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Wer braucht noch Banken?

Von Gregor Kucera

Wirtschaft
© Fotolia/marcelmondocko

Bitcoins - die Zukunft des Zahlens oder eine Gefahr? Finanzmarktaufsicht warnt vor Betrug mit virtuellen Währungen.


Wien. In Zeiten von Bankomatgebühren, Negativzinsen und einem Schwund an Bankfilialen stellen sich Kunden zunehmend die Frage, wie die Zukunft der Geldgeschäfte aussehen wird. Braucht man noch Banken? Fix ist, zumindest derzeit: Um geschäftsfähig zu sein, braucht man ein Konto. Alles andere wird die Geschichte zeigen.

Ein Modell einer Welt ohne Banken im klassischen Sinn sind sogenannte virtuelle Währungen, auch Krypto-Währungen. Diese werden wie klassische Rohstoffe abgebaut, allerdings weniger schmutzig und bequem vor dem Computer - im Fachjargon nennt sich dies "Mining". Der Abbau erfolgt durch die Lösung aufwendiger Rechenaufgaben am Computer. Vor allem der Einsatz von Rechnerkapazitäten und Zeit machen diese "Währungen" rar und daher auch wertvoll. Der bekannteste Vertreter dieser neuen Bezahleinheiten nennt sich "Bitcoin" und ist seit geraumer Zeit ein Begriff.

Oft betrügerische Schneeballsysteme dahinter

Für die Verfechter eine großartige Möglichkeit, ohne Banken zu handeln, anonyme Transaktionen abzuschließen und einen "freien" Welthandel aufzubauen. Für die Kritiker eine unkontrollierbare, hochspekulative Währung, die am Schwarzmarkt genutzt wird und in letzter Zeit nur mehr in Zusammenhang mit virtuellen Raubzügen genannt wurde.

Zu den natürlichen Feinden der neuen Krypto-Währungen gehören vorangig Banken und Finanzaufsichten, aber auch Behörden und die Gesetzgebung. Ein unkontrollierbarer Markt, der mit virtueller Währung, die aber echten Geldwert besitzt, spielt, investiert oder auch Illegales finanziert, kann auf Dauer nicht schalten und walten, wie er will, heißt es. Am Montag hat sich nun auch die Finanzmarktaufsicht Österreich (FMA) zu Wort gemeldet und massiv vor Betrug mit virtuellen Währungen gewarnt: Solche Angebote und Anlagemodelle seien nicht reguliert und nicht beaufsichtigt. Sie seien besonders anfällig, für Betrügereien missbraucht zu werden, schrieben die österreichischen Aufseher.

Die Konsumenten sollten außerdem vor Investments in Geschäfte, die auf virtuellen Währungen aufbauten, auf der Hut sein. Dahinter würden sich oft betrügerische Schneeballsysteme verbergen - in der Regel über grenzüberschreitende Angebote.

Werden der FMA Fälle bekannt, die eine Straftat vermuten lassen, zeige sie diese beim Staatsanwalt an, hieß es. Eine rechtliche Beurteilung, ob mit solchen Geschäftsmodellen eine Straftat vorliegt, falle nicht in die Zuständigkeit der FMA selbst, sondern in die der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte. Vor Geschäftsaufnahmen empfehle sich daher jedenfalls eine Recherche im Internet, ob für jeweilige Anbieter schon Warnmeldungen veröffentlicht sind.

Zusammenarbeit der Ministerien und Behörden

Eine Reaktion der Politik wird nun für den Ministerrat am heutigen Dienstag erwartet: Mit einem sehr umfangreichen Gesetzespaket will die Bundesregierung dem Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung auf die Sprünge helfen. Der Ministerrat wird zu diesem Zwecke nicht nur über das neue Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes (FM-GwG), sondern zusätzlich über Änderungen in 22 weiteren Gesetzen - vom Bankwesengesetz bis zum Zahlungsdienstegesetz - beraten. Und in diesem Maßnahmenpaket werden wohl auch die virtuellen Währungen mitgedacht sein.

