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Staatsholding ÖBIB krempelt Aufsichtsräte um

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

"Frauen-Power" in den Gremien - Nachfolger von OMV-Chef Gerhard Roiss wird am Freitag bestellt.


Wien. Es kommt nicht oft vor, dass die Regierung über Personalien in Staatsunternehmen Stillschweigen bewahrt. Meist apern Kandidaten im Vorfeld heraus - entweder um Fakten zu schaffen, oder um jemanden zu verhindern. Bei der ÖIAG-Nachfolgegesellschaft ÖBIB (Österreichische Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH) geschah das seltene Ereignis, was damit zusammenhängt, dass die betroffenen Gesellschaften OMV, Post und Telekom Austria allesamt börsenotiert sind.

Gestern, Mittwoch, konstituierten sich die beiden Staatssekretäre Harald Mahrer und Sonja Steßl mit den beiden nominierten Experten Günther Geyer (Städtische Versicherungsverein) und Wolfgang Leitner (Andritz) als neuer ÖBIB-Beirat - und gaben die neuen Aufsichtsräte in OMV, Post und Telekom Austria bekannt.

In der OMV steht ein Richtungsentscheid bevor

Besonders interessant ist sicherlich der OMV-Aufsichtsrat: Neu ins Gremium ziehen Gertrude Tumpel-Gugerell (die frühere EZB-Direktorin) und Peter Oswald, Chef des Papierkonzerns Mondi ein. Oswald trat bei Mondi die Nachfolge von Veit Sorger an, der auch Präsident der Industriellenvereinigung war. Sie werden Noch-ÖIAG-Chef Rudolf Kemler und Wolfgang Berndt ersetzen.

Damit wird Rudolf Kemler als Noch-Aufsichtsratschef am Freitag in einer kuriosen Situation sein. Er kennt seinen Nachfolger bereits, muss aber selbst die Nachfolge von OMV-Vorstandsvorsitzendem Gerhard Roiss entscheiden, der offiziell mit 30. Juni ausscheidet. Gerüchte, wonach Roiss bleiben könnte, haben sich als haltlos herausgestellt.

Kemler wird am Freitag, ist aus informierten Kreisen zu hören, die Vorgaben des neuen ÖBIB-Beirats erfüllen. Dessen erste Vorsitzende ist nun Staatssekretärin Sonja Steßl, der Vorsitz wechselt allerdings im Jahresrhythmus. Ex-OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer, der als Manager einen exzellenten Ruf genießt, wird von der ÖBIB in den Aufsichtsrat der Telekom Austria berufen. Ruttenstorfer dürfte stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender werden. Ebenfalls neu in den Telekom-Aufsichtsrat wird Karin Exner-Wöhrer einziehen, deren Familie die SAG (Salzburger Aluminium) kontrolliert.

Auch den Post AG-Aufsichtsrat werden zwei Frauen verstärken. Dort werden die beiden jetzigen ÖIAG-Manager Kemler und Leonhartsberger abberufen. Herta Stockbauer, Vorstandsdirektorin der Bank für Kärnten und Steiermark, wird ins Gremium gewählt und auch Edeltraud Stiftinger, Geschäftsführerin der staatlichen Förderbank "aws" (Austria Wirtschaftsservice).

Die anderen sechs Aufsichtsräte bleiben, unter ihnen auch Erich Hampel. Der Ex-Banker kennt die Post bestens, da er in den 1990er Jahren Chef der PSK war.

Insgesamt wird der Frauenanteil in den staatlichen Aufsichtsräten deutlich erhöht, eine erste Konsequenz der Umwandlung der ÖIAG in die ÖBIB. Damit wird die "Entpolitisierung", ein Kernstück der Schüssel’schen Wirtschaftspolitik, endgültig zu Grabe getragen. Denn bisher erneuerte sich der ÖIAG-Aufsichtsrat selbst. Die Regierung als Eigentümervertreter hatte kein Mitspracherecht. Kritiker wie AK-Direktor Werner Muhm bezeichneten das Gremium als "Freundeskreis der Papier- und Autozulieferindustrie".

"Entpolitisierung" der ÖIAG als Konzept gescheitert

Bei der Regierungsklausur in Schladming im Herbst 2014 wurde eine ÖIAG-Reform beschlossen. Dem waren viele kritische Entscheidungen vorangegangen. So ließ die ÖIAG ohne Gegenwehr die Übernahme der Telekom Austria durch den Telekomkonzern des mexikanischen Unternehmens Slim zu - und beteiligte sich trotz Kontrollverlust noch an einer Kapitalerhöhung.

Bei der OMV schaute die ÖIAG tatenlos zu, wie sich der dortige Aktionärspartner aus Abu Dhabi mit Vorstandsvorsitzendem Gerhard Roiss ein hartes Match um die Kontrolle der Petrochemie-Tochter Borealis lieferte.

Insgesamt reduzierte sich der Börsewert der drei ÖBIB-Gesellschaften im Jahr 2014. Für dieses Jahr zahlte die Gesellschaft 125 Millionen Euro Dividende an den Bund. Die Ablöse von Rudolf Kemler als Holding-Chef wird - wegen der notwendigen Ausschreibung - noch etwas dauern. Der Job ist allerdings nach der Umwandlung in eine weisungsgebundene GmbH weniger attraktiv geworden.