und Oberösterreich, genannt. Was die Sache bei der Pfandbriefstelle obendrein besonders brisant macht: Im Fall einer Insolvenz wären all ihre Emissionen - 5,6 Milliarden Euro - zur sofortigen Rückzahlung fällig.

Horrorszenarien aus Sichtder Bundesländer

Für die Länder zeichnen sich Horrorszenarien ab, die aus ihrer Sicht zu verhindern sind. Bei ihrem Krisentreffen ging es darum, wie die Liquidität der Pfandbriefstelle gesichert werden kann und wie nach dem Heta-Zahlungsstopp strategisch vorgegangen wird. Zweifel an der Solidarhaftung der Hypos gab es nicht.

Unterdessen hat der Grüne Werner Kogler, Fraktionsführer im Hypo-U-Ausschuss, der Bundesregierung einen Schulterschluss angeboten, um den von Finanzminister Schelling vorgeschlagenen Weg, wonach die Steuerzahler nichts mehr für die Heta bezahlen sollen, zu unterstützen.

Zur Pfandbriefstelle der Hypos

Die Pfandbriefstelle der österreichischen Landes-Hypothekenbanken begibt Wertpapiere für die Landes-Hypothekenanstalten. Die anderen Hypos haften für die Papiere solidarisch. Das heißt, dass sie sofort einspringen müssen, wenn eine Hypo - wie etwa jetzt im Fall der Heta (vormals Hypo Alpe Adria) - ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommt. Dazu ist keine Insolvenz nötig. Die Bundesländer haften dann für ihre Hypos.

Wer also einen über die Pfandbriefstelle begebenen Pfandbrief der Heta hält, kann diesen bei Zahlungsverweigerung direkt bei der Pfandbriefstelle einlösen. Wenn die anderen Hypos nicht zahlen können, müssen die Bundesländer sie mit Kapital ausstatten. Die Hypos die einspringen, haben dann eine Forderung gegen die Heta beziehungsweise gegen Kärnten als haftendes Bundesland.

Laut dem Bescheid der Finanzmarktaufsicht (FMA) hat die Heta über die Pfandbriefstelle Pfandbriefe im Wert von 1,2 Milliarden Euro emittiert. Davon sind Papiere im Wert von 800 Millionen Euro bis 31. Mai 2016 fällig, dem Ende des Zahlungsmoratoriums, das von der FMA verhängt wurde. Die größten Brocken sind dabei heuer am 15. Juni mit 580 Millionen Euro und 2016 am 26. Jänner mit 125 Millionen Euro zurückzuzahlen. Dazu kommen Fälligkeiten am 10. April (7,5 Millionen), 15. Juni (7,5 Millionen), 10. August (30 Millionen) und 30. Dezember (47 Millionen).

Moody’s hat erst im Februar die Pfandbriefbank-Wertpapiere mit A2 geratet, allerdings mit dem Hinweis, dass sich das Rating verschlechtern könnte, sollten Entscheidungen der Republik Österreich im Zusammenhang mit der Heta die Anleihestruktur der Pfandbriefbank belasten.

Die Pfandbriefstelle, die einem eigenen Bundesgesetz, dem sogenannten Pfandbriefstelle-Gesetz unterliegt, ist ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut. Sie hat mit 15. Jänner 2015 ihre Bankaktivitäten an die hundertprozentige Tochter Pfandbriefbank übertragen.