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"Autopilot" verbilligt Kfz-Versicherung

Von Sophia Killinger

Wirtschaft

Selbstfahrende Autos und Fahrassistenz verringern Schäden - dadurch könnten Versicherungsprämien sinken.


Wien. Für Autofahrer könnte die Kfz-Versicherung auf lange Sicht billiger werden. Bis 2030 werden die Prämieneinnahmen der Versicherer durch technische Neuerungen und Carsharing um 15 bis 45 Prozent sinken, so das Ergebnis einer Studie der Beratungsgesellschaft KPMG. Eine bedeutende Rolle kommt dabei Fahrassistenzsystemen und selbstfahrenden Autos zu, die Schäden verringern können. "Weniger Risiko bedeutet weniger Prämie" - KPMG-Manager Jörg Wälder erwartet, dass Versicherer im Kampf um Marktanteile ihre Tarife senken werden.

"Wenn es wesentlich weniger Unfälle gibt, wird die Prämie sinken", sagt auch Walter Kupec, Vorstand des größten heimischen Autoversicherers Generali. So könnten Kunden für autonome Fahrzeuge, wenn diese weniger Schäden verursachen, weniger Prämie zahlen. Kupec rechnet damit, dass spätestens 2025 selbstfahrende Autos auf Österreichs Autobahnen unterwegs sein werden. In Städten werde es schwieriger, weil dort auch Fußgänger und Radfahrer unterwegs sind.

Mensch als Gefahrenquelle

Der zweitgrößte Autoversicherer Uniqa rechnet ebenfalls damit, dass Fahrassistenz und selbstfahrende Autos die Prämienlandschaft verändern. Zwar sinken Blechschäden, Personenschäden werde es aber weiterhin geben - und hier sei die Schadensumme aufgrund der Rechtsprechung im Steigen, gibt Uniqa-Sprecherin Caroline Burger zu bedenken.

Bereits heute verhindern ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) und Bremssysteme zum Teil schwerere Folgen bei Unfällen, so Kupec. 90 Prozent der Verkehrsunfälle werden laut der Studie durch menschliches Versagen verursacht. Wären die derzeit sechs wichtigsten Assistenzsysteme (darunter ESP, Spurhalte-, Spurwechsel- und Parkassistent) in allen in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen eingebaut, ließen sich laut Allianz Zentrum für Technik bis zu 75 Prozent der Haftpflicht- und 65 Prozent der Vollkaskoschäden vermeiden.

Die Höhe der Versicherungsprämie bestimmen im Wesentlichen Schadensfrequenz und -kosten, für die Haftpflichtversicherung (ohne Steuern) zahlen Kunden durchschnittlich rund 300 Euro pro Jahr, so Kupec. In Österreich entfielen auf die Kfz-Versicherung im Vorjahr mit 1,721 Milliarden Euro (plus 0,7 Prozent) 18 Prozent aller Versicherungsprämien. Die Leistungen stiegen laut Versicherungsverband im Jahresvergleich um 5,4 Prozent auf 1,212 Milliarden Euro.

KPMG rechnet im Szenario, das von einem raschen technischen Fortschritt ausgeht, mit bis zu 45 Prozent weniger Prämieneinnahmen in Deutschland. Eine rasche Durchdringung sei vor allem dann möglich, wenn der Gesetzgeber das Nachrüsten der Autos mit bestimmten Technologien vorschreibe oder die Politik dies wirtschaftlich fördere.

Die Prämieneinnahmen werden demnach auch durch den leicht rückläufigen Pkw-Bestand bis 2030 sinken, weil immer mehr Führerscheinbesitzer - auch aufgrund von Carsharing - kein Auto haben. Angenommen wurde auch, dass der 3D-Druck teilweise Lkw-Transportwege spare, wenn kompakte Rohmaterialien statt verpackter fertiger Produkte transportiert werden.

Heikle Haftungsfragen

Bevor Fahrzeuge im "Autopilot" unterwegs sein können, müssen allerdings noch die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt werden. Deshalb sei es auch für Aussagen zu Preisentwicklungen zu früh, heißt es bei der Allianz, die mit ihrem Marktanteil knapp hinter der Uniqa liegt. Derzeit sind selbstfahrende Fahrzeuge in Österreich laut Straßenverkehrsordnung gar nicht zugelassen. Durchschnittlich dauert es laut Uniqa zwölf Jahre, bis sich eine Autogeneration erneuert. Damit werden Fahrzeuge mit Fahrer und jene mit "Autopilot" gemeinsam auf den Straßen unterwegs sein, was zahlreiche Fragen aufwirft. Geklärt werden muss, wer bei einem Unfall mit einem Auto haftet, das autonom fährt, während der Fahrer Zeitung liest oder im Internet surft. Bisher haftet der Fahrer.

Volvo-Chef Hakan Samuelsson sagte allerdings vor kurzem, der Hersteller übernehme die Verantwortung, wenn eines seiner autonom gesteuerten Autos in einen Unfall verwickelt ist. Neben dieser Haftpflichtversicherung des Herstellers könnten Versicherer bald andere neue Produkte wie Cyber-Polizzen gegen Hackerangriffe in der Auto-Software und Kostendeckung für Rückrufe anbieten, heißt es in der Studie.

Fahrstilabhängige Tarife

Neu einführen wird die Uniqa im kommenden Jahr einen Telematik-Tarif für Jugendliche. Dieser belohnt Versicherungskunden, wenn sie während der Fahrt ihr Handy nicht nutzen. Überwacht wird das mit der Dolphin-App "Go smart". Wenigfahrer zahlen bei der Uniqa im Safeline-Tarif weniger, eine Telematik-Box im Auto oder eine App zeichnet die gefahrenen Kilometer auf. Nach Kilometern wird auch die Prämie beim Telematik-Tarif der Allianz für Unternehmen berechnet.

Die Generali ist mit dem Kauf des Londoner Fahrzeugdaten-Analysten MyDriveSolutions für die Einführung von "Pay as you drive"-Tarifen (Zahle wie du fährst) gerüstet. Eine Einführung in Österreich ist laut Kupec derzeit aber nicht geplant.