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Voestalpine prüft neues Edelstahlwerk in Kapfenberg

Von Karl Leban

Wirtschaft

Konzern beziffert mögliche Investition in steirischen Standort mit 250 bis 300 Millionen Euro.


Wien. Vor knapp neun Jahren hat die Voestalpine für rund vier Milliarden Euro den Edelstahlhersteller Böhler-Uddeholm gekauft. Der Linzer Konzern trat dabei als weißer Ritter auf, um die als feindlich eingestuften Übernahmepläne einer ausländischen Investmentfirma zu vereiteln. Für die Voestalpine war es der mit Abstand größte Zukauf ihrer Geschichte. Mit der Edelstahlsparte hat der Konzern seither eine weitere Division (Special Steel). Und in der steht nun eine wichtige Entscheidung für die Zukunft an. Wie Firmenchef Wolfgang Eder am Donnerstag bei der Bilanzpräsentation mitteilte, wird derzeit der Bau eines völlig neuen Edelstahlwerks in Kapfenberg geprüft.

An dem steirischen Hauptstandort der Special-Steel-Division, wo rund 3000 Mitarbeiter beschäftigt sind, würde das neue Werk das bestehende ersetzen. Teile der bisherigen Produktionsstätte sind schon mehr als 100 Jahre alt. In Summe würde das neue Edelstahlwerk - es ginge um das modernste der Welt - 250 bis 300 Millionen Euro kosten, wie es hieß.

Fix ist freilich noch nichts. Die Entscheidung ist für den Standort Kapfenberg und die Region damit eine Schicksalsfrage - ähnlich wie für den Konzernstandort Linz wegen der noch zu entscheidenden Hochofen-Investitionen.

Eine Entscheidung werde es im Laufe des nächsten Jahres geben, kündigte Eder am Donnerstag an. Abhängig macht er die mögliche Großinvestition in Kapfenberg mit Blick auf die Politik in Österreich und der EU davon, dass "wir langfristig mit stabilen Rahmenbedingungen rechnen können". Die ersten Äußerungen der neuen Regierung unter SPÖ-Kanzler Christian Kern ließen jedenfalls Verständnis für die Wirtschaft erkennen. "Und das stimmt uns positiv", so Eder vor Journalisten.

Daneben will der Voestalpine-Chef auch die europäische Klimaschutz- und Energiegesetzgebung abwarten. 2017 werde es da weitere Entscheidungen geben.

Amerika wäre Alternative

Falls es mit dem neuen Werk in Kapfenberg nichts wird, sei "Amerika sicher eine Option, aber sicher nicht die einzige", sagte der für das Edelstahlgeschäft zuständige Vorstand Franz Rotter. Ein Standort irgendwo im internationalen Voestalpine-Netzwerk würde dann ins Auge gefasst. Weiter konkretisiert hat Rotter eine mögliche Alternative vorerst aber nicht.

Ihre Eisenschwammanlage in Texas, die mit 550 Millionen Euro die bis dato größte Einzelinvestition eines österreichischen Unternehmens in den USA ist, will die Voestalpine in den Sommermonaten in Betrieb nehmen. Die offizielle Eröffnung des Werks, für dessen Bau im April 2014 der Spatenstich erfolgte, ist für Herbst geplant. Am Standort Corpus Christi will die Voestalpine künftig pro Jahr zwei Millionen Tonnen Eisenpellets (Vormaterial für die Stahlerzeugung) produzieren, die dann in die ganze Welt verschifft werden sollen. Für Österreich sind davon jährlich rund 800.000 Tonnen bestimmt.

Das abgelaufene Geschäftsjahr 2015/16 (per Ende März) war für den börsennotierten Konzern ein Jahr, in dem er mit 1,3 Milliarden Euro soviel wie noch nie binnen zwölf Monaten investiert hat. Das Geld floss unter anderem in das Werk in Corpus Christi, aber auch in eine neue Drahtstraße am steirischen Standort Donawitz, in ein Grobblechwalzwerk in Linz und in mehrere Autozulieferwerke. Zuletzt hatte der Konzern, der mit rund 500 Gesellschaften in mehr als 50 Ländern rund um den Erdball tätig ist, bereits rund 48.400 Mitarbeiter - laut Voestalpine ein neuer Höchstwert.

Zu 2015/16 sagte Eder, es sei ein Geschäftsjahr gewesen, "das uns sehr gefordert hat". Wobei er vor allem auf den massiven Konjunktureinbruch im Öl- und Gasbereich verwies, aber auch auf den globalen Verfall des Stahlpreises infolge enormer Überkapazitäten in China. 2015/16 gab der Konzernumsatz zwar um 1,1 Prozent auf 11,07 Milliarden Euro nach. Der Betriebsgewinn, das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit), fiel jedoch mit fast 889 Millionen Euro um 0,3 Prozent höher aus - nicht zuletzt auch dank selektiver Sparmaßnahmen. Netto verdiente die Voestalpine mit gut 602 Millionen Euro um 1,2 Prozent mehr als im Geschäftsjahr davor. Die Dividende soll nun um fünf Prozent auf 1,05 Euro je Aktie angehoben werden.

Vorsichtiger Ausblick

Auch für 2016/17 rechnet Eder mit keinen großen Sprüngen. Kurzfristig hält er eine Besserung der Weltkonjunktur für wenig wahrscheinlich. Als positiv wertet Eder aber die anhaltend starke Entwicklung in der Automobilindustrie, im Bahnbereich und im Flugzeugbau, wo er die Voestalpine als Zulieferer gut aufgestellt sieht. Damit sollte ein Ebit "zumindest annähernd auf Vorjahreshöhe" möglich sein.