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Die Zeiten ändern sich

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Neo-Bank-Austria-Chef Zadrazil über den Streit um die Pensionen und die Zukunft der Bank.


Wien. Am 1. März erklimmt Robert Zadrazil offiziell den Chefsessel der stark zusammen gestutzten Bank Austria. Seine Aufgabe: Die Kosteneffizienz der Bank bis 2018 deutlich verbessern und aus dem alterwürdigen Traditionshaus eine "moderne, digitale Bank des 21. Jahrhunderts" machen. Das Geld bekommt damit ein neues Mascherl.

Wiener Zeitung: Bis 2018 muss die Bank Austria fast ein Drittel ihrer Filialen schließen. 800 Stellen werden abgebaut. Wie gehen die Mitarbeiter mit den Umbrüchen um?Robert Zadrazil: Die Jobs ändern sich. Wir werden zwar weniger, aber deutlich größere Filialen haben. Die Veränderung erfahren wir gerade in allen Branchen und Digitalisierung bleibt auch vor der Bankenbranche nicht stehen. Das Geschäft mit den Privatkunden werden wir aber neu ausrichten. In unserer Online-Filiale sitzen heute 250 Berater, die auch online beraten. Das entspricht der Kapazität von 50 Kleinfilialen. Zudem haben wir heute schon 70 Experten, die zum Thema Wohnkredit sowohl die digitale, als auch die analoge Welt bespielen.

Das Osteuropageschäft war das Flaggschiff der Bank Austria. Schmerzt es, dass es jetzt nach Mailand wandert?

Es gibt die Strategie, den rechtlichen Sitz der CEE-Division nach Mailand zu verlegen. Natürlich war das CEE-Geschäft, wie man in der letzten Bilanz gesehen hat, ein wesentlicher Ertragsbringer. Auf der anderen Seite werde ich mich auch künftig sehr intensiv mit dem CEE-Geschäft beschäftigen. Ich bin Aufsichtsratsvorsitzender der Bulbank und werde es auch bleiben. Die Vernetzung wird sich nicht ändern und vor allem wird das Know-how erhalten bleiben, was für unsere Kunden sehr wichtig ist. Und das Geschäft bleibt für uns als Gruppe trotzdem ein Ertragsbringer.

Schwächt das nicht die Position der Bank Austria innerhalb der Gruppe?

Man darf die Stärke und Größe der Bank Austria nicht aus den Augen verlieren. Wir haben im Österreichgeschäft einen Gewinn von 500 Millionen Euro und eine Bilanzsumme von rund 110 Milliarden Euro, womit wir die größte Bank des Landes bleiben. Man kann natürlich sagen, dass das im Vergleich zu den insgesamt 1,3 Milliarden Gewinn 2015 wenig ist. Wir sprechen hier aber von 14 Ländern. Die Bank Austria bleibt ein Schwergewicht. Wir werden unsere führende Marktstellung weiter ausbauen.

Der Vorwurf des Mutterkonzerns Unicredit lautete, dass man im Privatkundengeschäft zu wenig Geld verdient. Wegen der sehr niedrigen Zinsen haben Sparer auch wenig Anreiz, ihr Geld in der Bank anzulegen. Wo können denn Banken künftig Geld verdienen?

Ertragsziele, die in der Vergangenheit mit Sparbüchern erreicht werden konnten, sind heute in diesem Umfeld nicht erreichbar, man muss das Geschäftsmodell neu adjustieren und dabei sämtliche Möglichkeiten nutzen, die analoge und digitale Welt zusammenzubringen.

Wifo und Nationalbank rechnen damit, dass in den kommenden fünf Jahren 30 Prozent der Jobs im Bankensektor wegbrechen. Laufen die Geschäfte nur noch online?

Es ist das Kundenverhalten, das uns lenkt. Und immer mehr Kunden bewegen sich online. Das heißt aber nicht, dass sie vice versa nicht auf die andere Welt zurückgreifen können - wir müssen beides anbieten.

Die Europäische Zentralbank pumpt seit einem Jahr monatlich 60 Milliarden Euro in den Markt, um Investitionen anzukurbeln und einer möglichen Kreditklemme entgegen zu wirken. Gibt es diese Klemme in Österreich überhaupt?

Wir spüren das nicht. Aber das regulatorische Umfeld limitiert die Möglichkeiten, gerade wenn wir von Start-ups sprechen, die eine klassische Bankfinanzierung in Anspruch nehmen wollen. Das andere Thema sind etablierte Unternehmen, die für Investitionen Geld brauchen. Hier sehen wir eindeutig eine geringe Nachfrage. Man kann aber nicht von einer Kreditklemme sprechen, wenn, dann von einer Nachfrageklemme, da wir gern mehr gute Projekte finanzieren würden. Aber aus kaufmännischer Sicht ist man im aktuellen Umfeld natürlich vorsichtiger, was Investitionen angeht. Die Stimmung muss sich wieder ändern. Auch der private Konsum ist wichtig für das Wirtschaftswachstum und er ist nach wie vor unterdurchschnittlich.

3300 Bank-Austria-Mitarbeiter sollen im Zuge der Umstrukturierung vom betrieblichen ins staatliche Pensionssystem überführt werden. Sozialminister Stöger hat sich hier aber quer gelegt und verlangt einen höheren Beitrag seitens der Bank.

Es gibt ganz klare Gesetze und unsere Rechtssicht wird durch mehrere Gutachten und auch die jahrzehntelange Verwaltungspraxis gestützt.

Stimmt es, dass der Bund für eine Einigung einen Zuschuss in der Höhe von 350 bis 400 Millionen von der Bank verlangt?

Das kann ich so nicht sagen. Vom Prozedere her haben wir die Daten übermittelt, aber wir haben noch keine Rechnung bekommen. Wir haben jede Chance genutzt, um allen relevanten Personen unsere Sicht darzulegen. Im ASVG sind sieben Prozent Zuschuss für den Wechsel zwischen den Pensionssystemen geregelt, in beide Richtungen - so haben wir auch 5800 Mitarbeiter aus dem staatlichen in unser System übertragen. Das Gesetz sagt Folgendes: Wir müssen für einen Mitarbeiter, der zum Beispiel heute 4800 Euro verdient, rückgerechnet sieben Prozent dieses Einkommens auf die gesamte Beschäftigungsdauer zahlen, auch wenn der Mitarbeiter vor 15, 20 Jahren natürlich ein geringeres Gehalt hatte und die Höchstbeitragsgrundlage niedriger war. Darüber hinaus haben die Mitarbeiter durchschnittlich noch 14 Beitragsjahre vor sich, wodurch zusätzlich 500 Millionen ins staatliche System einbezahlt werden.

Wenn Sie sich nicht einigen können, werden Sie auf die Übernahme klagen?

Zum gegebenen Zeitpunkt werden wir beurteilen, welchen Weg wir gehen.

Mit dem Sparprogramm wurde der Verkauf des Privatkundengeschäfts abgewendet. Ist das Verkaufsszenario vom Tisch?

Ja.

In drei Jahren gibt es also noch eine Bank Austria inklusive Privatkundengeschäft?

Die wird es ganz sicher geben.

Zur Person

Robert Zadrazil (45)

ist mit 1. März neuer Vorstandsvorsitzender der Bank Austria. Seit 2011 leitet er das Private Banking (Vermögensverwaltung) des Instituts. Der studierte Betriebswirt folgt Willibald Cernko nach.