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Ohne Zustimmung keine Werbung

Von Andrea Möchel

Wirtschaft

Bei elektronischer Werbung sind Rechtsverletzungen an der Tagesordnung. OGH-Urteil bringt viele Firmen unter Zugzwang.


Wien. Newsletter, die man nie abonniert hat, Lock-SMS von unterdrückten Nummern und massenhaft unerwünschte Werbe-E-Mails. Was sich so manches Unternehmen unter dem Deckmäntelchen Werbung herausnimmt, ist in Wahrheit permanente Belästigung. Eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (Geschäftszahl 4 Ob 135/15d) bringt viele Unternehmen nun unter Zugzwang.

Schon bisher galt: Wer Werbe-Mails oder andere elektronische Nachrichten wie Newsletter zum Zweck der Werbung versenden will, braucht dafür die ausdrückliche Zustimmung des Adressaten. Gleiches gilt auch, wenn derlei Informationen als sogenannte Massensendung an mehr als 50 Empfänger gehen. Dieses "Opt-in-Prinzip" gilt sowohl gegenüber privaten Einzelkunden als auch Unternehmen (B2B-Geschäfte).

"In der Praxis wird meist schon das Grundproblem übersehen: Ohne Zustimmung des Betroffenen ist die Datenverwendung nur in Ausnahmefällen erlaubt - viele Unternehmen gehen vom Gegenteil aus", beklagt Anwalt Stephan Winklbauer von der Wiener Kanzlei Aringer Herbst Winklbauer. "Wenn es Zustimmungserklärungen gibt, scheitern diese meist am zu vage formulierten Zweck der Datenverwendung, wie im aktuellen OGH-Fall."

Pauschale Zustimmungzu AGB reicht nicht aus

Die Zustimmungsklauseln zum Empfang elektronischer Werbung finden sich üblicherweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Unternehmens. Der OGH kommt nun zum Schluss, dass eine pauschale Zustimmung zu den AGB nicht ausreicht, damit elektronische Werbemaßnahmen rechtlich zulässig sind. Vielmehr ist die in den AGB erklärte Zustimmung dann unwirksam, wenn die jeweilige AGB-Klausel unklar oder unverständlich ist. Und genau das war, laut OGH bei zwei, der vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) angefochten Zustimmungsklauseln der Fall.

Zweck der Datenverwendung muss ersichtlich sein

Nach diesen Klauseln erklärte sich der Verbraucher "damit einverstanden, dass seine angeführten Daten für die Übermittlung von Informationsmaterial (via SMS, E-Mail, Telefon, Post und dergleichen) vom Unternehmen XY über Produkte, Abo-Aktionen und ähnliche Vorteilsaktionen genutzt werden können". Außerdem erklärte sich der Verbraucher "damit einverstanden, dass das Unternehmen XY seine Daten (E-Mail, Telefonnummer) für die Übermittlung von Informationen über Produkte, Aktivitäten und Sonderaktionen erheben, verarbeiten und nutzen darf".

Schon die Vorinstanzen hatten der beklagten Partei die Verwendung dieser oder sinngleicher Klauseln untersagt. Begründung: Der Konsument wisse hierbei nicht, zu welchem konkreten Zweck seine Daten verwendet werden. Der OGH hat diese Ansicht nun bestätigt. Beide Klauseln sind laut Höchstgericht "intransparent und damit unwirksam".

"Unternehmen müssen besonders penibel darauf achten, den Zweck der Datenverwendung, zu der zugestimmt werden soll, konkret zu definieren", rät Winklbauer. Ein pauschaler Hinweis "zu Werbezwecken" reiche keinesfalls. Im konkreten Fall war dem OGH selbst Zweck zur Übermittlung von Informationsmaterial für "Produkte, Abo-Aktionen und ähnliche Vorteilsaktionen" zu vage und zu unbestimmt.

Laut Winklbauer dürften grob geschätzt mindestens die Hälfte der Zustimmungsklauseln unwirksam sein. "Wobei die im zitierten Urteil enthaltene Zustimmungsklausel meines Erachtens nicht grob intransparent war, sondern im Verhältnis zu vielen in der Praxis verwendeten Zustimmungsklauseln ‚nah dran‘ an einer wirksamen Fassung. Umso größer muss daher die Vorsicht der Unternehmer sein."

Stellt sich die Frage, welche Punkte eine Zustimmungserklärung jedenfalls erfüllen muss, um rechtsgültig zu sein. "Der Kunde muss - vereinfacht gesagt - seine Zustimmung in Kenntnis dessen, was mit welchen seiner Daten im konkreten Fall zu welchen Zwecken passiert bzw. passieren darf, erteilen", so Winklbauer. Außerdem müsse in umfassenden Verträgen und bei AGB die datenschutzrechtliche Zustimmungserklärung durch Fettdruck, Umrahmung etc. eindeutig hervorgehoben werden. "Der Teufel steckt dabei im Detail", so der Anwalt. "Eine Patentlösung gibt es nicht."