Zum Hauptinhalt springen

Syndikate durch Reform bedroht

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Durch Gesetzesänderung könnten Syndikate unerwartet gekündigt werden, warnt Wolf Theiss.


Wien. Die Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GesbR) führt zu Unsicherheit bei Syndikatsverträgen, warnt Christian Hoenig, Gesellschaftsrechts-Partner der Anwaltskanzlei Wolf Theiss. Häufig sind Syndikatsverträge unbefristet und ohne Kündigungsmöglichkeit - das könnte nun als gesetzeswidrig eingestuft werden. Ein oder mehrere Syndikatsmitglieder könnten unerwartet kündigen, bevor Verpflichtungen aus dem Vertrag (etwa ein Finanzierungsbeitrag) erfüllt werden.

"Das betrifft nicht nur große Unternehmen, sondern auch Familienunternehmen", sagt Hoenig. "Viele wissen gar nicht, dass sie betroffen sind." Syndikatsverträge werden rechtlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eingestuft, deren Regeln im 27. Hauptbuch des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch Anfang 2015 nach mehr als zwei Jahrhunderten reformiert wurden.

Bis zu einem Drittel der größeren Betriebe betroffen

Mit der Gesetzesänderung wird ein Kündigungsverzicht für unzulässig erklärt und die maximal zulässige Vertragsdauer auf eine "angemessene Frist" beschränkt. Hoenig geht davon aus, dass mehr als 30 Jahre unzulässig sind. Im üblichen Interesse von Syndikaten sollte es möglich sein, diese "auf die Dauer der Hauptgesellschaft" abzuschließen, so Hoenig.

Bis zu einem Drittel der größeren österreichischen Unternehmen haben Syndikatsverträge abgeschlossen, schätzt der Gesellschaftsrechts-Experte. In diesen vertraulichen Verträgen wird typischerweise gemeinsames Stimmverhalten in General- oder Hauptversammlung der Unternehmensträgergesellschaft vereinbart, aber auch Finanzierungspflichten oder Beschränkungen beim Verkauf von Unternehmensanteilen. So hat etwa die Telekom Austria mit der Staatsholding ÖBIB und mit dem Mehrheitsaktionär America Movil unter Carlos Slim einen Syndikatsvertrag abgeschlossen, ebenso wie die OMV mit der ÖBIB und dem Abu-Dhabi-Staatsfonds IPIC.

Die Kündigungsmöglichkeiten treten für bestehende Gesellschaften frühestens mit 1. Juli 2016 in Kraft, heißt es vom Justizministerium. Beim Syndikat stehe das Element des beständigen gemeinsamen Vorgehens und Abstimmungsverhaltens im Vordergrund, eine leichte Kündigungsmöglichkeit stehe dem entgegen.

Justizministerium will Rechtsfrage prüfen

Für neue Verträge rät Hoenig, Syndikate auf 30 Jahre oder auf die Unternehmensdauer abzuschließen und dies nachvollziehbar zu begründen. Gesellschafter, die vor 2015 einen Syndikatsvertrag abgeschlossen haben, können eine Übergangsfrist bis Ende 2021 nutzen - indem ein Gesellschafter bis 30. Juni 2016 gegenüber den anderen Gesellschaftern erklärt, dass er im alten System bleiben möchte. Bis 2022 werde es wahrscheinliche Judikatur zur Rechtsfrage der Kündigung geben, erwartet Hoenig.

Im Justizministerium verweist man auf die Übergangsfrist: "Es bleibt somit noch genug Zeit zur Prüfung dieser Frage und für allfällige Vertragsanpassungen."