Zum Hauptinhalt springen

Sieg der Vernunft

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Der Heta/Hypo-Vergleich zwischen Bayern und Österreich umfasst auch Kärnten. Die 45-prozentige Quote gilt als starke Richtschnur für andere Gläubiger.


Wien/München. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Diesem schönen Leitsatz haben sich das österreichische und das bayrische Finanzministerium verschrieben und bei der Heta/Hypo einen Generalvergleich vereinbart. Der muss zwar noch von Finanzmarktaufsicht und per Gesetz vom Parlament verabschiedet werden, beides gilt aber als sicher. Der Vergleich umfasst sämtliche Klagen, die zwischen Bayern und ihrer Landesbank beziehungsweise Österreich und der ehemaligen Hypo Alpe Adria anhängig sind. Der Vergleich umfasst auch die Klagen gegen das Land Kärnten, dem dadurch ein ziemliches Risiko von der Schulter genommen wird.

Österreich garantiert den Bayern eine Zahlung von 1,23 Milliarden Euro, oder anders ausgedrückt: Bayern verzichtet auf 1,52 Milliarden Euro. Das entspricht einer Quote von 45 Prozent und kann den anderen Gläubigern der Abwicklungsgesellschaft als Richtschnur dienen.

Wenn der Vergleich hält und der Schuldenschnitt 55 Prozent beträgt, wäre die Beteiligung privater Gläubiger an der Abwicklung des Desasters signifikant. Nach Berechnung des Rechnungshofes liegen die Haftungen des Landes Kärnten 2015 bei 9,015 Milliarden Euro. Die Gläubigerbe-teiligung würde demnach bei fünf Milliarden Euro liegen. Die Landeshaftungen wurden ja einseitig für erloschen erklärt. Ob das rechtlich hält, ist aber unklar. Finanzminister Hans Jörg Schelling betonte daher auch, dass der Bund hier nur als "Berater" des Landes Kärnten auftritt.

Die Einigung mit den Bayern erleichtert dem Finanzministerium allerdings das weitere Vorgehen. Denn selbst wenn andere Gläubiger einem 55-prozentigen Schuldenschnitt (mit Besserungsschein) nicht zustimmen und klagen, kann Österreich immer auf Bayern verweisen: Jede andere Regelung würde entweder für den einen oder anderen eine Gläubigerbevorzugung bedeuten. Das ist rechtlich kaum möglich.

Söder: "Die Wunden sind geschlossen, Narben bleiben"

Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) sagte zum Generalvergleich, dass "der Kauf der Hypo Alpe Adria durch die Landesbank der größte finanzielle Fehler Bayerns seit 1945" war. Die BayernLB wird am Ende etwa fünf Milliarden Euro verloren haben. "Die Wunden sind geschlossen, Narben bleiben", nennt das Söder.

Mit dem Generalvergleich ersparen sich Österreich und Bayern sündteure Prozesse mit ungewissem Ausgang. Ein erstinstanzliches Urteil in München ging für die BayernLB aus, eines in Wien für die frühere Hypo. "Allein die Gerichtsgebühren gehen bei diesen astronomischen Summen in die Millionen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann.

Und die arg angeknacksten politischen Beziehungen zwischen Wien und München sind auch wieder im Lot. "Beim Geld hört die Freundschaft auf", bekam Außenminister Sebastian Kurz noch kürzlich von Söder zu hören. Gestern freute sich Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, dass der "Vergleich auch aus Gründen guter nachbarschaftlicher Beziehungen ausgesprochen positiv ist".

Auch für die Abbaugesellschaft Heta hat der Deal einen Vorteil. Da die Republik für die 1,23 Milliarden Euro garantiert, bezahlt die BayernLB Erlöse aus der Hypo-Abwicklung an die Heta zurück. Damit tut sich die Heta leichter bei der Liquiditätsbeschaffung, die Republik wird weniger an Überbrückungshilfe zur Verfügung stellen müssen.

Denn die Heta hat keine Bundesgarantie und ist mit knapp sieben Milliarden Euro überschuldet, wie die Mitte Juni veröffentlichte Bilanz 2014 ergab. Der horrende Betrag ergibt sich, weil viele der Vermögenswerte nicht mehr jenen Wert haben, von denen bisher ausgegangen wurde. Heta-Vorstandschef Sebastian Schoenaich-Carolath sagte, dass die Abwicklung daher schnell gehen soll. "Besser werden die Assets nicht."

Heimische Oppositionsparteien sind vom Deal nicht begeistert. FPÖ-Kärnten-Chef Christian Ragger sagte, dies sei eine Vereinbarung "auf dem Rücken Kärntens", obwohl Kärnten damit kein Risiko aus Bayern-Prozessen mehr hat. Robert Lugar vom Team Stronach meinte, der Vergleich komme zum falschen Zeitpunkt, weil der U-Ausschuss gerade die Fehler der Bayern offenlege.

Hypo kostet Steuerzahler10 Milliarden Euro

"Es gibt für einen solchen Vergleich keinen richtigen oder falschen Zeitpunkt", sagte ein am Rande involvierter Banker. "Man macht ihn oder macht ihn nicht. Ich finde den Vergleich richtig." Denn die Finanzmarktaufsicht muss im Herbst die Quote für die privaten Gläubiger festlegen, und die nun vereinbarten 45 Prozent sind für die Republik besser, als so manche Beobachter erwartet haben.

Auf dieser Basis wird die Hypo den Staat am Ende zirka zehn Milliarden Euro gekostet haben, unabhängig davon, mit welcher Höhe Kärnten sich dabei beteiligen muss. Die für die ohnehin wertlose Haftung kassierte Provision in Höhe von 150 Millionen Euro wird mit Sicherheit an die Heta gezahlt.

Der "Zukunftsfonds" in Höhe von 500 Millionen wird vom nunmehrigen Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) mit Zähnen und Klauen verteidigt, doch die zehnprozentige Kärntner Beteiligung an der Verbund-Tochter "Hydro Power" wird wohl innerhalb Österreichs verkauft werden müssen.

45-Prozent-Quote als Richtschnur für Gläubiger

Bisher sind 5,5 Milliarden Euro in die Hypo geflossen, das Geld ist weg. Die große Frage lautet nun, wie viel Geld die Abbaugesellschaft Heta beim Verkauf der Vermögenswerte, die auf neun Milliarden geschätzt werden, tatsächlich erlöst. Dieses Geld dient zur Befriedigung der Gläubiger.

Die Quote von 45 Prozent entspricht ziemlich genau der aktuellen Einschätzung, weswegen sie wohl mehr als eine Richtschnur für die anderen Gläubiger sein dürfte.