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Radatz peilt Umsatzwachstum an

Von Thomas Pressberger

Wirtschaft
© fotolia/PeJo

Der österreichische Fleischmarkt ist hart umkämpft, große Handelsketten machen kleinen Betrieben das Leben schwer.


Wien. Das Ende des Traditionsunternehmens Trünkel hat viele Konsumenten, aber auch Gastronomen und Unternehmer überrascht und betroffen gemacht. Trünkel kann dem Preisdruck der großen Handelsketten nicht mehr standhalten und schließt mit April 2017. Dass es in der umkämpften Fleischbranche auch positive Beispiele gibt, zeigt der Wiener Fleisch- und Wursthersteller Radatz.

Der Umsatz von Radatz ist im Geschäftsjahr 2015/16 zwar leicht um 2,7 Prozent auf 180,6 Millionen Euro, der Gewinn um 3,7 Prozent auf 703.000 Euro gesunken, doch das bringt Unternehmens-Chef Franz Radatz nicht aus der Ruhe. "Das pendelt jedes Jahr und hat vor allem mit den Einkaufspreisen zu tun." Mengenmäßig laufe es gut, man habe um zwei Prozent zugelegt, der Markt dagegen sei um zwei Prozent geschrumpft.

Der Großteil seiner Produkte geht in den Lebensmittelhandel, der Rest wird in den 33 Eigenfilialen abgesetzt. Im laufenden Geschäftsjahr 2016/17 soll die Entwicklung schon wieder anders aussehen. "Wir rechnen mit einem kleinen Umsatzplus auf 181 Millionen Euro." Der Gewinn soll sich parallel dazu steigern.

Wie man in der gebeutelten Branche heute noch erfolgreich sein kann, ist für Radatz eindeutig: "Auch wenn es abgedroschen klingt, wir setzten seit Jahren auf Qualität, und die setzt sich aus vielen Dingen zusammen." Er achte darauf, dass die Mitarbeitererfahrung im Haus bleibe, die hausinterne Ausbildung funktioniere und Lehrlinge gut begleitet würden. Im Produktionsbereich setzt er verstärkt auf Lebensmitteltechniker.

"Die muss mansich leisten können"

Dennoch ist der Alltag auch für Radatz nicht immer ein einfacher. Die Gewinnmarge ist auf dem gesättigten Markt sehr niedrig. Man müsse ständig am Ball bleiben und Verbesserungen bringen, etwa immer neue Würzungen und Geschmacksrichtungen anbieten. Trotz der Größe des Unternehmens habe man durch den Eigenvertrieb das Ohr am Kunden.

Gerade diese Größe ist aber auch ein Asset, im Gegensatz zu Trünkel könne man sich dadurch am Markt besser behaupten. "Zum Beispiel braucht man für die Qualitätssicherung eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern. Die muss man sich leisten können", sagt Radatz. Andernfalls müsse man sich auf jene Bereiche konzentrieren, in denen man diese nicht brauche.

Radatz sieht dennoch Erfolgschancen für kleinere Betriebe. "Wir beobachten Konkurrenten, die nur auf ein Produkt setzen oder kleine Sortimente haben. Das hat alles seine Berechtigung." Genauso wie jene Betriebe, die auf Diskont setzten oder - wie Radatz - als Vollsortimenter den Lebensmittelhandel belieferten. In Deutschland beobachte er Fleischer, die mit Erfolg auf Catering setzen. "Man muss Nischen finden, die gibt es."

Dass die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten eine größere Gefahr für die Branche werde, glaubt Radatz nicht. "Ich bin zuversichtlich. Fleisch schmeckt gut und ist nahrhaft. Der Anteil der Vegetarier in Österreich ist nur ein kleiner Prozentsatz, viele kommen wieder zum Fleischkonsum zurück." Die Turbulenzen des Fleisch- und Wurstwarenerzeugers Schirnhofer helfen den Mitbewerbern nicht. "Wer sich schwertut, kämpft noch mit billigeren Preisen", sagt Radatz. Ein Mitbewerber, dem es gut gehe, sei weniger gefährlich als einer, der in Schieflage geraten sei.

