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Fast eine Milliarde für Sibirien

Von Karl Leban

Wirtschaft

OMV und Gazprom unterzeichnen Grundsatzvereinbarung für Tausch von Assets - Abschluss des Deals für 2018 erwartet.


Wien. OMV und Gazprom sind ihrem angekündigten Milliardendeal einen weiteren wichtigen Schritt nähergekommen. Am Mittwoch besiegelten der österreichische Energiekonzern und der russische Gasriese in Wien eine Grundsatzvereinbarung für den Abtausch milliardenschwerer Assets. Dabei geht es darum, dass die OMV eine Beteiligung von knapp einem Viertel an dem riesigen westsibirischen Gasfeld Urengoj erhalten soll und Gazprom eine 38,5-Prozent-Beteiligung an deren Nordsee-Aktivitäten, konkret an der norwegischen OMV-Tochter Norge.

In den Eckpunkten für ihr Geschäft, bei dem kein Geld fließen soll, sind sich beide Unternehmen nun also einig. Jetzt wird an den vertraglichen Regelungen und Details gefeilt. Mit dem Signing, der Unterzeichnung der finalen Transaktionsdokumente, rechnen OMV und Gazprom bis Mitte 2017. Das Closing, der rechtliche Abschluss des Geschäfts, sollte dann bis spätestens Jahresende 2018 über die Bühne gehen.

Strategisch will sich die OMV künftig stärker auf Russland ausrichten. Nicht zuletzt wegen des tief gefallenen Ölpreises setzt der teilstaatliche Wiener Konzern viele seiner Hoffnungen auf den dortigen Markt. Zumal die Produktionskosten in Russland weit niedriger sind als in der Nordsee oder in Rumänien, wo die OMV über ihre Tochter Petrom ebenfalls prominent vertreten ist.

Schlagartig höhere Reserven

Was die OMV im Zusammenhang mit der geplanten 24,98-Prozent-Beteiligung an Urengoj außerdem hervorstreicht: Ihre Reserven, die derzeit rund eine Milliarde Barrel Öläquivalent (boe) betragen, würden sich damit schlagartig erhöhen - um ungefähr 560 Millionen Barrel, also um mehr als die Hälfte. Die Abhängigkeit von Russland steigt damit freilich.

Mit der Gasförderung in Sibirien will die OMV 2019 beginnen. Sechs Jahre später soll die Produktion dann ein Plateau von täglich gut 80.000 boe erreichen.

In Summe soll der Anteil der OMV an den Gesamtinvestitionen für Urengoj bis 2039 bei zirka 900 Millionen Euro liegen. 40 Prozent davon sollen bereits in den nächsten beiden Jahren flüssiggemacht werden, kündigte OMV-Chef Rainer Seele in einer Pressekonferenz mit dem Gazprom-Boss Alexej Miller und Finanzminister Hans Jörg Schelling an.

Unterdessen ist nicht ganz klar, warum für Gazprom just eine Beteiligung an der vergleichsweise recht teuren Ölförderung in der Nordsee attraktiv sein soll. Miller sprach zwar von "geografischer Diversifizierung" und von "Synergien bei Logistik, Trading und Marketing". Vielmehr dürften die Russen aber an der Technologie und dem langjährigen Know-how der Norweger bei der Förderung am Shelf interessiert sein. Hintergrund: "Wir haben in den letzten 50 Jahren vor allem in der Arktis gearbeitet - aber auf dem Festland", so Miller. Nächster Schritt sei der russische Shelf. "Dort lagern enorme Vorkommen."

Spielen die Norweger mit?

Die OMV wiederum sollte davon profitieren, wenn sie Gazprom in der Nordsee an Bord hat. Die Russen werden nämlich die dort erforderlichen Investitionen von gut einer Milliarde Euro wohl mitschultern. In Reaktion auf die Produktionsstillstände im Krisenland Libyen hatte die OMV ja erst 2013 ihre Nordsee-Assets massiv aufgestockt. Für 2,65 Milliarden Dollar waren Beteiligungen an mehreren Ölfeldern in britischen und norwegischen Gewässern übernommen worden - damit aber auch hohe Folgekosten.

Ob die norwegischen Behörden Gazproms geplante Beteiligung an der OMV Norge billigen, und zwar im vollen Ausmaß der nun paktierten 38,5 Prozent, bleibt freilich abzuwarten. Vor Monaten hatten die Russen die Befürchtung geäußert, dass diese nur für einen Anteil von unter 25 Prozent grünes Licht geben könnten. Seele zeigte sich am Mittwoch jedoch zuversichtlich: "Wir haben keine Indikation, dass unser Deal nicht zustande kommt." Im Übrigen sei auch in Russland ein Genehmigungsverfahren zu beantragen. Die Gespräche mit den norwegischen Behörden sollen jedenfalls schon demnächst aufgenommen werden.

Zu dem in der EU umstrittenen Gaspipeline-Projekt Nord Stream II sagte Miller, dass Gazprom weiter daran festhalte. "Alle Partner (auch die OMV, Anm.) haben bestätigt, dass sie an diesem Projekt teilnehmen werden." Die Arbeiten seien im Zeitplan, Ende 2019 solle die Leitung in Betrieb gehen.