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Handel als Schmiede für Verkaufstalente

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Lehrling bei Billa: Derzeit werden rund 17.000 Einzelhandelslehrlinge in ganz Österreich in mehr als 4500 Lehrbetrieben ausgebildet.
© Rewe International AG

Mehr Praxisbezug in der Ausbildung: Bei der Lehrabschlussprüfung kommt es auf den souveränen Umgang mit anspruchsvollen Testkunden an.


Wien. "Wieso haben Sie das nicht mehr?" - "Können‘S nicht eine zweite Kassa aufmachen?" - "Was heißt, der Gutschein ist schon abgelaufen?" Die Kundschaft kann mitunter ganz schön schwierig sein, dann muss man souverän reagieren, das gehört dazu, wenn man im Handel arbeitet.

Der heimische Einzelhandel bildet rund 17.000 Lehrlinge aus. Da die Konsumenten immer anspruchsvoller geworden sind, befanden die Sozialpartner, dass es an der Zeit für eine Überarbeitung des Berufsbildes war.

Soziale Kompetenzen werden immer wichtiger

Mehr Praxisbezug und die Berücksichtigung sozialer Kompetenzen lautet die Devise. Was das genau bedeutet, erläuterten am Mittwochabend Vertreter von Wirtschaftskammer und Gewerkschaft in einem Hintergrundgespräch.

"Das Verkaufsgespräch ist das Um und Auf, es ist das einzige, das nicht digitalisiert werden kann", betonte Barbara Kasper, Bundesjugendsekretärin der GPA-djp. Deshalb müssen die Lehrlinge bei der Abschlussprüfung nun beweisen, dass sie während ihrer Ausbildung den souveränen Umgang mit Kunden gelernt haben und auch schwierige Gesprächssituationen in ihrer täglichen Arbeit meistern können.

Im praktischen Teil der Prüfung, der früher aus einer Projektarbeit bestand, präsentiert der Lehrling sich selbst, den Lehrbetrieb und Maßnahmen zur Verkaufsförderung. Danach folgt ein Fachgespräch, für das der nationale und internationale Lehrlingswettbewerb "Junior Sales Champion" Pate stand. Der Berufsnachwuchs demonstriert dabei in Verkaufsgesprächen mit anspruchsvollen Testkonsumenten, dass er nicht nur über fachliches Wissen sondern auch über Einfühlungsvermögen und Überzeugungskraft verfügt. Von den Ausbilderinnen und Ausbildern wird nun erwartet, dass sie die neuen Regeln in ihrer Arbeit mit den Jugendlichen einfließen lassen. Für die Ausbildung nach den neuen Regeln wurde ein eigener Praxisleitfaden erstellt.

Die neue Ausbildung soll auch zu einem besseren Image der Einzelhandelslehre beitragen. Obwohl nach wie vor viele Jugendliche nach der Pflichtschule eine Lehre in Handelsunternehmen beginnen, gilt sie im Vergleich zu früher als nicht besonders attraktiv. "Wir haben teilweise ein Nachwuchsproblem", sagt Rene Tritscher, Geschäftsführer der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Dabei bedeutet im Handel zu arbeiten nicht nur, hinter der Kassa zu sitzen oder Regale zu schlichten. Es gebe "hunderte" Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten, betont Tritscher.

"Sackgasse" Lehre ist ein Mythos

Die Lehre kann eine solide Ausgangsbasis für ein erfülltes Erwerbsleben bilden, sagt Manfred Wolf von der GPA-djp. Es sei ein Mythos, dass die Entscheidung für die Lehre in eine berufliche Sackgasse führe. Diese Entscheidung müsse keineswegs bedeuten, dass es mit Weiterbildung und Höherqualifizierung für immer vorbei sei. Zahlreiche Unternehmen haben eigene Ausbildungsinstitutionen und -programme für Lehrlinge.

Lehrlinge im Handel verdienen laut Kollektivvertrag zwischen 526 Euro monatlich im ersten Lehrjahr und 958 Euro im dritten Jahr. Die Lehrlingsentschädigung wird bei besonderen Leistungen häufig durch diverse "Zuckerl" aufgefettet, etwa durch ein Firmenhandy. Größere Unternehmen übernehmen unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten für den Führerschein.