Mit dem Maßnahmenpaket soll unter anderem die Zusammenarbeit der Ministerien und Behörden verbessert, der risikoorientierte Ansatz erweitert und eine videogestützte Online-Identifizierung bereits im Rahmen der normalen Sorgfaltspflichten ermöglicht werden. Durch die Schaffung des neuen Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes sollen zudem die Vorschriften für Kredit- und Finanzinstitute in einem Gesetz zusammengefasst werden.

Das soll auch dazu dienen, die Aufsicht durch die FMA zu vereinfachen. Ob es einzelstaatliche Gesetze sein werden, die die virtuellen Währungen eindämmen, sei dahingestellt. Aber immerhin gibt es dann eine gewisse Rechtssicherheit und klarere Grenzen und Spielregeln. Gerade auch was etwa Gewinne aus den Spekulationsgeschäften betrifft.

Daher überrascht es wenig, dass die angekündigten Schritte und das Maßnahmenpaket nur die Vorbereitung für die Umsetzung der EU-Richtlinie 2015/849 darstellt, mit der den internationalen Standards der OECD-Geldwäschestelle FATF entsprochen werden soll. Eine Überprüfung der FATF hatte in einigen Bereichen wesentliche Defizite ergeben, unter anderem beim nationalen Kooperationsmechanismus, dem Verdachtsmeldewesen, der Strafverfolgung und der Aufsicht. Laut FATF hat Österreich durch seine geografische Lage sowie die signifikante Migrantenpopulation ein erhöhtes Risikoprofil.

Um die Welt der virtuellen Währungen zu verstehen, bedarf es eines kurzen Exkurses. Technische Basis für alle Krypto-Währungen ist die sogenannte Blockchain-Technologie. Unter Blockchain versteht man eine erweiterbare Liste aus Datensätzen, deren Integrität, also die Sicherung gegen nachträgliche Manipulation, durch Speicherung der (kryptografischen) Prüfsumme des vorangehenden Datensatzes im jeweils nachfolgenden gesichert ist. Man kann daher - mehr oder weniger öffentlich - nachvollziehen, woher eine Währungseinheit kam und wer nun im Besitz selbiger ist. Vereinfacht gesagt, ähnelt die Funktionsweise dem Journal der Buchführung. Denn eine Blockchain ermöglicht es, in einem dezentralen Netzwerk eine Einigkeit zwischen den Knoten zu erzielen. Sie also kontrollier- und verwaltbar zu machen.

Klingt komplizierter, als es ist. Wesentlich ist, dass man einen sehr leistungsfähigen Computer benötigt, um die Rechenaufgaben zu lösen. Nach Bitcoin sorgten
Ethereum, Ripple oder LiteCoin für Furore, der jüngste Spross der Familie nennt sich nun mehr Zcash und ist damit eine von rund 100 neuen virtuellen Währungen, die sich in der digitalen Welt tummeln.

Man will investierenund anonym kaufen

Auch die Gründe, warum man sich als Nutzer für diese Währungen interessiert, sind weitverbreitet: Man will bei etwas Neuem dabei sein, das die Welt verändern kann. Man will investieren, anonym kaufen - möglicherweise auch bei nicht legalen Anbietern oder man hat Lust auf hochspekulative Geschäfte. Der Wert der Währung wird vom Tageskurs bestimmt, der oftmals größeren Schwankungen ausgesetzt ist und für viele Unbeteiligte enorm hoch zu sein scheint.

Die Probleme einer globalisierten und vor allem digitalisierten Welt in den Griff zu bekommen, steckt derzeit noch in den Kinderschuhen. Zu groß sind die Gräben zwischen dem Beschluss von Gesetzen und der immer schnelleren Innovation. Was heute technisch möglich ist, wird oftmals in den aktuellen Überlegungen zu neuen Gesetzesnovellen noch nicht einmal mitbedacht.