Wien. Kommen die Ermittler der Bundeswettbewerbsbehörde mit einem Hausdurchsuchungsbefehl in ein Unternehmen, reagieren die Beschäftigten unterschiedlich auf diese Stresssituation: "Manche Mitarbeiter finden eine Hausdurchsuchung ,cool‘, weil sie sich wie in einer Fernsehserie fühlen, andere sind verängstigt", erzählt Natalie Harsdorf, stellvertretende Geschäftsstellenleiterin der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).

In den vergangenen vier Jahren hat die Behörde 83 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Die Ermittler können sofort mit dem Durchsuchen beginnen und müssen nicht auf einen Firmenanwalt warten. "Das Klima bei der Hausdurchsuchung hängt von der Unternehmensleitung ab", sagt Harsdorf.

Die Unternehmen sind im Vorfeld nicht informiert, dass die BWB eine Hausdurchsuchung plant. "Es soll ein Überraschungsmoment geben", sagt Harsdorf. Mitarbeiter an der Rezeption sollten deshalb instruiert sein, wem sie melden, dass acht bis zehn Ermittler am Empfang warten, rät Hanno Wollmann, Partner bei Schönherr Rechtsanwälte. Eine wichtige Rolle spielen die IT-Experten in der Gruppe, und (bewaffnete) Polizisten sichern bei Bedarf das Firmengelände. Mitarbeiter sollten auf keinen Fall bei der Razzia mit den Ermittlern "plaudern" und Details über Absprachen verraten, so Wollmann.

Beweise vernichten "in Zeiten von E-Mail fast unmöglich"


Spuren zu beseitigen zahle sich nicht aus, so Wollmann: "Es ist in Zeiten von E-Mail fast unmöglich, jegliche Evidenz für Wettbewerbsverstöße zu vernichten." Vielfach wurden Preisabsprachen mündlich getroffen. Auch über den Kurznachrichtendienst Whatsapp oder Chatrooms wurden schon Absprachen gefunden.

Zur Sicherung kann die Behörde bei der Razzia Unterlagen, Schränke oder ganze Räume versiegeln - das spart den Ermittlern die früher üblichen Nachtschichten in Firmen. Auch Unternehmen können die Versiegelung von Unterlagen verlangen, wie es Spar und Rewe gemacht haben.

Für die Sicherstellung von IT-Daten darf auch forensische Software eingesetzt werden. So war der Einsatz des von Spar als "illegale Spionagesoftware" kritisierten IT-Programms rechtens, wie der Verwaltungsgerichtshof vergangene Woche mitteilte.

Klare Anweisungen der Geschäftsleitung zu Absprachen gebe es so gut wie nie, so Wollmann. "Manche Geschäftsführer von betroffenen Unternehmen waren schockiert über die E-Mails, mit denen ihre Mitarbeiter Absprachen vereinbarten", sagt Harsdorf. An Kartellverstößen Beteiligte müssen mit einer Entlassung rechnen. Üblicherweise wird einigen Mitarbeitern eine einvernehmliche Lösung angeboten, wenn sie den Sachverhalt mit aufklären. Ein Recht auf Gleichbehandlung gibt es aber nicht.