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"Deutsch ist der Schlüssel zum Arbeitsmarkt"

Von Sophia Killinger

Wirtschaft

AMS-Kompetenzchecks sollen helfen, Asylberechtigte rascher in den Arbeitsmarkt zu integrieren.


Wien. 80.000 Asylwerber werden heuer bis Jahresende in Österreich erwartet. Wie viele davon in diesem Jahr auf den Arbeitsmarkt kommen, kann laut Beate Sprenger, Sprecherin des Arbeitsmarktservice (AMS), nicht prognostiziert werden. Ende August waren knapp 17.900 Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte arbeitslos gemeldet, fast 6300 mehr als ein Jahr zuvor.

Im Vorjahr wurden 39 Prozent der Asylanträge anerkannt - und erst mit positivem Asylbescheid dürfen Flüchtlinge in Österreich arbeiten. Ausnahmen sind gemeinnützige Tätigkeiten oder Saisonbranchen wie Landwirtschaft und Gastronomie. Daran soll sich nichts ändern, heißt es aus dem Sozialministerium: Eine Öffnung des Arbeitsmarktes oder ein erleichterter Zugang für Asylwerber komme weiterhin nicht infrage.

Gemessen an den zuletzt insgesamt mehr als 384.000 Arbeitslosen in Österreich machen Asylberechtigte eine kleine Gruppe aus. Probleme bereiten jedoch die Erfassung und Anerkennung von im Ausland erworbenen Ausbildungen. Eine rasche Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen sollen Deutschkurse sowie ein Pilotprojekt in Wien. "Deutsch ist der Schlüssel zum Arbeitsmarkt", sagt AMS-Wien-Sprecher Sebastian Paulick. In Wien sind mehr als 12.000 der 17.900 Asylberechtigten beim AMS vorgemerkt, pro Monat kommen 500 dazu. Der Großteil davon hat laut AMS-Statistik einen Pflichtschulabschluss.

Tourismus, Metallverarbeitung und Pflege suchen Personal

Das Pilotprojekt in Wien ist im September mit 1000 Teilnehmern gestartet und werde "extrem gut angenommen", sagt Paulick. Bis Jahresende werden Qualifikationen und Fähigkeiten der Teilnehmer erhoben - auf Arabisch, Farsi, Russisch und Französisch. Da nicht-akademische Bildungsabschlüsse in den Heimatländern der Flüchtlinge weniger formalisiert sind als in Österreich, können etwa Tischler oder Glaser vor Fachleuten zeigen, welche praktischen Fähigkeiten sie haben.

In Westösterreich suchen Tourismus und Gastronomie Mitarbeiter. In der Metallverarbeitung fehlen Fachkräfte wie Schweißer, Dreher und Fräser. In Wien herrsche vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich ein Engpass bei Arbeitskräften, so Paulick.

In Deutschland haben sich bereits zahlreiche Manager gemeldet, die Flüchtlinge einstellen wollen. Auch McDonald’s Österreich will gezielt Menschen mit Aufenthaltstitel ansprechen: Man habe Interesse an Bewerbungen von Asylberechtigten, sagt Ursula Riegler, Sprecherin von McDonald’s Österreich.

Die deutsche Gewerkschaft IG Metall hat am Dienstag ein bundesweites Mentoren- und Patenschaftsprogramm angekündigt, mit dem Flüchtlinge integriert werden sollten. In Deutschland dürfen Asylwerber nach drei Monaten Aufenthalt arbeiten, wenn sich für die Stelle kein Deutscher oder EU-Bürger findet. Daimler-Chef Dieter Zetsche will in Aufnahmezentren nach Arbeitskräften suchen und Flüchtlinge über Möglichkeiten und Voraussetzungen informieren, Arbeit zu finden. Flüchtlinge können leichter auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen, wenn die Wirtschaft wächst und mehr Stellen geschaffen werden. Im vierten Quartal will aber per saldo nur ein Prozent der Unternehmen Personal einstellen, wie eine Umfrage des Arbeitskräfteüberlassers Manpower zeigt.

Österreich bei WachstumVorletzter in der EU

Österreichs Wirtschaft wuchs im zweiten Quartal nur um 0,1 Prozent gegenüber dem Vorquartal, deutlich weniger stark als die Eurozone und die EU mit jeweils 0,4 Prozent. Damit war Österreich gemeinsam mit den Niederlanden und Rumänien an vorletzter Stelle vor Frankreich, das ein Nullwachstum verzeichnete, wie Eurostat am Dienstag bekanntgab.

Im Vergleich zum Vorjahresquartal lag das Wachstum in Österreich bei 0,7 Prozent, im Euroraum bei 1,5 Prozent und in der EU bei 1,9 Prozent. Am höchsten war das Wachstum in Lettland mit 1,2 Prozent. Deutschland lag bei 0,4 Prozent.