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Droht der Bank Austria die Zerschlagung?

Von Reinhard Göweil

Wirtschaft

Ein Verkauf des Österreich-Geschäfts der Unicredit-Tochter an die Bawag wäre wettbewerbsrechtlich praktisch unmöglich.


Wien. Vorerst sind es nur Gerüchte. Sollten sie sich jedoch bewahrheiten, wäre es ein "Hammer". Der italienische Finanzriese Unicredit soll jedenfalls bei seiner Wiener Tochter Bank Austria das österreichische Geschäft mit Privatkunden sowie Klein- und Mittelbetrieben auf den Prüfstand gestellt haben. Konkret soll es darum gehen, dass die Italiener den Verkauf der Sparte an die Bawag prüfen. Wie der "Standard" in seiner Dienstagausgabe unter Berufung auf "Eigentümerkreise" berichtet, gebe es bereits Gespräche zwischen Unicredit-Finanzchefin Marina Natale und Cerberus, dem US-amerikanischen Bawag-Hauptaktionär.

Die Mailänder sollen sich einen Preis von rund 800 Millionen Euro vorstellen, der Cerberus allerdings zu hoch sein soll. Ein zusätzliches Problem sind dem Zeitungsbericht zufolge die "definitiv gestellten", die unkündbaren Mitarbeiter der Bank Austria aus alten Zentralsparkasse-Zeiten.

An der Mailänder Börse beflügelten die Gerüchte den Kurs der Unicredit-Aktien. Der Finanztitel legte am Dienstag im Handelsverlauf um drei Prozent zu und überschritt damit wieder die Schwelle von sechs Euro.

Das Bank-Austria-Management soll nicht in die Gespräche eingebunden sein. Indes lässt die Unicredit in einer schriftlichen Stellungnahme wissen, dass im Zusammenhang mit niedriger Profitabilität laufend nach Lösungen gesucht werde, um die allgemeine Profitabilität der Gruppe zu steigern. "Bezogen auf die Geschäfte der Bank Austria ist noch keine Entscheidung getroffen - und es liegt keine bevorzugte Lösung auf dem Tisch." Auch bei der Bawag will man die Gerüchte nicht kommentieren.

Sollten an den Gerüchten etwas dran sein und sollte es letztlich zu einem Deal kommen, würde hinter diesem freilich ein großes Fragerzeichen stehen. Wettbewerbsexperten nennen sie die "Vierer-Regel", und sie steht auch im Paragraph 4 des Kartellgesetzes. Demnach sind Fusionen zu untersagen, wenn sie Unternehmen betreffen, die zu jenen vier gehören, die auf einem relevanten Markt mindestens 80 Prozent Marktanteil haben. Das ist bei den Banken der Fall - und im Falle Wiens sogar ganz besonders. Die herumgeisternde Möglichkeit, dass die Bank Austria ihr österreichisches Privatkundengeschäft an die Bawag verkauft, würde im Falle Wien greifen. Da kommen alleine die beiden Banken auf 70 Prozent Marktanteil.

Wegen des hohen Volumens würde - sollte sich das Gerücht bewahrheiten - die verkaufende Unicredit wohl versuchen, die Kartellprüfung nach Brüssel zu ziehen. Kartellexperten erwarten allerdings, dass die Bundeswettbewerbsbehörde einen "Verweisungsantrag" stellt, da praktisch ausschließlich österreichische Kunden davon betroffen wären. Üblicherweise überlassen die EU-Wettbewerbshüter dann den Fall der nationalen Behörde.

Wien mitMitspracherecht

Eine zusätzliche Unsicherheit stellt die Gemeinde Wien dar. Sie behielt die Bank Austria - inklusive zehntausender Girokonten der Gemeinde-Mitarbeiter - als Hausbank auch nach dem Verkauf an die italienische Unicredit. Dies wurde sogar vertraglich vereinbart. Sie ist für etwa 38 Milliarden Euro Bilanzsumme verantwortlich, ein Wechsel der Gemeinde wäre für die Bank desaströs. Die in Mailand angedachte Zerschlagung der Bank Austria ist daher ohne Zustimmung ihres mit Abstand größten Kunden schwer vorstellbar.

Die Bawag als Käufer wiederum hat bestimmte Vorstellungen. Ohne das Wien-Geschäft macht die Übernahme des Privatkundengeschäftes nur begrenzt Sinn, und das wäre eben kartellrechtlich kaum darstellbar.

PrivatkundengeschäftAchillesferse des Instituts

Eine gewisse Logik hätte ein Verkauf des Kundengeschäfts, der einem Teilverkauf der Bank Austria gleichkäme, freilich. In Finanzkreisen heißt es hinter vorgehaltener Hand, dass diese Sparte "nie besonders profitabel" gewesen sei. Wegen der "enormen Kostenbelastung" sei sie immer die Achillesferse des Geldinstituts gewesen.

Im Fall eines Verkaufs an die im Privatkundengeschäft besser aufgestellte Bawag, die in diesem Bereich schon lange mit der Österreichischen Post AG kooperiert und zusätzlich auch auf deren Filialen zurückgreifen kann, würde die ehemalige Gewerkschaftsbank nicht nur die Kunden übernehmen, sondern auch große Teile des Filialnetzes und der Mitarbeiter. In Österreich hat die Bank Austria rund 1,2 Millionen Privatkunden und kleinere Firmenkunden, rund 210 Filialen und rund 9400 Mitarbeiter.

Dutzende Klein- und Kleinstfilialen hat die Wiener Großbank in den vergangenen Jahren bereits zugesperrt, weil es dort immer schwieriger wurde, ohne entsprechende Kundenzahl die Kosten in den Griff zu bekommen. Im Regelfall, so heißt es bei Bankexperten, braucht es mindestens 5000 Kunden, damit eine Filiale wirtschaftlich geführt werden kann.

Der "Standard" spekuliert außerdem darüber, dass es im Zuge der Neuaufstellung der Unicredit, die am 11. November verkündet werden soll, auch dazu kommen könnte, dass die Unicredit das Osteuropageschäft der Bank Austria zu sich nach Italien abzieht. Der Grund für diese Spekulation, die in Medien bereits zuvor häufig anzutreffen war, ist, dass im März 2016 der Bank-der-Regionen-Vertrag ausläuft - jener Vertrag, der der Bank Austria die Oberhoheit über das Osteuropageschäft der Unicredit sichert.

Würden das Privatkundengeschäft in Österreich und auch die Osteuropasparte wegfallen, blieben der Bank Austria nur noch das Geschäft mit großen Firmenkunden und das Geschäft mit vermögenden Privatkunden sowie die Vermögensverwaltung. Selbst das Geschäft mit großen Firmenkunden könnte dann noch verloren gehen, heißt es in Finanzkreisen. Nicht zuletzt wegen der hohen Bankensteuer könnte die Unicredit diesen Geschäftsteil nach München zur Bank-Austria-Schwester Hypovereinsbank auslagern.

Politik hält sich mitKommentaren zurück

Weder Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Hans Jörg Schelling noch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner wollten beim Ministerrat am Dienstag die Verkaufsgerüchte zum Bank-Austria-Teilverkauf konkret kommentieren. Welche Entscheidung getroffen werde, sei nicht Sache der Bundesregierung, sondern der Bank, erklärten die Regierungsvertreter.