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Staat bleibt Sparern gnädig

Von Karl Leban

Wirtschaft

Trotz EU-Richtlinie will sich der Staat bei der Einlagensicherung nicht komplett zurückziehen.


Wien. Es war der erwartete Rundumschlag: Am Dienstagabend hat Fitch als erste der drei großen Ratingagenturen dutzenden Banken in Europa, auch österreichischen, schlechtere Noten für deren Kreditwürdigkeit verpasst. Der Grund: In den Augen der Bonitätswächter können Geldhäuser bei künftigen Krisen nicht mehr damit rechnen, dass sie mit Steuergeldern gerettet werden. Denn die neue EU-Bankenabwicklungsrichtline sieht vor, den Staat im Krisenfall draußen zu halten und die Gläubiger bluten zu lassen. Österreich wendet die neuen Regeln bereits an - bei der Hypo-Alpe-Adria-Nachfolgerin Heta.

Flankierend zum einheitlichen Mechanismus zur Bankenabwicklung, an dem ein von den Instituten ab 2016 zu dotierender Fonds hängt, soll im Euroraum künftig auch eine neue, einheitliche Einlagensicherung etabliert werden. Eine entsprechende EU-Richtlinie gibt hier ebenfalls vor, dass die Banken für Krisenfälle selber vorsorgen müssen, indem sie einen eigenen Fonds speisen, und somit der Staat mit dem Schutz der Sparer nichts mehr zu tun haben soll.

Gesetzesnovelle soll im Juli beschlossen werden

Österreich ist gerade dabei, diese Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die Begutachtung eines Entwurfs des Finanzministeriums für die neue Einlagensicherung ist bereits abgeschlossen. Im Ministerium war am Mittwoch zu hören, dass die Gesetzesnovelle vom Parlament in der ersten Juli-Hälfte - vor der Sommerpause - beschlossen werden soll.

Wobei der bisherige staatliche Sparerschutz auch in Zukunft gelten und nicht ganz wegfallen werde, wie betont wird. Zwar sollen die Institute gemeinsam in einen Fonds einzahlen (rund 1,5 Milliarden Euro über zehn Jahre), womit ihre derzeitigen sektoralen Sicherungssysteme aus gegenseitigen Haftungen dann Geschichte sind. Für extreme Notfälle ist aber laut Finanzministerium weiter vorgesehen, dass der Staat - anders als bei der Abwicklung von Banken - doch als letzte Instanz einspringt, um Sparer schadlos zu halten.

Vor allem der Oesterreichischen Nationalbank ist das ein besonderes Anliegen. "Zur Sicherstellung des Vertrauens der Einleger in das neue Einlagensicherungssystem sollte der Bund in Notfällen weiterhin die Möglichkeit besitzen, über eine Bundeshaftung die Finanzierung von Einlagensicherungsfällen sicherzustellen", hält die Notenbank in ihrer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf fest. Zumal "der Wegfall der nach Ausschöpfen aller Finanzierungsmöglichkeiten als Ultima Ratio dienenden gesetzlichen Möglichkeit für den Bund zur Übernahme von Haftungen das Vertrauen der Einleger in das neue Einlagensicherungssystem schwächen und die Gefahr von Bankruns in systemischen Krisenfällen erhöhen könnte". Ein kompletter Rückzug des Staates aus der Einlagensicherung würde - unabhängig von solchen Krisenfällen - auch das Risiko bergen, dass Sparer schon jetzt in Scharen ihr Geld von den Banken abziehen, weil sie dafür derzeit ohnehin kaum Zinsen bekommen und es zu Hause sicherer wähnen. Für die heimischen Institute ein alles andere als rosiges Szenario, heißt es bei Finanzexperten.

Vier Einlagensicherungsfälle in der Zweiten Republik

Im Finanzministerium wird das neue System als "sehr sicher" gepriesen. Dabei wird für den Sparer (respektive den Kontoinhaber) im Gegensatz zu den Banken alles beim Alten bleiben. Sein Guthaben soll pro Bank wie europaweit schon bisher bis zu einem Betrag von maximal 100.000 Euro gesichert sein.

Müssen die Institute für die Sicherung von Einlagen Geld künftig vorab aufstellen, müssen sie das nach der bisherigen Regelung aufgrund ihrer Solidarhaftungen erst dann tun, wenn der Schadenfall eintritt. Nach dem jetzigen System muss die ersten 20.000 Euro eines Sparers die jeweilige Sektor-Einlagensicherung tragen (Sparkassen, Volksbanken, Raiffeisen, Hypos, Privatbanken). Für Einlagenbestandteile von 20.000 bis 50.000 Euro kann - falls nötig - auch auf die Einlagensicherung der anderen Sektoren zurückgegriffen werden. Nur in letzter Konsequenz springt der Bund ein, um die auf 100.000 Euro fehlenden Teilguthaben zu refundieren.

Allerdings war das in Zweiten Republik noch nie der Fall, weil es sich bei den bisherigen Bankinsolvenzen um durchwegs "kleine Fische" handelte. 1995 ging die Bank für Handel und Industrie pleite, 1998 die Diskont Bank und die Riegerbank und im Jahr 2001 die Trigonbank. Von diesen vier Konkursen waren unterm Strich ungefähr 20.000 Sparer betroffen, für sie brachte die Einlagensicherung der haftenden Banken insgesamt umgerechnet 140 Millionen Euro auf, ohne dass der Staat finanziell aushelfen musste.

Refinanzierung für Volksbanken künftig teurer?

Bei der jüngsten Rating-Herabstufung europäischer Banken durch Fitch sind auch vier große heimische Institute nicht ungeschoren davongekommen. Raiffeisen Bank International (RBI), Bank Austria, Erste Group und Volksbankenverbund haben die relativ gute Note A verloren. Die RBI wird jetzt - nicht zuletzt auch wegen ihres starken Engagements in den Krisenländern Russland und Ukraine - mit BBB bewertet, Bank Austria und Erste mit BBB+.

Am stärksten ist indes der in Umbau befindliche Volksbankenverbund herabgestuft worden: um sieben Stufen auf BB-. Dieses Rating gilt als spekulative Anlage und bewegt sich im Ramschbereich. Die Volksbanken betonen, dass sich die Note auf ihre alte Verbundstruktur bezieht.

Wie berichtet, wird der neue Verbund Anfang Juli mit der Herauslösung der ÖVAG und deren Umwandlung zu einer Abbaufirma um Altlasten erleichtert. Fitch stellt deshalb auch eine Verbesserung um zwei Stufen in Aussicht, geht allerdings nicht davon aus, dass der neue Volksbankensektor in näherer Zukunft eine Note erhält, die sich nicht mehr im spekulativen Bereich bewegt. Zu risikobehaftet sei das Fusionieren der Volksbanken von 41 auf acht größere Institute.

Im Regelfall bedeuten schlechtere Ratings, dass die Refinanzierung teurer wird. Die jetzigen Herabstufungen in der Bankenbranche seien jedoch vom Markt erwartet worden und bereits eingepreist, sagen Fachleute. Die Auswirkungen auf die Refinanzierung sollten daher überschaubar bleiben. Fragt sich nur, ob das auch auf die Volksbanken zutrifft.