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Islamic Banking oder doch nicht?

Von Iris Mostegel

Wirtschaft
Der syrische Hairstylist Yasser Albanna (Name auf Wunsch geändert, Anm. d. Red.) ist einer von 600.000 Muslimen in Österreich, die die Bawag mit islamkonformen Konten erreichen will.
© Iris Mostegel

Die Bawag PSK kündigte als erste österreichische Bank ein islamkonformes Konto an. Ein Shitstorm folgte. Jetzt reagierte das Institut - mit einer "österreichischen Lösung".


Wien. Mitte Jänner kündigte die Bawag PSK den Testbetrieb mit Girokonten an, die "auf die speziellen Bedürfnisse von in Österreich lebenden Muslimen abgestimmt sind", sprich islamkonforme Konten, auf denen die Bank weder Zinsen zahlt noch einhebt und stattdessen fixe (und entsprechend hohe) Kontoentgelte berechnet. "Primäre Zielgruppe" seien die knapp 600.000 Muslime Österreichs. Dieses spezielle Angebot, hieß es aber auch, könne jeder in Anspruch nehmen - egal ob Muslim oder nicht.

Dennoch brach ein Shitstorm herein: Auf der Bawag-Facebookseite hagelte es hunderte empörte Kommentare. Dominierend war ein fremdenfeindlicher Unterton. "Heute scharia-konforme Bankkonten, morgen scharia-konforme Klamotten sprich Burkas bei Zara und Co., weil man sich ja ‚am Markt orientieren muss‘ (. . .)", schrieb etwa ein User, während andere die "Forcierung von Parallelgesellschaften" oder "schleichende Islamisierung" konstatierten, "weil die Banken mal wieder nicht den Hals voll bekommen". Einige gaben an, ihr Konto bei der Bawag bereits gekündigt zu haben; zeitgleich rief eine Facebookgruppe zum Boykott der Bank auf. Mäßigende oder explizit positive Stimmen waren in der Unterzahl.

Start des Testbetriebes

Offiziell hielt die Bank an ihren Plänen fest, wiewohl man - marketingtechnisch - von der zuvor umworbenen muslimischen Klientel abzurücken begann. Wo die Bawag etwa auf ihrer Facebookseite zu Beginn noch ausdrücklich von "islamkonformen Konten" sprach, ließ ein Banksprecher tags darauf über die "Kleine Zeitung" wissen, dass "wir hier nicht ‚Islamic Banking‘ machen, wir testen nur ein neues Girokontenmodell" - welches eben auch "die speziellen Bedürfnisse von in Österreich lebenden Muslimen berücksichtigt". Von weiteren ursprünglichen Verlautbarungen wie, dass man "auf die Bedürfnisse einer sich wandelnden Gesellschaft" eingehen wolle oder "es für die Bawag PSK wichtig sei, mit Respekt den Glaubensüberzeugungen aller religiösen Gemeinschaften zu begegnen", war in der Folge nichts mehr zu hören noch zu lesen. Das war vor gut drei Wochen.

Doch jetzt startete der Testbetrieb - mit einer Überraschung. Denn zwischenzeitlich hatte man in aller Stille den symbolträchtigen Produktnamen des umstrittenen Kontos "ent-islamisiert" und für einen massentauglicheren Gebrauch aufbereitet: Was ursprünglich unter der Bezeichnung "Amana" firmierte (arabisch: u. a. "Aufrichtigkeit" oder "Vertrauenswürdigkeit"), schickte die Bawag jetzt als "Budget Konto" an den Start.

Nur ein "Projektarbeitstitel"

Die Produktbeschreibungen präsentieren sich auf der Bankenwebsite bewusst neutral; Termini, die Assoziationen zu etwaigen speziellen Bedürfnissen von Muslimen auslösen könnten, wurden ausgespart. Nur das Logo mit seinem grünen Schriftzug und den weißen Sternen erinnert leise an die Ursprungspläne.

Bei einem Banksprecher ist zum Grund der Umbenennung zu erfahren, dass man aufgrund der "breiten Resonanz, auch außerhalb der ursprünglichen primären Zielgruppe (. . .), gleich von Anfang an eine breitere Kundenschicht ansprechen" wolle. Die hier erwähnte breite Resonanz schien sich jedoch kurzfristig entwickelt zu haben, denn wenige Stunden davor hieß es anlässlich einer - anderen - Anfrage, dass man "um Verständnis bitte, dass wir derzeit noch keine Angaben zum Interesse bzw. der Nachfrage machen können. Solche Erkenntnisse soll eben der Testbetrieb erbringen". Abschließend will man festgehalten wissen, dass Amana lediglich ein "Projektarbeitstitel" gewesen sei. Allerdings war Amana auf der Bankenwebsite bis zum 1. Februar klar ersichtlich als Produktname angegeben; mittlerweile ist das Dokument nicht mehr abrufbar.

Ob es der Bawag gelingen wird, ihre ursprüngliche Hauptzielgruppe, die muslimischen Kundinnen und Kunden in Österreich, von dem Produkt zu überzeugen, ist unklar. Noch gibt es unzureichend Erfahrungswerte. Der Testbetrieb wurde am 4. Februar gestartet. Vorerst ist er auf drei Wiener Filialen in Bezirken mit hohem muslimischen Bevölkerungsanteil beschränkt.

Im Dezember traf es Spar

Bereits zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit hat in Österreich die Bewerbung eines islamkonformen Produkts für einen Shitstorm in sozialen Medien gesorgt. Im vergangenen Dezember traf es die Supermarktkette Spar: Sie hatte in zwei Dutzend Wiener Filialen mit dem testweisen Verkauf von Halal-Fleisch begonnen. Nachdem in den sozialen Medien eine Hetzkampagne über Spar hereingebrochen war, stellte man den Verkauf wenige Wochen darauf ein. Das löste darauf Empörung der Gegenseite aus. Der österreichische Autor und Regisseur David Schalko etwa schrieb: "Wenn sich Spar von Nazis, Rassisten, Xenophoben oder Heuchlern unter Druck setzen lässt, dann wird es auch Zeit für den Gegendruck. (. . .) Wer sich schon jetzt von fremdenfeindlichen Paranoiden kompromittieren lässt, verhält sich im Ernstfall vermutlich katastrophal. Was ist los in diesem Österreich? Wehret den Anfängen."