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Leitl zieht gegen unverhältnismäßige Strafen ins Feld

Von Brigitte Pechar

Wirtschaft
Zu viele Bestimmungen machen Unternehmen das Leben schwer, meint WKO-Präsident Leitl.

Wirtschaftskammer will Kumulierung des Strafausmaßes im Verwaltungsrecht beschränken.


Wien. Einem steirischen Unternehmen mit neun Mitarbeitern ist in der - ausgelagerten - Lohnverrechnung ein Fehler unterlaufen. Es kam zu einer Nachzahlung von 153 Euro pro Mitarbeiter. Aber dabei blieb es nicht, es folgte eine Verwaltungsstrafe von 11.000 Euro. Für Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl ist das ein Beispiel einer völlig unverhältnismäßigen Bestrafung eines Unternehmens. Dieses hohe Strafausmaß ergebe sich, weil das Unternehmen in neun Fällen beanstandet wurde und das Strafausmaß des Einzelfalles kumuliert wurde. Insbesondere kleinere Betriebe könnten dadurch an den Rand der Existenz gedrängt werden, warnte der WKO-Präsident.

Gegen diese Kumulierung von Verwaltungsstrafen zieht die Wirtschaftskammer nun zu Felde. Schließlich, so Leitl, werde man ja auch nicht neunmal verurteilt, wenn man in einer Rauferei dem Gegenüber neun Boxhiebe zufüge. "Die Diskriminierung in Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Strafrecht muss weg", forderte Leitl, betonte allerdings, dass die Kammer damit "in keiner Weise einen systemischen Missbrauch von Unternehmen decken wolle". Bestraft werden solle nach dem Prinzip der "Verhältnismäßigkeit" und nach dem Absorptionsprinzip, das im Justizrecht gelte. Dieses besage, dass bei mehreren Delikten nur die jeweils höchste Strafdrohung als Einzelstrafe verhängt werde. In Deutschland sei dies schon möglich. Was in Deutschland möglich sei, müsse auch in Österreich möglich sein, sagte Leitl.

Das Kumulationsprinzip ist im Verwaltungsstrafgesetz (VStG) § 22 zu finden. Dieses besagt, dass beim Zusammentreffen von mehreren Verwaltungsübertretungen die Strafen nebeneinander zu verhängen sind. "Wir drängen darauf, dass es bei Verwaltungsverstößen künftig nur mehr eine Strafe geben soll", sagte Leitl. Die Wirtschaftskammer hat für den Gesetzgeber bereits vorgearbeitet und Verwaltungsrechtler Gerhart Wielinger mit der Neuformulierung des betreffenden § 22 VStG beauftragt.

Beraten statt bestrafen

Auch bei Verwaltungsübertretungen, für die unterschiedliche Gebietskörperschaften - etwa Land oder Bund - zuständig seien, sollte es zu einer einzelnen Strafsanktion kommen können, erläuterte Wielinger. Allerdings sei die komplette Abschaffung des Kumulationsprinzips im Verwaltungsstrafrecht aus Gründen der Praktikabilität nicht zweckmäßig. Etwa sei es nicht sinnvoll, ein Verfahren wegen einer in Vorarlberg begangenen Übertretung des Kraftfahrgesetzes und einer in der Steiermark begangenen Übertretung des Naturschutzgesetzes zu verbinden und im Sinne des Absorptionsprinzips abzuhandeln, sagte Wielinger.

Überhaupt wehrt sich Leitl gegen das Triple-B in Österreich: "Bürokratie, Belastungen, Bestrafungen - das drückt aufs Gemüt" und behindere den Aufschwung. Es gebe eine unüberschaubare Zahl an gesetzlichen Bestimmungen. Alleine das Arbeitnehmerschutzgesetz umfasse 1209 Bestimmungen. Angesichts dieser Fülle sei es für ein einzelnes Unternehmen gar nicht möglich, alle einzuhalten. "Wem passiert da kein Fehler", fragt Leitl. Daher sollte in Bagatellefällen "Beratung vor Bestrafung" stehen und die Verhältnismäßigkeit gelten.