Zum Hauptinhalt springen

Unsichtbare Arbeiterschar

Von Julia Mathe

Wirtschaft

Die Arbeiterkammer setzt sich für Crowdworker ein, die als Freelancer im Netz arbeiten.


Wann ist Crowdwork eine Lösung, und wann trägt es zu Lohndumping und Entsolidarisierung bei.
© Library of Congress / WZ Online

Wien. 17,5 Millionen Suchergebnisse spuckt Google aus, wenn man "online Geld verdienen" eintippt. Die Utopie, vor dem Computer Geld zu scheffeln, existiert wohl schon so lange wie das Internet selbst. In den letzten Jahren sind Onlineportale aus dem Boden geschossen, die ebendies ermöglichen: Man fährt den Computer hoch, loggt sich ein und beginnt zu arbeiten.

Die sogenannten Crowdworker (zu Deutsch: Schwarmarbeiter) sind in diversen Branchen tätig: Die einen beschlagworten oder programmieren von zuhause aus, die anderen putzen in privaten Haushalten oder fahren Taxi. Meist stammen die Aufträge von Unternehmen, die ihre Projekte über die Plattformen auslagern und so flexibel auf eine Schar an Arbeitskräften zurückgreifen können.

Nichts für Reiche

Nun deutet eine Studie im Auftrag der Arbeiterkammer (AK) darauf hin, dass diese Arbeitsorganisation Eingang in den österreichischen Alltag findet: 18 Prozent der Befragten geben an, im vergangenen Jahr mindestens einmal über solche Plattformen gearbeitet zu haben. Mehr als ein Drittel hat zumindest versucht, auf diese Weise Geld zu verdienen.

Diese Online-Befragung zeigt außerdem, dass Crowdworker in der Regel knapp bei Kasse sind: Fast die Hälfte der Befragten mit Crowdwork-Erfahrung hat ein jährliches Gesamteinkommen von 18.000 Euro brutto oder weniger. Für elf Prozent der Schwarmarbeiter macht Crowdwork mehr als die Hälfte ihres Gesamteinkommens aus.

Die AK begrüßt, dass durch Crowdwork neue Jobmöglichkeiten entstehen, kritisiert allerdings die Rahmenbedingungen: "Technik darf nicht als Ausrede für Rechtsbruch herhalten", sagt AK-Präsident Rudi Kaske. Crowdworker können sich kaum gegen Missstände wehren, da die Plattformen, über die sie Geld beziehen, meist im Ausland angesiedelt sind. Manche Portale würden den Crowdworkern gar vertraglich verbieten, sich zu vernetzen. Die Möglichkeit, sich gewerkschaftlich zu organisieren, sei aber ein Menschenrecht. Internationale Studien zeigen zudem, dass Crowdworker schlecht verdienen: In den USA liegt ihr mittlere Stundenlohn mit 4,65 Dollar deutlich unter dem Mindestlohn von 7,25 Dollar, ergibt eine aktuelle Befragung der Internationalen Arbeitsorganisation.

Ob sich Crowdworker überhaupt von Einrichtungen wie der Arbeiterkammer vertreten lassen möchten, ist eine andere Frage. Fast jeder dritte Crowdworker glaubt nicht, dass Gewerkschaften seine Situation verbessern werden, ergab eine Studie des deutschen Alexander-von-Humboldt-Instituts für Internet und Gesellschaft. Sie möchten von Gewerkschaften zwar beraten werden, sich aber aus eigener Kraft organisieren. "Damit wird eine neue Art von Schnittstelle zwischen Gewerkschaften und selbst organisierten Crowdworkern notwendig", schlussfolgern die Autoren der Studie.

AK zum Thema Crowdwork