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Warten auf das papierlose Büro

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
© fotolia/sebra

Klein- und Mittelbetriebe haben Aufholbedarf bei der Digitalisierung ihres Rechnungswesens.


Wien. Ob elektronische Rechnungen, papierlose Buchhaltung oder Online-Portale für Gehaltszettel - das digitalisierte Rechnungswesen kann Unternehmen eine Menge Zeit, Arbeit und Papier ersparen. In österreichischen Klein- und Mittelbetrieben (KMU) ist der Digitalisierungsgrad in diesem Bereich freilich noch sehr unterschiedlich.

"Die österreichischen Mittelstandsunternehmen haben verstanden, dass die Digitalisierung ihre Geschäftswelt nachhaltig verändern wird. Diese Erkenntnis muss nun ihren Niederschlag im unternehmerischen Alltag finden", erklärt Unternehmensberater Gerald Vlk von Deloitte Österreich. "Gerade im Rechnungswesen gibt es Verbesserungsbedarf."

Mehr als die Hälfte der Unternehmen druckt Rechnungen immer noch auf Papier aus, obwohl sie bereits digital erstellt wurden. "Die Vereinfachungen, die die Digitalisierung mit sich bringen kann, werden häufig noch zu wenig genutzt", beklagt Vlk. "Deshalb bewirken vereinzelte digitalisierte Arbeitsschritte heute noch oft Mehraufwand statt Zeit- und Kostenersparnis."

Nur eine Modernisierung der gesamten Prozesse könne zu einer effektiven Digitalisierung führen. Das ist eines der Erkenntnisse einer Umfrage von Deloitte Österreich unter österreichischen KMU.

Größtes Zukunftspotenzialliegt in der E-Rechnung

"Als relevante Themen für die Zukunft wurden von den Teilnehmern unserer Umfrage insbesondere die automatische Verbuchung von Eingangsrechnungen, die Digitalisierung von Rechnungen sowie die papierlose Buchhaltung genannt", lautet das Ergebnis. So würden 65 Prozent der KMU das größte Zukunftspotenzial in der E-Rechnung sehen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Digitale Belege bringen Zeitersparnis und erleichtern Arbeitsprozesse, das Ablagewesen wird vereinfacht und die Transparenz erhöht. Eine aktuelle Studie des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) kommt sogar zu dem Schluss, dass ein hoher Grad an Digitalisierung künftig Wettbewerbsvorteile bringen wird. Das Problem: Österreich befindet sich im Europa-Vergleich derzeit noch nicht im Spitzenfeld.

Die große Auswahl an technischen Lösungen und Systemanbietern erschwert es KMU, den Marktüberblick zu behalten und die richtige Wahl zu treffen. "Derzeit sind Unternehmen mit der zunehmenden Komplexität des Angebotes und der Vielzahl an Lösungen häufig überfordert", sagen die Experten. Outsourcing-Anbieter könnten dadurch künftig zu einem attraktiven Partner werden, der die entsprechenden Tools erfolgreich einsetzt und so hilft, die Kostenersparnis zu realisieren, heißt es.

Derzeit kommt in den Unternehmen eine Vielzahl an IT-Systemen zum Einsatz. "Auf unsere Frage nach den eingesetzten ERP-Systemen wurden uns mehr als 30 verschiedene genannt. Unter den Teilnehmern der Umfrage waren SAP mit 32 Prozent und BMD mit 28 Prozent aber die mit Abstand am stärksten verbreiteten Systeme", heißt es in der Studie.

Zu wenige qualifizierte IT-Mitarbeiter

Während bei den großen Unternehmen überwiegend die Software SAP zum Einsatz gelangt, ist bei den mittelgroßen Unternehmen die Software der BMD Systemhaus GmbH am stärksten vertreten. Bei kleineren Unternehmen kommt eine Vielzahl von Softwarelösungen zum Einsatz.

Lediglich 15 Prozent der befragten Klein- und Mittelbetriebe geben an, dass sie Cloud-Dienste verwenden. Ausschlaggebend für diese Zurückhaltung sind laut Deloitte in erster Linie Sicherheitsbedenken. Zudem ist in den heimischen KMU das erforderliche IT-Know-how oft noch nicht ausreichend vorhanden. Vor allem der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern hemmt die Digitalisierung. "Wir brauchen dringend eine zeitgemäße Ausbildung für den Bereich Rechnungswesen. Ansonsten scheitert der Fortschritt bereits an der Basis", warnt Deloitte-Managerin Katrin Demelius.

Aber auch die Gesetzgebung hat bisher nur vereinzelt die benötigten rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Eine Studie der Deutschen Industrie- und Handelskammer aus dem Vorjahr hat erhoben, dass jeder zweite Unternehmer die Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit digitalen Dokumenten als Beeinträchtigung für das Geschäft ansieht. Diese Unsicherheiten betreffen neben Datenschutz auch das Arbeitsrecht.

Nach Meinung der Befragten fehlen vor allem Regelungen, die grenzüberschreitende Geschäfte auf europäischer Ebene vereinheitlichen.