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Erste Bank wetzt Scharte aus

Von Karl Leban

Wirtschaft
Bankchef Andreas Treichl

Institut macht 2015 mit 968 Millionen Euro Gewinn Rekordverlust vom Jahr davor zum Teil wett. Es soll weiter aufwärts gehen, Bankchef Treichl sorgt sich aber wegen der EZB-Zinspolitik.


Wien. Ein Neustart sollte es werden, und er ist geglückt. 2015 hat die Erste Group einen Gewinn von 968 Millionen Euro eingefahren, nach einem abschreibungsbedingten Rekordverlust von 1,38 Milliarden Euro im Jahr davor. Waren ihre Aktionäre für 2014 leer ausgegangen, sollen sie nun wieder eine Dividende erhalten - 50 Cent je Aktie, wie das börsenotierte Institut am Freitag ankündigte.

Die Rendite auf das Eigenkapital, eine bei Analysten viel beachtete Banken-Kennzahl, lag im abgelaufenen Jahr bei gut neun Prozent. "Heuer soll sie auf zehn bis elf Prozent steigen", sagte Erste-Chef Andreas Treichl am Freitag bei der Bilanzpräsentation. Damit sollten weitere Dividendenzahlungen begünstigt sein.

Profitiert hat die Bank 2015 vor allem von einem stärkeren Kreditwachstum sowohl im Firmen- als auch im Privatkundengeschäft sowie von deutlich niedrigeren Kreditrisikovorsorgen. Zum Jahresende lag der Anteil der notleidenden Kredite am gesamten Kreditvolumen mit 7,1 (Vorjahr: 8,5) Prozent auf dem tiefsten Stand seit Mitte 2010, wie die Erste berichtete.

Sonderlasten gab es im vergangenen Jahr dennoch zu schultern. So kostete der Zwangsumtausch von Frankenkrediten in Kroatien fast 130 Millionen Euro, was der dortigen Tochterbank rote Zahlen bescherte. In Rumänien wiederum musste die Erste nach Konsumentenschutzklagen - gestritten wird um Zinsberechnungen - rund 102 Millionen Euro rückstellen.

Turnaround in Rumänien

Trotz der Belastung hat die rumänische Tochter BCR, jahrelang ein Sorgenkind, 2015 die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Grund dafür war unter anderem der zuletzt beschleunigte Abbau fauler Kredite, durch die immer wieder massive Abschreibungen angefallen waren. In Ungarn setzte es indes wegen des Problems rund um Fremdwährungskredite und Bankensteuer einen weiteren Verlust (wenn auch einen deutlich geringeren als 2014), während die übrigen osteuropäischen Erste-Märkte Tschechien, Slowakei und Serbien allesamt positive Ergebnisse beisteuerten. Im Österreich-Geschäft stieg der Gewinn um sieben Prozent auf 230 Millionen Euro.

Insgesamt scheint 2015 für die im Osten Europas engagierten österreichischen Großbanken zumindest kein schlechtes Jahr gewesen zu sein. Den höchsten Gewinn hat mit 1,3 Milliarden Euro die Bank Austria eingestreift - gefolgt von Erste Group (968 Millionen Euro) und Raiffeisen Bank International (383 Millionen Euro). Dank ihrer Gewinne konnten diese Finanzinstitute auch die Eigenkapitaldecke aufpolstern. Bei der Ersten etwa stieg die harte Kernkapitalquote, die wichtigste Messlatte bei Bankenaufsehern, von 10,6 auf 12,3 Prozent, womit sie um gut zweieinhalb Prozentpunkte über dem Mindesterfordernis lag.

"Echte Sorgen" macht den Banken jedoch das Zinstief respektive die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) - auch der Erste Group. Bankchef Treichl befürchtet, dass der Trend anhält oder schärfer wird. In einigen Ländern - in Österreich noch nicht - werden die Negativzinsen der EZB bereits an die Sparer weitergegeben. Die EZB verlangt von Banken, die Geld bei ihr parken, schon seit längerem Strafzinsen. Sollte sie die Zinsen weiter senken, stehe die Erste vor der Wahl: "Entweder wir zahlen drauf und es kostet uns viel Geld, dass Kunden bei uns Geld einlegen, oder wir geben es an die Kunden weiter", so Treichl. Eine weitere Zinssenkung wäre jedenfalls ein "dramatischer Schritt". Nachsatz: "Ich kann nur hoffen, dass es nicht so weit kommt."

"Falsch und unehrlich"

Die Argumentation, die Banken würden mit der EZB-Niedrigzinspolitik dazu gebracht, mehr Kredite zu vergeben, hält Treichl für "falsch und unehrlich". In Wirklichkeit gehe es nur darum, "dass sich Staaten billig refinanzieren können". Dies, so Erste-Bank-Österreich-Chef Peter Bosek, bedeute "über die Zeit de facto eine Enteignung der Sparer".