Die Handelskette Zielpunkt ist pleite. Der zur oberösterreichischen Handelsgruppe Pfeiffer gehörende Konzern wird am 1. Dezember beim Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag einbringen, teilten die Eigentümer am Mittwochabend mit.

2500 Mitarbeiter sind betroffen, ihre Löhne und Gehälter seien durch den Insolvenzentgeltfonds gesichert. Zielpunkt betreibt derzeit noch 229 Filialen, davon mehr als die Hälfte in Wien. Aufsichtsratspräsident Georg Pfeiffer geht davon aus, "dass eine Vielzahl der Standorte an Mitbewerber übergehen und damit viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen werden". Die Gewerkschaft gpa zeigte sich allerdings entsetzt. Weder die November-Gehälter noch das Weihnachtsgeld seien an die Mitarbeiter ausbezahlt worden. Der Insolvenzentgelt-Fonds muss dafür nun gerade stehen. Der wird von Arbeitgeber-Seite finanziert. Die betroffenen Mitarbeiter müssen allerdings hier selbst einen Antrag einbringen.

Pfeiffer war im April 2012 bei Zielpunkt mit 24,9 Prozent eingestiegen und hält seit März des Vorjahres 100 Prozent. "Nach drei Jahren intensivster Sanierungsbemühungen und Investitionen sind nunmehr dramatische Verschlechterungen der äußeren Rahmenbedingungen für Zielpunkt eingetreten", hieß es. Zielpunkt hat 2014 bei einem Umsatz von 440 Millionen Euro einen Verlust von 11,7 Millionen Euro geschrieben. Durch die hohen Verluste der vergangenen Jahre rutschte das Eigenkapital auf minus 25 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten der in Schieflage geratetenen Kette werden auf rund 70 Millionen Euro geschätzt.

Im Dezember 2014 hatte es geheißen, das Unternehmen solle unter neuer Geschäftsführung neu aufgestellt werden. Der Fokus sollte dabei auf Wien liegen, da die Kette hier mit 138 Filialen der zweitgrößte Lebensmittelhändler nach Billa ist.

Aus diesem Grund bewerten Handelsexperten die Chancen für die 2500 Mitarbeiter, großteils Frauen, nicht so positiv wie Pfeiffer. Die Dichte im Lebensmitteleinzelhandel in Österreich ist enorm, das Interesse der Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Adeg), aber auch Spar, wird daher eher überschaubar sein. Die durchschnittliche Größe der Zielpunkt-Filialen macht sie auch für Diskonter wie Hofer und Lidl eher uninteressant, ist zu hören.

Noch-Eigentümer Pfeiffer beliefert die Nah&Frisch-Märkte und betreibt die Unimärkte (vor allem in Westösterreich). Davor stand Zielpunkt im Eigentum von Finanzinvestoren, die es der deutschen Tengelmann-Gruppe abkauften. Damals hieß es noch Löwa. Zielpunkt schaffte es nie, den Marktanteil zu steigern, sondern musste einen ständigen Rückgang hinnehmen, zuletzt auf drei Prozent.

Pfeiffer hat sich gewaltig übernommen

Pfeiffer investierte zwar heftig in den Ausbau der Filialen, konnte das investierte Geld jedoch nie verdienen. Nun zogen die Oberösterreicher die Reißleine, bevor es ans Eingemachte des Familienvermögens ging. Pfeiffer hatte vor zwei Wochen den Großhandel an die Schweizer Coop verkauft, ein erster Hinweis auf die finanziellen Turbulenzen. Die Banken waren nicht mehr bereit, Zielpunkt zu finanzieren.

Die Filialen selbst bleiben vorläufig offen. Aus dem Konzern heißt es am Mittwochabend allerdings, dass man keine neue Ware einkaufen könne. Mit den Frischware-Lieferanten habe man allerdings ein sogenannte Zug-um-Zug-Regelung ausgemacht. Das bedeutet, dass die Ware nur dann geliefert wird, wenn man vorab bezahlt.
Jetzt hofft der Eigentümer, dass die eine oder andere Filiale durch die Konkurrenz übernommen wird. Die Insolvenz sei auch deswegen notwendig gewesen, um das Überleben anderer Sparten zu sichern. Zum Konzern gehören auch die Nah-und-Frisch-Kette sowie Unimarkt.

Zielpunkt wurde zwischen den beiden marktbeherrschenden Gruppen Rewe und Spar, die jeweils mehr als 30 Prozent Marktanteil halten, und dem Kampf der Diskonter zerrieben. Hofer investiert heftig in seine Filialen, Lidl expandiert aggressiv in Österreich. Der Kapitalkraft der beiden deutschen Diskonter konnte Zielpunkt nichts entgegensetzen.

Lieferanten müssen um Geld zittern

Von der Pleite sind nicht nur die 2500 Mitarbeiter, sondern auch viele Lieferanten betroffen. Vor allem für kleinere österreichische Lebensmittel-Produzenten könnte die Pleite zu Problemen führen. Denn allem Anschein nach wird Zielpunkt nicht in Ausgleich, sondern in Konkurs geschickt. Die "Quote" dabei liegt durchschnittlich bei acht Prozent, der große Rest geht verloren. Mit der Pleite dürften auch die Hausbanken des Konzerns, die Unicredit-Tochter Bank Austria und die Raiffeisen NÖ, keine Freude haben.

Die Handelskette hat eine turbulente Geschichte mit häufigen Eigentümerwechseln hinter sich. 1967 gründete Walter Löwe die Lebensmittelkette Löwa. Fünf Jahre Später verkaufte er diese an die deutsche Tengelmann. Die ersten Zielpunktmärkte starteten 1976. Im Zuge weiterer Umstrukturierungen der Gruppe im Jahr 2005 wurden 95 der damals 361 Zielpunkt-Filialen zu Plus-Diskont-Märkten. 2012 stieg dann Pfeiffer bei Zielpunkt. Der häufige Eigentümerwechsel hat sich ebenfalls wenig positiv auf das Unternehmen ausgewirkt.