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Millionen aus Wien für German Pellets

Von Jan Michael Marchart und Werner Reisinger

Wirtschaft

Die Wiener Firma MFC Commodities und ihre Töchter bangen um mehr als 71 Millionen Euro.


Wien/Wismar. "German Pellets ist ein Unternehmen, das wie ganz wenige andere Ökologie und Ökonomie miteinander verbindet, das sehr stark wächst, und das in einer Zukunftsbranche tätig ist." Noch im September 2015 schaltete Peter Leibold, Gründer und Inhaber des Brennstoffherstellers German Pellets mit Sitz im deutschen Wismar, TV-Werbespots, in denen für Anleihen und Genussscheine geworben wurde. Zu einer Zeit, als der Markt für Heizpellets bereits massiv in der Krise war und von Wachstum keine Rede mehr sein konnte, bemühte sich Leibold weiter intensiv um das Geld der Anleger.

Im Februar 2016 meldete German Pellets Insolvenz an, Peter Leibold verschwand in der Folge von der Bildfläche und war für Medien nicht erreichbar. Seit Monaten wird gegen den Firmengründer wegen Insolvenzverschleppung, Untreue und Steuerhinterziehung ermittelt. Für Leibold und andere führende German Pellets Mitarbeiter gilt die Unschuldsvermutung.

Strafanzeige aus Wien

An die 17.000 Kleinanleger zeichneten Anleihen und Genussscheine von German Pellets, mit einem Volumen von rund 270 Millionen Euro. Nach der Insolvenz stehen die Chancen, dass sie etwas von ihrem investierten Geld wiedersehen werden, denkbar schlecht. Die freie Masse beläuft sich laut der Insolvenzverwalterin Bettina Schmudde nur mehr auf 4,4 Millionen Euro.

Doch nicht nur die Anleger zittern um ihr Geld. German Pellets steht auch bei zahlreichen Firmen in der Kreide. Der "Wiener Zeitung" und dem deutschen "Handelsblatt" liegt eine umfangreiche Gläubigerliste aus der Insolvenzakte vor. Sie listet rund 1100 Einträge, darunter 25 Firmen und Personen aus Österreich. Die weitaus größte Summe schuldet German Pellets einer Firma mit Sitz in Wien, Handelskai 94 im 20. Bezirk: Die MFC Commodities GmbH. Fast 59 Millionen Euro flossen laut Gläubigerliste von der Firma, die mit Energierohstoffen handelt, an den insolventen Brennstoffriesen. Weitere rund 12,5 Millionen Euro entfallen auf Unternehmen im Portfolio von MFC Commodities, die allesamt am Millenniumstower am Handelskai 94 gemeldet sind. Insgesamt schuldet German Pellets dem MFC Konsortium aus Wien, das zur MFC Gruppe aus Kanada gehört, laut Insolvenzakte über 71 Millionen Euro. Über diese Beträge und die genaue Art der Geschäftsbeziehungen zu German Pellets wollte das Unternehmen aus dem 20. Bezirk gegenüber der "Wiener Zeitung" am Mittwoch jedoch keine Stellungnahme abgeben.

Laut der deutschen "WirtschaftsWoche" dürften German Pellets und MFC enge Partner gewesen sein. Das österreichische Unternehmen soll German Pellets in für das Geschäft schwierigen Zeiten finanziell unter die Arme gegriffen haben. Als Sicherheit soll MFC bei Peter Leibolds Firma Rohmaterial und fertige Pellets bekommen haben, die German Pellets für die Österreicher einlagerte, schrieb das Magazin Ende Februar.

Zu wenig "Holz vor der Hütte"

Als die finanziellen Schwierigkeiten bei German Pellets überhandnahmen und die Firma im Februar schließlich Insolvenz anmeldete, wurde MFC hellhörig und soll die Lagerbestände von German Pellets überprüft haben. Der Warenbestand vor Ort soll jedoch weit unter der mit MFC vereinbarten Menge gelegen haben, so die "WirtschaftsWoche". Die Wiener Firma soll in der Folge bei der Staatsanwaltschaft Rostock eine Strafanzeige gegen German Pellets eingebracht haben. In der Anzeige ist von einem Schaden über 27 Millionen Euro die Rede. Was mit den Lagebeständen passiert ist, bleibt unklar. Beide Unternehmen schweigen zur Causa.

Wie die "Wiener Zeitung" zusammen mit der deutschen "Zeit" berichtete, wurde ein Großteil der 270 Millionen German-Pellets-Anlegergelder über ein komplexes Stiftungs- und Firmengeflecht in Wien in die USA verfrachtet. Mit dem Kapital stärkte Leibold unter anderem zwei Pelletwerke in Louisiana und Texas - diese gehören aber nicht dem Mutterkonzern, sondern der Pele Privatstiftung in Wien. Deren Begünstigte ist laut Angaben der ehemaligen Stiftungsvorstände Wolfgang Zronek und Hans-Dieter Alt Peter Leibolds Ehefrau, Anna Kathrin Leibold.