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Bonitätswächter senken die Daumen

Von Karl Leban

Wirtschaft

Mit den neuen Regeln für Abwicklungen können Banken bei Krisen nicht mehr mit staatlicher Rettung rechnen. Das zwingt die Ratingagenturen, schlechtere Bonitätsnoten zu vergeben.


Wien. Europas neues Regime für die Abwicklung von Banken wirft Schatten auf deren Kreditwürdigkeit. So zumindest sehen es große Ratingagenturen wie Standard & Poor’s (S&P) und Fitch. In einem Rundumschlag haben sie kürzlich die Bonitätsnoten für dutzende Finanzinstitute in der EU, darunter auch österreichische, gesenkt. Ihr Argument: Mit den neuen Regeln zur Abwicklung maroder Banken ist der Staatsbonus weg. Konnten taumelnde Institute in der Finanzkrise noch fix damit rechnen, vom Steuerzahler gerettet zu werden, ist das bei künftigen Schieflagen nicht mehr der Fall.

In den Augen der Ratingagenturen sind Investoren und Gläubiger somit einem höheren Risiko ausgesetzt. Für deren Geld steht nun mehr auf dem Spiel. Und diesem Umstand haben Standard & Poor’s und Fitch - Moody’s noch nicht - bei ihren Bankenratings mit den jüngsten Herabstufungen Rechnung getragen. Generell sollen Ratings Investoren und Gläubigern eine Orientierungshilfe dafür sein, wie wahrscheinlich es ist, verliehenes Geld am Fälligkeitstag komplett zurückgezahlt zu bekommen (wobei das Gleiche für Zinszahlungen gilt).

Märkte nicht überrascht

Schlechtere Noten für die Kreditwürdigkeit bedeuten im Regelfall, dass sich die Refinanzierung verteuert. Höheres Risiko lassen sich Geldgeber nämlich durch höhere Zinsen abgelten. Mit Blick auf das neue Abwicklungsregime für Banken seien die jüngsten Herabstufungen in der Branche von den Finanzmärkten aber erwartet und deshalb vorab bereits eingepreist worden, heißt es bei Bankexperten. Alles in allem sollte es keine besonderen Auswirkungen auf die Refinanzierung geben.

Fitch war Mitte Mai die erste der drei großen Ratingagenturen, die etlichen europäischen Großbanken den bis dahin gewährten Rating-Bonus für den Rückhalt der öffentlichen Hand gestrichen hat. In Österreich verpasste Fitch der Erste Bank Group, der Bank Austria und der Raiffeisen Bank International (RBI) schlechtere Bonitätsnoten. Alle drei Institute haben das relativ gute Rating A (sichere Anlage) verloren. Erste und Bank Austria sind nun mit BBB+ bewertet, RBI mit BBB - bei diesen Noten spricht Fitch von einer durchschnittlich guten Anlage.

Fast ident sind vor wenigen Tagen die Neubewertungen auch bei S&P ausgefallen. Erste, RBI und Raiffeisen Zentralbank (RZB) sind jetzt nicht mehr in der "A-Kategorie" vertreten, sondern in der Liga darunter. Erste und RZB sind mit BBB+ benotet (so wie in Deutschland nun auch Commerzbank und Deutsche Bank), RBI mit BBB. Indes wurde die Bank Austria von S&P bereits zu einem früheren Zeitpunkt herabgestuft - wie die RBI ebenfalls auf BBB.

Detail am Rande: In ihren neuen Ratings für die genannten heimischen Banken haben Fitch und S&P auch aktuelle Risiken aus deren Engagement in Osteuropa berücksichtigt. Nicht zuletzt wegen der Krise in Russland und der Ukraine, die insbesondere Raiffeisen und Bank Austria trifft.

Volksbanken abgestraft

Ein neues Rating hat auch der gerade im Umbau befindliche Volksbankenverbund - nicht von S&P, aber von Fitch. Vor wenigen Wochen hat Fitch diesen Sektor drastisch herabgestuft - gleich um sieben Stufen auf BB-. Dieses Rating gilt als spekulative Anlage - bei einer Verschlechterung der Lage drohen Ausfälle.

Fitch hat den Volksbanken eine Rating-Verbesserung um zwei Stufen in Aussicht gestellt, allerdings geht die Agentur nicht davon aus, dass der neue Volksbankensektor in näherer Zukunft eine Note erhält, die sich nicht mehr im spekulativen Bereich bewegt. Aus Sicht von Fitch ist der Plan, die zuletzt 41 Volksbanken untereinander zusammenzuspannen, um mit künftig acht größeren Instituten wirtschaftlich besser zu prosperieren als bisher, mit zu vielen Risiken behaftet.