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Ukraine verhagelt Bank Austria die Bilanz

Von Karl Leban

Wirtschaft

Krisenland belastet Unicredit-Tochter mit 202 Millionen Euro: Halbjahresgewinn um gut 37 Prozent geschrumpft. In Russland sieht Bankchef Cernko den Boden erreicht.


Wien. Überall in Osteuropa hat die Bank Austria im ersten Halbjahr Gewinne eingefahren - nur nicht in der krisengebeutelten Ukraine. Bis Ende Juni war die Wiener Unicredit-Tochter dort mit Belastungen von 202 Millionen Euro konfrontiert. In ihrer Bilanz hat das tiefe Spuren hinterlassen. Unterm Strich schrumpfte der Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 37 Prozent auf 489 Millionen Euro. Auch höhere Vorsorgen für notleidende Kredite in Russland, Tschechien, Rumänien und Kroatien drückten das Halbjahresergebnis.

Der Ukraine will die Bank Austria den Rücken kehren. Die defizitäre Banktochter in dem Krisenland, die Ukrsotsbank, steht schon seit einiger Zeit zum Verkauf. Gespräche mit Interessenten gebe es weiterhin, sagte Bank-Austria-Chef Willibald Cernko am Donnerstag. "Wir sind guter Dinge, dass wir in den nächsten Monaten zu einem Abschluss kommen."

Im Gegensatz zur Ukraine hat die Bank Austria für Russland wie bisher keine Rückzugspläne. Das Land steckt zwar in einer Rezession und leidet unter den Sanktionen, dennoch liefert es weiter einen "substanziellen" Gewinn. Von Jänner bis Juni verdiente die Bank Austria dort vor Steuern 155 Millionen Euro, ein Rückgang um 16 Prozent. Im Vergleich dazu werde die Entwicklung im zweiten Halbjahr nicht schlechter ausfallen, so Cernko, der in Russland nun den Boden erreicht sieht.

"Osteuropa wächst schneller als Westeuropa"

In einer Pressekonferenz betonte der Bankchef, dass Osteuropa insgesamt weiterhin signifikante Gewinne für die Gruppe abwerfe. Im ersten Halbjahr waren es alles in allem 346 Millionen Euro. Bankvize Carlo Vivaldi, der im Vorstand für die Region zuständig ist, sagte: "Osteuropa wächst in Summe schneller als Westeuropa." Vertreten ist die Bank Austria in 13 Ländern Zentral- und Osteuropas mit mehr als 47.900 Mitarbeitern und rund 2500 Filialen.

Unklar ist unterdessen, ob die Osteuropa-Zentrale der Unicredit-Gruppe auch in Zukunft in Wien angesiedelt bleibt. Mit 30. März 2016 läuft ein Vertragswerk aus, das der Bank Austria im Konzern Sonderrechte einräumt. Vor allem ist darin festgeschrieben, dass ihr Sitz in Wien Management-Drehscheibe für die Aktivitäten in Osteuropa ist. Cernko konnte am Donnerstag allerdings nicht ausschließen, dass die in Mailand ansässige Mutterbank den Vertrag nächstes Jahr beendet. Der Bank-Austria-Chef sagte nur: "Natürlich wollen wir die Funktion behalten." Die Vertragsfrage sei jedoch zuallererst Sache der Unicredit.

In der Vergangenheit verteidigten die Bank Austria und ihr Betriebsrat den sogenannten Bank-der-Regionen-Vertrag, der mittlerweile 16 Jahre alt ist, mit Zähnen und Klauen. Adaptiert wurde er, als die Unicredit 2006 die Hypovereinsbank mit deren damaliger Tochter Bank Austria übernahm. Da fixierten die Italiener den Status von Wien als Osteuropa-Zentrale für zehn Jahre.

"Bankensystem droht die Luft auszugehen"

Im November will Unicredit-Konzernchef Frederico Ghizzoni einen neuen, bis 2018 laufenden Business-Plan vorlegen. Laut Insidern sollen dabei weitere Sparmaßnahmen auf die Agenda gesetzt werden. Ob auch die Bank Austria davon betroffen sein könnte, wollte Cernko am Donnerstag nicht sagen. Nur so viel: "Für uns ist das Thema Kostenanpassungen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Wir sind Teil der Gruppe."

Hart ins Gericht ging Cernko indes einmal mehr mit der von Kreditinstituten nicht beeinflussbaren "Kostenentwicklung durch Bankenabgabe und Systemsicherungsbeiträge", die das Ergebnis in Österreich allein in der ersten Jahreshälfte mit 92 Millionen Euro belastet hätten. In Summe seien die Kosten aus der Bankenregulierung für die Bank Austria gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel auf 175 Millionen Euro gestiegen. "Die Schmerzgrenze ist hier schon lange überschritten", klagte Cernko. "Dem heimischen Bankensystem droht die Luft auszugehen." Nachsatz: "Wer will, dass die österreichischen Banken die Wirtschaft mit Krediten versorgen und damit zu Wirtschaftswachstum beitragen, muss ihnen auch Luft zum Atmen geben."