"Der Konsument kauft nurüber den Preis"

Für Erwin Fellner, Innungsmeister der Wiener Fleischhauer, läuft in der Branche trotzdem vieles schief: "Die großen Handelsketten und das Kapital bestimmen, wo es langgeht." Alle großen Ketten hätten Pseudomarken, die es in Wirklichkeit gar nicht gebe, etwa Rewe mit Hofstädter. "Der Konsument wird gesetzlich genehmigt belogen, die Pseudonamen sind austauschbar", sagt Fellner. Dies sei durch die Globalisierung und billige Arbeitskräfte möglich, doch das sei der falsche Weg. "Den kleinen und gewerblichen Betrieben macht das sehr zu schaffen. Der Konsument kauft nur über den Preis."

Oft werden die Produkte nur noch in Österreich verpackt, ein Österreich-Siegel gebe es trotzdem, was für den Konsumenten verwirrend sei. Das Fleisch komme aus aller Welt, zum Beispiel aus England oder Argentinien, verarbeitet werde es in Billiglohnländern wie Bulgarien oder Rumänien.

Ein weiteres Problem sieht Fellner in der Vermehrung der Verkaufsfläche durch die großen Handelsketten. "Es wird nicht mehr geprüft, ob es Bedarf an einem Fleischer oder einem Gashaus gibt. Heute heißt es nur noch jeder gegen jeden, und da setzt sich das Kapital durch." Kompliziertere Rahmenbedingungen, wie Aufzeichnungs- und Dokumentationspflicht, machen den kleinen Betrieben das Leben schwer. 1945 gab es in Wien noch 2418 Fleischhauerbetriebe, 1971 waren es nur noch 1380, und heute sind es 140. Weiter bergab könne es fast nicht mehr gehen, meint Fellner. Allerdings fehle für viele Junge der Anreiz, einen Betrieb zu übernehmen.

"Heute verdient man im Gegensatz zu früher nur mehr ganz wenig", sagt Fellner. Sein Erfolgsrezept: "Man muss glaubhafte Alternativen anbieten. Unsere Wurst hat kein Gramm Stärke, obwohl es erlaubt ist. Auch kein Glutamat, nur Naturgewürze." Auch müsse man innovativ sein und mit den Konsumenten reden. "Im Gespräch mit den Kunden bekommt man wichtige Informationen."

"Hofstädter ist zu 100 Prozenteine österreichische Marke"

Fellners Kritik will die Handelskette Rewe so nicht auf sich sitzen lassen: "Die Werbefigur Hofstädter, gespielt vom Schauspieler Gerhard Ernst, ist genau das: eine Werbefigur", sagt Rewe-Pressesprecher Paul Pöttschacher. "Babys pinkeln nicht blau, weder Geister noch Familien wohnen in Möbelhäusern, und Energydrinks verleihen keine Flugfähigkeit. Es handelt sich um Werbewelten", so der Sprecher. Die Menschen seien mündige Konsumentinnen und Konsumenten, die dies richtig einordnen könnten. Das Versprechen der Marke Hofstädter sei klar und konsequent: "Hofstädter ist zu 100 Prozent eine österreichische Marke. Das gesamte Fleisch für die Marke Hofstädter stammt aus Österreich", sagt Pöttschacher. Die Wurstwaren seien ausnahmslos AMA-zertifiziert und die Tiere für das Frischfleischsortiment zur Gänze in Österreich geboren, aufgezogen, geschlachtet und zerlegt. Zudem seien bei Rewe International über 1800 Menschen in der Fleischverarbeitung und im Fleischverkauf tätig - dabei handle es sich zum Gutteil um Fleischhauer.