Wien. Sonntag für Sonntag dasselbe Bild: Urlauber flanieren über den Graben und drücken sich ihre Nasen an den Schaufenstern platt. "Viele Touristen sind verdutzt, dass die Rollläden unten sind", sagt Oliver Schenk von der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV). Zahlreiche kaufkräftige Touristen aus China oder Russland würden ihren Aufenthalt gerne zum Einkaufen nutzen - auch am Sonntag. "Es ist in Weltmetropolen Standard, dass Geschäfte auch sonntags offen haben", sagt Schenk.

Diskussion um Öffnungszeiten: Am Sonntag geöffnete Läden sind bisher eine Ausnahme. - © Wiener Zeitung
Diskussion um Öffnungszeiten: Am Sonntag geöffnete Läden sind bisher eine Ausnahme. - © Wiener Zeitung

Eine Sonntagsöffnung würde vor allem in der Innenstadt "erheblich mehr Umsatz bringen", erwartet Klaus Puza, Geschäftsführer der Handelssparte in der Wirtschaftskammer Wien (WKW). Der 1. Bezirk ist eine von drei Tourismuszonen, die die WKW der Gewerkschaft vorgeschlagen hat - neben der inneren Mariahilfer Straße und dem Bereich rund um Schönbrunn mit der Hietzinger Hauptstraße und dem Hietzinger Platzl. Offen ist laut Puza, ob sonntags alle Geschäfte in diesen Gebieten offenhalten dürfen oder ob - wie derzeit etwa an Bahnhöfen und Flughäfen - nur bestimmte Produkte verkauft werden dürfen.

Heikle Abgrenzung: Mahü "ist keine Tourismuszone"

Aus Sicht eines Standortberaters wäre eine Sonntagsöffnung für Wien nützlich, so Wolfgang Richter von Regioplan. Allerdings sollte diese laut Richter eng auf Tourismuszonen beschränkt werden: "Dazu zählen die Kärntner Straße, der Graben, der Kohlmarkt und die Rotenturmstraße. Die Mariahilfer Straße ist keine Tourismuszone." Andere Einkaufsstraßen wurden benachteiligt werden.

Die Wirtschaftskammer hat als Grundlage für die Abgrenzung eine Studie über die Urlauberströme, die Tourismus-Hot-Spots und Hotelstandorte herangezogen. Laut Wirtschaftskammer Wien beherbergen der 6. und 7. Bezirk um die Mariahilfer Straße drei Top-20-Sehenswürdigkeiten Wiens und gut eine Million Übernachtungen und eignen sich daher "hervorragend" für die Errichtung einer Tourismuszone.

Die Grenzziehung, welche Gebiete als Tourismuszone deklariert werden, sei "heikel", sagt René Tritscher, Geschäftsführer der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich: "Da kann es zu Härtefällen kommen."

Die in Wien wahlkämpfende Neos-Politikerin Beate Meinl-Reisinger fordert eine "faire Lösung für den gesamten Standort Wien und keine Bevorzugung einzelner Straßenzüge": Es sei nicht zu argumentieren, wieso Geschäfte am Stephansplatz oder in der Mariahilfer Straße sonntags aufsperren dürfen sollen, während Geschäfte in Ottakring oder Favoriten geschlossen bleiben müssten.