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"Bombe" für die Tourismusindustrie

Von Sophia Freynschlag aus Berlin

Wirtschaft

Online-Zimmervermittler wie Airbnb sind laut Branchenkennern nicht nur ein Hype.


Berlin. "Wir stehen vor einer Zerstörung alter Strukturen. Hotels werden sich enorm umstellen müssen", sagt Burkhard Kieker, Geschäftsführer von VisitBerlin. Als "Bombe für die Tourismusindustrie" bezeichnet er Unternehmen wie die Online-Unterkunftsvermittler Airbnb und 9flats oder den Taxidienst Uber. Zusammengefasst werden diese Angebote unter dem Begriff Sharing Economy - und diese ist weit mehr als ein temporäres Phänomen, ist Beraterin April Rinne überzeugt.

Airbnb biete sechs Jahre nach seiner Gründung so viele Zimmer für Urlauber an wie Hilton innerhalb von 93 Jahren, skizzierte Rinne das rasante Wachstum der Sharing Economy auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin. Allein in Wien können über die Onlineplattform mehr als 1000 Unterkünfte gebucht werden. Über den deutschen Konkurrenten 9flats sind mehr als 600 Unterkünfte verfügbar.

Rinne, die beim World Economic Forum die Sharing Economy Arbeitsgruppe leitet, strich die positiven Seiten der Sharing Economy hervor: Das Teilen von Unterkünften erlaube mehr Menschen - auch mit begrenztem Budget - zu reisen und vergrößere den Gesamt-Kuchen an Reisenden. Angesichts von steigenden Bevölkerungszahlen müssten Ressourcen effizienter genutzt werden.

Kein Disneyland

Hoteliervereinigungen stehen der neuen Konkurrenz jedoch kritisch gegenüber. "Für uns ist das keine Sharing, sondern eine Shadow Economy (Schattenwirtschaft, Anm.)", so Markus Luthe, Chef des Hotelverbands Deutschland (IHA).

Die Ursprünge der Vermittlungsplattformen liegen im Couch Surfing. Es sollte Touristen ermöglich werden, ihren Urlaubsort wie Einheimische zu erleben. Längst bieten aber auch Vermieter über die Plattformen ihre Zweitwohnungen das ganze Jahr über für Touristen an.

Die vermehrte Vermietung von Unterkünften an Urlauber verschärfe die Wohnungsnot, meint Kieker: Dies könnte zu Verhältnissen wie in Venedig führen, befürchtet er ein "Disneyland", bei dem die Authentizität verloren gehe. In Städten wie Berlin soll eine Verordnung die Zweckentfremdung von Mietwohnungen verhindern. Bei 9flats kommen laut Geschäftsführer Roman Bach 65 Prozent des Umsatzes über professionelle Anbieter von Apartments, Apartmenthäusern und ganzen Blocks. 10 Prozent der Buchungen entfallen auf Studenten und Private, die ihre Wohnung während ihrer Abwesenheit vermieten. Der Rest bewege sich in einem freien Raum, für den es keine Regeln gebe.

Den Hoteliers sind die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen ein Dorn im Auge. Hotels müssten Sicherheits-, Hygiene- und Brandschutzvorschriften einhalten, während es für Anbieter über die Online-Zimmervermittler keine Regulierung gebe, so Luthe. Für Sharing Economy müssten bestehende Regulierungen angepasst werden, ist auch Rinne überzeugt. Auch Bach meint: "Wir brauchen klare Regeln, sonst können wir kein nachhaltiges Geschäft aufbauen."